Jonathan Harkan und das Herz des Lazarus (German Edition)
katapultierte. Die anderen drei leisteten zäh Widerstand, doch auch sie hatten keine Chance gegen Cassius’ unbändige Kraft. Seine Faust traf ihre Schädel, Schnauzen und Leiber. Wenige Sekunden später war der Angriff vorüber. Winselnd, den Schwanz zwischen die Beine gekniffen, suchten die Tiere das Weite. Cassius dagegen stand noch immer aufrecht da. Seine Kleidung hing in Fetzen, blutige Striemen zierten seinen Körper, doch er zeigte weder Schmerz noch Schwäche.
Staunend fragte sich Jonathan, wie so etwas möglich war. Kein normaler Mensch konnte gegen ein Rudel hungriger Wölfe bestehen. Dann sah er das Schmuckstück am Oberarm seines Onkels. Ein Ring, der blau leuchtete. Das Eyn!
Seine Blicke trafen Riot, kalt wie Eis. »Du willst jetzt sicher gehen«, sagte er.
Riot verlor nur für einen Moment die Fassung. Er fing sich rasch und trieb das widerliche Lächeln zurück auf sein Gesicht. »Der alte Eremit Cassius. Viele hielten dich für verrückt. Manche für tot. Andere meinten, du hättest dich von der Welt zurückgezogen, weil du nach all deinen Reisen genug hast. Wer hat nun recht?«
»Komm näher und finde es heraus«, sagte Cassius. »Zeig, was du ohne deine verlausten Freunde wert bist.«
Riot wurde ernst. »Ich will dich nicht töten. Gebt mir das Herz, und ich lasse euch in Ruhe. Ihr habt mein Wort darauf.«
»Worte eines dreckigen Verräters. Wenn du das Herz haben willst, dann kämpfe. Nur wir beide. Mann gegen Mann. Bis zum Ende.«
Eliane sah Jonathan erschrocken an. Sie teilte seine Befürchtungen: Wenn sich Riot tatsächlich auf einen Kampf einließ, dann würde nur einer der beiden Männer den Sonnenaufgang erleben. Cassius war bereit, dieses Risiko einzugehen. Es schien fast so, als ob er lange auf eine solche Gelegenheit gewartet hätte. Riot erwiderte seinen Blick mit einem spöttischen Lachen.
»Du hättest es beenden können, Cassius. Aber du ziehst es vor, mir Schwierigkeiten zu machen. Wie dein Bruder. Ein lausiger Krieger, übrigens.«
»Ich bin nicht Cornelius, das wirst du schnell merken«, erwiderte Cassius kalt. »Willst du jetzt ein Schwätzchen halten oder gegen mich antreten?«
»Ich werde nicht gegen dich kämpfen. Nicht jetzt und hier.«
»Rennst du davon, wimmernd, so wie deine Schoßhündchen? Ah, ich weiß. Du holst dir Hilfe von deinem Herrn.« Angewidert verzog Cassius das Gesicht. »Du warst einmal ein ehrenvoller Mann, Riot. Jetzt bist du nichts weiter als eine erbärmliche Marionette in den Händen des Weltenwanderers.«
Mit einem Satz war Riot bei ihm. In seiner Hand blitzte ein Messer auf, das er Cassius an die Kehle hielt. »Hast du es so eilig, deinem Schöpfer zu begegnen, Cassius Harkan?«, zischte er. »Noch ein Wort, und ich arrangiere ein Treffen!«
Jonathan bemerkte, dass Cassius bewaffnet war. Er hielt ebenfalls ein Messer in seiner Hand und presste seine Spitze auf die Brust seines Gegenübers. Wenn er kräftig zustach, würde er das Herz treffen. Eine Pattsituation.
»Ich fürchte den Tod nicht, Riot. Wie sieht es mit dir aus?«
Sekunden verstrichen, dann riss sich Riot los und stieß einen Pfiff aus. Seine Wölfe humpelten zu ihm. Einige von ihnen waren übel zugerichtet. Blut troff aus ihrem Fell. Respektvoll machten sie einen Bogen um Cassius. Kein Befehl konnte sie zwingen, einen zweiten Angriff auf ihn zu versuchen.
»Mach es dir nur nicht zu bequem in deiner Ruine«, höhnte Riot. Und mit einem Blick auf Jonathan fügte er hinzu: »Ich komme wieder und nehme mir, was ich will. Und dieses Mal werde ich eine Armee mitbringen.«
Er ging in den nahen Wald und verschmolz mit dem Schatten, aus dem er gekommen war. Die Gefahr war gebannt, zumindest im Augenblick.
Nervös sah Jonathan zu seinem Onkel. Cassius tobte nicht, er ließ sich weder Wut noch Enttäuschung anmerken. Offensichtlich hatte er andere Sorgen, als Jonathan für seinen Ungehorsam zu bestrafen.
»Setz dich auf den Sozius«, wies er ihn an. Als er einen fragenden Blick erntete, fügte er ungeduldig hinzu: »Auf den Rücksitz des Motorrads!«
Jonathan gehorchte widerspruchslos. Auch Cassius saß auf. Bevor er seinen Helm aufsetzte, wandte er sich an Eliane, die die Wendung der Ereignisse vollkommen sprachlos gemacht hatte.
»Geh nach Hause, Mädchen. Dein Vater sucht dich bereits. Er macht sich große Sorgen.«
»Papa weiß, dass ich weg war? Das gibt Ärger.«
»Du solltest ihm danken. Wenn er euch beide nicht auf euren Rädern erwischt hätte und nicht zu mir gekommen
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