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Joli Rouge (German Edition)

Joli Rouge (German Edition)

Titel: Joli Rouge (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Fischer
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den Schankraum und ließ ihn zum Bersten anschwellen. Der
Geruch von feuchter Kleidung vermischte sich mit den
Ausdünstungen von Alkohol, Tabakrauch und ungewaschenen
Körpern. Pierre verzog keine Miene und erwiderte den Blick
seines Gegenübers herausfordernd. L’Olonnais säuberte seine
Schneidezähne mit dem kleinen Finger und schnippte die
Essensreste gelangweilt in den Raum.
    »Ihr seid hartnäckig«, stellte er mürrisch fest. »Was
missfällt Euch?«
    Pierre ließ ihn nicht aus den Augen. »Ihr glaubt, Ihr
könnt mir schmeicheln, indem Ihr mich mit der Aussage lockt,
zu den großen Kapitänen zu zählen. Nichts beeindruckt mich
weniger. Verlangt der Baske in der Tat nach mir oder sind
Eure Motive anderer Natur?«
    »Nun gut, Hantot, Ihr verlangt Ehrlichkeit. Euer Ruf ist
nicht der beste. Ihr seid bekannt dafür, im
contrabando
Handel aktiv zu sein. Ihr schmuggelt englische Waren nach
Santo Domingo und überfallt auf Eurem Rückweg spanische
Siedlungen, um die erbeuteten Waren in Port Royal gegen all
das zu tauschen, was die Spanier begehren, um sie ihnen
gewinnbringend wieder zu verkaufen. Ihr begebt Euch damit
nicht nur in Gefahr, von den Engländern oder den Spaniern
aufgeknüpft zu werden, sollte die Sache auffliegen, sondern
Ihr bringt die Bruderschaft um wertvolle Einnahmen, wenn Ihr
es bevorzugt, ausschließlich in Port Royal Eure Geschäfte
abzuwickeln.«
    Pierre zuckte die Schultern. »Ich kann mich nicht
entsinnen, dass die Bruderschaft mir vorschreibt, mit wem
und wo ich Handel treiben darf.«
    Das linke Auge von L’Olonnais begann zu zucken. »Ihr seid
Franzose«, flüsterte er gepresst. »Habt Ihr keinen Stolz?«
    »Ich stamme von Tierra Grande und habe kaum Vorstellung
von der alten Welt. Woher soll ich wissen, welche Nation die
bessere ist? Für mich tragen sie alle Schuld an der
Ausbeutung der Inseln und das Aussterben der einheimischen
Völker. Durch den Dreieckshandel befriedige ich lediglich
ihre Habgier und fülle die Mägen meiner Männer.«
    »Dann ist es wahr? Ihr seid indianischer Abstammung?«
L’Olonnais‘ Verachtung war nicht zu übersehen.
    »Ich bin Flibustier und das sollte Euch genügen.« Pierre
spannte die Muskeln. Seine Stimmung war auf dem Tiefpunkt.
    »Wenn Ihr Euch als solcher seht, dann frage ich mich,
warum Ihr der Bruderschaft so wenig entgegenkommt. Ist es
nicht genug, dass Ihr den Engländern Münzen in ihren
gierigen Rachen werft, müsst Ihr auch noch gemeinsame Sache
mit den widerwärtigen spanischen Hunden machen?«
    Mit einem Mal erinnerte sich Pierre. Vor ihm saß der Mann,
dessen unbeschreiblicher Hass und brutale Foltermethoden ihm
den Namen
fléau des espagnols
, die Geißel der Spanier,
eingebracht hatten. Er war bekannt dafür, jedes spanische
Schiff anzugreifen, das ihm vor den Bug kam, gleichgültig,
ob er dabei Beute machte oder nicht.
    »Wie könnt Ihr über mich richten, wenn es derzeit nicht
einmal der französische König zu tun vermag?«, fragte Pierre
herausfordernd. »Wie ich hörte, herrscht Frieden zwischen
allen Nationen.«
    »Und Ihr glaubt, dass das so bleibt?«, zischte L’Olonnais
ungehalten. »Die Zeit von Gouverneur D’Oyley ist abgelaufen.
Meine Quellen besagen, dass ein gewisser Lord Windsor ihn in
seiner Funktion ablösen wird. Keiner kann sagen, wie seine
Politik aussehen wird, aber nur ein Dummkopf mag glauben,
dass die Engländer nicht alles tun werden, um ihre Macht zu
festigen. Die wahren Reichtümer dieser Inseln haben sich die
Spanier bereits einverleibt. Nur durch Angriffe auf ihre
Städte wird man ihr Monopol auf Dauer in die Knie zwingen.
Frieden hin, Frieden her, ich denke, jeder sollte sich rasch
entscheiden, auf welcher Seite er zu kämpfen gedenkt!«
    »Ihr wollt den Engländern zuvorkommen?«, mutmaßte Pierre.
    L’Olonnais legte seine Fingerspitzen aneinander. »In der
Tat! Ihr scheint zu begreifen, Hantot. Das Durcheinander in
England und D’Oyleys Fehler, seinen besten Mann wegen
Befehlsverweigerung und Bereicherung zu suspendieren und
nach London zu schicken, machen der Bruderschaft den Weg
frei.«
    »Ihr sprecht von Christoper Myngs?«
    »Aye! Mit nur drei Fregatten hat er von Cumana die gesamte
Küste westwärts bis Puerto Cabello und Coro geplündert und
eine Prise von dreihunderttausend Pfund nach Port Royal
gebracht. Die Spanier sind geschwächt und die Engländer mit
anderen Dingen beschäftigt. Schließt Euch uns an! Segelt
wieder im Namen

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