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Jonathan Harkan und das Herz des Lazarus (German Edition)

Jonathan Harkan und das Herz des Lazarus (German Edition)

Titel: Jonathan Harkan und das Herz des Lazarus (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk Ahner
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tatsächlich. Das Herz des Lazarus! Das ist gut. Sehr gut. Gib es mir!«
    Jonathan zögerte. Nach allem, was geschehen war, wusste er einfach nicht mehr, wem er noch trauen konnte. Vor ein paar Stunden noch hatte er seinen Onkel für einen Feigling gehalten, den er aus tiefstem Herzen verachtete. Jetzt verdankte er ihm sein Leben. Alles war verwirrend, doppelbödig, undurchschaubar. Vertrau auf dein Herz , hörte er die Stimme seiner Mutter sagen. Es wird wissen, was richtig ist und was falsch. Sein Herz riet ihm, Cassius zu vertrauen, und so legte er den Stein in seine Hand. Cassius verschloss ihn behutsam in seiner Faust und ging hinüber zum Ofen, auf dem ein Topf mit Wasser stand. Prüfend hielt er einen Finger hinein.
    »Warm genug!«
    »Was hast du vor?«, wollte Jonathan wissen.
    Cassius antwortete mit einer Gegenfrage: »Weißt du, wer Lazarus war?«
    Er schüttelte den Kopf.
    »Eine biblische Figur, ein Freund von Jesus Christus. Die Legende besagt, dass Jesus so traurig war, als Lazarus starb, dass er zu seinem Grab reiste und ihn von den Toten erweckte.«
    »Soll das heißen, dieser Stein kann Tote erwecken?«
    »Nein. Einen Toten wieder ins Leben zu rufen, das vermag niemand. Das Rad der Zeit lässt sich nicht zurückdrehen, Jonathan. Aber der Stein kann die Heilung beschleunigen, sofern eine Heilung noch möglich ist.«
    Er ließ das Herz des Lazarus in das warme Wasser fallen. Winzige Bläschen stiegen auf und entfalteten ein wirbelndes, berauschendes Farbenspiel.
    »Es dauert nicht mehr lange. Hilf mir!«, befahl Cassius.
    Jonathan half seinem Onkel, Cornelius aus seiner schmutzigen Kleidung zu befreien. Auf seinem Bauch klafften tiefe Schnittwunden, aus denen Blut suppte. Mit einem Schwamm verteilte er das Wasser über Cornelius’ Wunden und wusch sie aus. Und das Unglaubliche geschah: Die Blutung stoppte. Jonathan konnte zusehen, wie die Schnitte verheilten. Sorgsam benetzte Cassius jede verletzte Stelle am Körper seines Bruders, bis er äußerlich unversehrt war. Dann nahm er den Stein aus dem Topf.
    »Dieses Wasser gibt dir Lebenskraft«, erklärte er ehrfurchtsvoll. »Ein wertvolles Geschenk, wenn du schwach und verletzt bist. So kann der Körper sich selbst helfen und schneller heilen.«
    So erstaunlich dieses Wunder auch sein mochte, Jonathan schüttelte fassungslos den Kopf.
    »Das ist alles? Jeder hier reißt sich um diesen … diesen Kiesel, weil er die Kraft hat, Wunden zu heilen … die eigentlich auch ganz von selbst heilen würden?«
    »Zeit ist ein wichtiger Faktor.«
    »Das ist doch Blödsinn!«, rief Jonathan wütend. »Meine Mutter wurde entführt, mein Vater ist fast tot, und ich werde von einem Irren mit hungrigen Wölfen verfolgt. Und alles nur für einen heilenden Wunderstein?«
    Cassius blieb ruhig. »Du musst lernen, weiter zu denken. Was du siehst, ist ein Stein, der einen Verletzten heilen kann. Was unsere Feinde sehen, sind Armeen, die keine Waffe verletzen oder töten kann. Schon geringste Mengen Staub vom Herz des Lazarus können ganze Seen in heilendes Wasser verwandeln. Stell dir zehntausend Soldaten vor, die ihre Feldflaschen mit diesem Wasser füllen. Sie werden so viel wert sein wie eine Million Soldaten und mehr noch, denn sie werden niemals müde sein, niemals krank oder hungrig. Sie werden immer weitermarschieren, immer weiterkämpfen, so lange, bis all ihre Feinde besiegt sind.«
    Ein Schaudern ergriff Jonathan, als er diese Worte hörte. »Eine unsterbliche Armee …«, sagte er.
    Cassius nickte düster. »Vielleicht verstehst du jetzt, warum dein Vater es nicht zulassen konnte, dass dieser Stein in die Hände unserer Feinde fällt.«
    »Aber du bist stark! Du kannst kämpfen, das habe ich selbst gesehen! Warum hast du ihm nicht geholfen?«
    »Ich hatte meine Gründe«, erwiderte Cassius. Seine Miene verhärtete sich wieder. Er schüttete den Rest des heilenden Wassers in einen Krug, nahm einen kräftigen Schluck davon und reichte ihn an Jonathan weiter. »Trink!«
    Jonathan wollte sich weigern, doch seine Neugier siegte. Er führte den Krug an den Mund und nippte vorsichtig. Der Geschmack von abgestandenem Wasser benetzte seine Lippen. Tausende winziger Ameisen schienen über seine Haut zu krabbeln. Nach kurzer Zeit verschwanden sie und machten einem Gefühl vollkommener Zufriedenheit Platz. Er spürte, wie er von Lebendigkeit durchströmt wurde, wie jede seiner Zellen neue Kraft tankte. Müdigkeit, Schmerz und Schwäche fielen von ihm ab, er war so frisch und

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