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Joli Rouge (German Edition)

Joli Rouge (German Edition)

Titel: Joli Rouge (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Fischer
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stetig zusammengetragen wurden, bis sie endlich ein Ganzes
ergaben. Gegen die Hitze schützte man sich mit Vorbauten aus
Holz, unter denen die Anwohner flanieren und die
ausgestellten Waren begutachten konnten. Die Tavernen
lockten mit bunten Schildern in ihr verheißungsvolles
Inneres, und mittlerweile zeigten sich sogar die leichten
Mädchen auf Straßen und verkauften ihre Dienste an
zahlungskräftige Kunden, an denen es zu keiner Tageszeit
mangelte. D’Oyleys Politik hatte der Kolonie auf Jamaika
florierenden Handel eingebracht. Doch unter der idyllischen
Oberfläche brodelte es. Da es sich inzwischen als besonders
lukrativ erwies, in Kommission für Gouverneur D’Oyley zu
segeln, fehlte es den Plantagen im Landesinneren sowie den
Handelsschiffen an Arbeitskräften. Eine Proklamation des
Gouverneurs, nach der kein Freibeuterschiff mehr Männer in
Port Royal anheuern durfte, zeigte keinerlei Wirkung. Da die
Verteidigungsanlagen weit davon entfernt waren, Port Royal
im Ernstfall effektiv schützen zu können, war D’Oyley auf
die Gunst der Freibeuter und ihrer wehrhaften Schiffe
angewiesen, und Pierre glaubte, dass es selbst ihm
schwerfallen musste, genau zu definieren, wo Freibeuterei
aufhörte und Piraterie begann. Es hatte Fälle gegeben, in
denen englische Schiffe überfallen worden waren. Ob dies
aufgrund von Verwechslungen oder schlicht aus Habgier
geschah, vermochte keiner zu sagen. Die Verantwortlichen
saßen mittlerweile im steinernen Turm von Fort Charles, dem
ehemaligen Fort Cromwell, und es wurde gemunkelt, sie
erhielten ihre Kaperbriefe nach Verbüßung der Strafe zurück.
Offiziell befanden sich inzwischen sowohl Frankreich als
auch England im Frieden mit Spanien, doch die Welt der
Westindischen Inseln folgte wie so oft ihren eigenen Regeln,
die es Pierre schwer machten, seinen Platz in ihr zu finden.
    Mit alkoholgeschwängertem Blick stolperte er in das ‚Three
Tuns‘ und hielt inne, bis sich seine Augen an das dämmrige
Licht gewöhnt hatten. Die Luft war zum Schneiden dick, und
obwohl es noch nicht Abend war, lagen einige Gäste bereits
schnarchend unter den Tischen. Pierre suchte den Raum nach
Remi ab. Das ‚Three Tuns‘ war ihr Sammelpunkt. Sie saßen
jeden Tag hier, wenn sie in Port Royal vor Anker gingen. Der
Wirt machte keinen Unterschied zwischen Seeleuten und der
übrigen Bevölkerung, so wie es viele Schankwirte inzwischen
taten. Sie unterteilten ihre Taverne in zwei Räume und
schenkten in einem nur die besten Weine, Brandys und
Whiskeys aus England an betuchte Händler und
Plantagenbesitzer aus, während im zweiten Raum
ausschließlich lokal gebrautes Bier und Rum, der über
Bleirohre destilliert wurde, an die Fischer, Matrosen und
Dirnen über den Tresen wanderte. Pierre hielt nichts von
derlei Ungleichbehandlung und setzte nie einen Fuß in diese
Schankstuben. Das ‚Three Tuns‘ verkaufte zwar nicht den
besten Alkohol, aber man bekam auch kein Bauchgrimmen von
ihm.
    Als er Remi erblickte, biss Pierre die Zähne aufeinander.
Er hatte ihn inmitten der Mannschaft sitzend erwartet, doch
stattdessen kauerte er abseits vor einem Becher mit schalem
Bier und lauschte aufmerksam den Worten eines gut
aussehenden Mannes mit Spitzbart. Pierre bahnte sich den Weg
durch die verschwitzten Gäste und starrte den Fremden
herausfordernd an.
    »Ihr seid?«, fragte er und übersah absichtlich Remis
amüsierten Gesichtsausdruck. Der Unbekannte drehte den Kopf
und musterte ihn abschätzend.
    »François L’Olonnais.« Er bedeutete Pierre, sich zu ihnen
zu gesellen. Sein Mund lächelte, doch die hellbraunen Augen
blieben kalt und abweisend. Der Name sagte Pierre etwas,
aber er war unfähig, sich zu erinnern. Schwerfällig setzte
er sich.
    »Ihr seid der Kapitän der
Belle Rouge
?« Der Fremde
beobachtete ihn.
    Pierre nickte. In seinem Kopf drehte sich alles, und er
war müde. Wie so oft in letzter Zeit. Remi stieß ihm den
Ellbogen in die Rippen.
    »Hör dir an, was er uns zu sagen hat«, wisperte er.
    Pierre konnte seine Augen nur mühsam offen halten, und
Remi schob ihm bereitwillig sein Bier herüber. Pierre leerte
es mit wenigen Schlucken.
    »Ihr habt uns etwas zu sagen?«, erkundigte er sich höflich
und versuchte, seine Aufmerksamkeit auf den Mann zu richten,
der ihm gegenübersaß. Er trug ein hochgeschlossenes Hemd
unter einer eng anliegenden, kurzen Jacke aus dunkelblauem
Canvas, die mit einer Schleife unter dem Hals

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