Jonathan Harkan und das Herz des Lazarus (German Edition)
gefährlich in Riots Gesicht. Er wusste, dass Cornelius ihn belog. Aber er durfte kein Risiko eingehen. Selbst ein Mann wie er kannte die Furcht, das las Jonathan in seinen Augen. Aber es musste ein fürchterlicher Gegner sein, der fähig war, ihm Angst zu machen.
»Na gut, alter Freund. Lass uns spielen. Wie in alten Zeiten. Aber ich warne dich. Du hast mich schon einmal auf die Probe gestellt und verloren.«
Cornelius wurde wieder der kühl denkende und rational planende Ingenieur, eine Rolle, die er so viele Jahre erfolgreich verkörpert hatte.
»Wir brauchen Zeit bis zum Morgengrauen. Dann treffen wir uns am Haus in den östlichen Wäldern, und wir geben dir, was du haben willst.«
Als Cassius das hörte, entgleisten ihm die Gesichtszüge. »Cornelius, warum zum Teufel ausgerechnet dort …«
Sein Bruder schnitt ihm das Wort ab und hob die Brauen. Er wusste genau, was er tat.
Doch auch Riot wurde misstrauisch. »Du willst den Schutz der Burg verlassen? Warum ausgerechnet bei dem Haus in den östlichen Wäldern? Was versprichst du dir davon?«
»Ich werde nicht zulassen, dass das Dorf unter den Stiefeln deiner Schergen zertreten wird«, sagte Cornelius mit einem Blick auf Riots irren Begleiter. »Gib uns noch diese Nacht. Bei Tagesanbruch werden wir bei dem vergessenen Haus auf dich warten. Und noch etwas, Riot: Das Herz des Lazarus gehört uns nicht. Du weißt, dass ich es niemals freiwillig zerstören würde. Aber ich werde es tun, wenn du unsere Bedingungen nicht erfüllst.«
»Ihr seid nicht in der Position, Bedingungen zu stellen.«
Cornelius ließ sich nicht beirren. »Komm ohne deine schmutzigen Gehilfen. Du wirst den Dorfbewohnern kein Haar krümmen. Du wirst meinen Sohn in Ruhe lassen. Und du gibst mir Helena zurück.«
Riot packte Cornelius am Hals und hob ihn mit einer Hand empor. Der Bursche mit der Löwenmähne klatschte kichernd in die Hände, als Cornelius’ Füße den Kontakt zum Boden verloren. Cornelius musste sich an Riots Arm festklammern, um Luft zu bekommen. Cassius und Jonathan wollten ihm zur Hilfe eilen, doch er warf ihnen warnende Blicke zu und bedeutete ihnen, auf Abstand zu bleiben. Riot presste Worte zwischen seinen Zähnen hervor, die vor Hass bebten. Warum nur?, fragte sich Jonathan. Was war zwischen den beiden Männern passiert, dass sie sich so sehr verachteten?
»Ich hätte dich längst zerquetschen können, Cornelius. Du bist schwach. Du ziehst es vor, dich zu verstecken und das Leben der einfachen Menschen zu führen. Auch wenn du jetzt den Helden spielst, du wirst immer ein Schandfleck bleiben. Das soll dein Junge wissen.«
Achtlos ließ er ihn fallen. Cornelius stolperte zu Boden und hielt sich seinen schmerzenden Hals. Mühsam kämpfte er sich wieder auf die Beine.
»Akzeptierst du meine Bedingungen?«, keuchte er.
»Wenn der neue Tag anbricht, werde ich beim Haus deiner Familie auf euch warten«, sagte Riot. »Aber wenn ihr es noch einmal wagt, mich zum Narren zu halten, dann werden viele Unschuldige den Preis dafür bezahlen. Als Erste deine geliebte Helena.«
Er warf einen letzten vergifteten Blick zu Jonathan und dann zu seinem Schergen.
»Lass uns gehen, Seppuku.«
Die beiden verließen die Burg. Zum ersten Mal hatte Riot die Selbstbeherrschung verloren und Schwäche gezeigt. Ja, auch er war ein Mensch. Das bedeutete, er konnte besiegt werden. Jonathan schöpfte ein wenig Hoffnung.
Cassius war der Erste, der seine Sprache wiederfand. »Du hast uns ein wenig Zeit verschafft, Cornelius. Aber wie zum Teufel kommst du auf die irrsinnige Idee, dich ausgerechnet beim Haus unserer Vorväter mit ihm zu treffen? Du weißt, dass er seine Abmachung brechen und seine Armeen mitbringen wird. Hinter den Mauern meiner Burg sind wir geschützt. Das Haus ist ein gefährlicher Ort für uns alle. Es war nicht umsonst verboten, dorthinzugehen …«
»Vertrau mir, Cassius, ich habe den Ort bewusst gewählt. Ich weiß genau, was ich tue.«
Cassius gab einen verächtlichen Laut von sich. »Ja, natürlich. Das wusstest du von Anfang an. Deswegen sind wir jetzt in dieser Situation. Wunderbar! Dann ist alles, was wir jetzt noch brauchen, ein guter Plan.«
Cornelius seufzte. »Was wir jetzt brauchen, ist ein Wunder.«
Fünfzehntes Kapitel
Ein hoffnungsloser Plan
Die Finsternis kroch durch alle Ritzen und Fugen, sie legte sich über das Dorf, die Burg und schließlich auch über ihre Seelen. Lähmendes Schweigen hatte Besitz von ihnen ergriffen. Cornelius und Cassius saßen
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