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Joli Rouge (German Edition)

Joli Rouge (German Edition)

Titel: Joli Rouge (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Fischer
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der Bruderschaft, wie Ihr es einst
geschworen habt, und helft uns mit Eurem einzigartigen
Wissen über die Spanier und ihre Siedlungen. Eure Kenntnisse
sind wichtig für den Basken. Port Royal wird Euch Eure Taten
nicht danken, aber die Île de la Tortue wartet bereits auf
Euch!«
    Pierre runzelte die Stirn. »Ich werde darüber nachdenken«,
brummte er und spürte erneut Remis‘ Ellbogen in seiner
Seite.
    L’Olonnais zog angewidert die Oberlippe hoch. »Ich hatte
den Basken vor Euch gewarnt, aber er hält Euch für überaus
scharfsinnig. Denkt nach, doch lasst Euch nicht zu lange
Zeit!« Er stand abrupt auf, warf Pierre einen letzten Blick
zu und entschwand in der Menschenmenge.
    Pierre legte den Kopf in den Nacken und schloss die Augen.
»Bilgenratte«, murmelte er. Remi schnaubte.
    »Verflucht, Pierre! Was ist nur in dich gefahren? Die
Bruderschaft kommt angekrochen und erbittet deine Dienste
und du verweigerst dich!« Er rüttelte ihn an der Schulter.
    »Lass mich in Ruhe.« Pierre schlug Remis‘ Hand weg. »Es
geht nicht um die Bruderschaft! Wie immer sind es nur
Einzelne, die sich im Namen der Bruderschaft bereichern
wollen.«
    »Und wenn schon?«, fuhr Remi ihn an. »Seit Monaten kreuzen
wir zwischen Cuba, Jamaika und Santo Domingo. Es ist
langweilig, hörst du? Die Mannschaft zerfällt vor deinen
Augen, aber du siehst es nicht. Wenn du nicht aufpasst,
setzen sie dich ab! Was hält dich fern von Tortue? Ist sie
es?«
    Pierre hörte die Verbitterung in der Stimme seines
Gefolgsbruders und sein Magen revoltierte. Er hatte keine
Lust, darüber zu sprechen.
    »Es ist mein Schiff und mein Kommando«, erwiderte er und
leerte einen weiteren Becher Rum.
    »Sieh dich an! Du säufst mit jedem Tag mehr und das macht
dich sorglos. Du weißt, was mit dem ersten Kapitän passiert
ist. Willst du ebenfalls so enden?«
    »Es wäre ehrbarer als unter falschen Absichten zu segeln«,
murmelte er und erhob sich schwankend.
    Remi sah zu ihm auf. »Du hast Verantwortung für deine
Mannschaft! Setz sie endlich über deinen verdammten Stolz
und sei der Kapitän, den wir verdienen«, rief er ihm
hinterher, doch Pierre hob abwehrend die Hand. Mit schwerem
Kopf wankte er in die verregnete Nacht hinaus. Eigentlich
hatte er Carys einen Besuch abstatten wollen, aber die Laune
war ihm nun gehörig vergangen. Ziellos ließ er sich in das
tröstende Dunkel hineinziehen und tauchte gedankenverloren
in der quirligen Stadt unter.
    Als er fünf Tage später in Richtung Tortue ablegte, war er
noch immer betrunken. Er redete sich ein, dass ihn nur der
Alkohol davon abhielt, unnötige Gedanken daran zu
verschwenden, was er auf Tortue vorfand. Oder wer ihm
begegnen würde. Aufmerksam stand er am Bug und beobachtete
die Wellentäler, die sich vor ihnen auftaten, um die Brigg
hinabzureißen, nur um sie kurze Zeit später wieder in die
Höhe schnellen zu lassen. Die Winde waren unerwartet
günstig, und wenn sie anhielten, dann erreichten sie Tortue
schneller, als es Pierre lieb war. Er war der Insel nicht
umsonst derart lange fern geblieben. Besonders die
Geschichten trieben ihn von ihr fort. Geschichten über die
rote Jacquotte. Er biss die Zähne so hart aufeinander, dass
sie knirschten. Dreieinhalb Jahre hatte er versucht, ihren
Namen und die Erinnerungen an sie aus seinem Kopf zu
bekommen. Doch je weniger ihn das Leben auf See befriedigte,
umso mehr dachte er an Tierra Grande und die Bukaniere
zurück und damit zwangsläufig auch an sie. Sie war wie ein
roter Fluch, der sich in seinem Kopf festgesetzt hatte und
den ihm der Rum nicht auszutreiben vermochte.
    Seit sie es geschafft hatte, als Frau an Bord eines
Schiffes geduldet zu werden, war sie in aller Munde. Man
erzählte sich, der große Baske hatte über sie gerichtet. Er
war unbarmherzig gewesen und wollte sie hängen, aber als das
Wort an Jacquotte ging, gelang es ihr ausnahmslos, sich zu
verteidigen. Da sie aufgrund des
tataus
als Mitglied der
Bruderschaft galt, bestand sie darauf, auch wie eines
behandelt und verurteilt zu werden. Anhand des Kodex
richtete sie über sich selbst und erklärte, dass nur
niedergeschrieben wäre, dass eine Frau nicht der
Bruderschaft beitreten dürfe, nicht aber, dass man der
Bruderschaft verwiesen werde, weil man eine Frau sei.
Demzufolge war ihr ein Vergehen nicht nachzuweisen. Diesem
Argument konnte sich Michel Le Basque unter den Augen seiner
Männer nicht verschließen. Immerhin war er

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