Jonathan Harkan und das Herz des Lazarus (German Edition)
wir uns erfolgreich versteckt, und ich dachte, dass es ewig so weitergeht …«
Plötzlich schwieg er, als versiegten ihm die Worte. Jonathan sah Cassius fragend an, doch auch er wusste nicht, was das zu bedeuten hatte. Cornelius atmete schwer, ehe er fortfuhr.
»Dann … nahm Matthew McAllister Kontakt zu mir auf. Matthew war Ire, ein Mitglied des Großen Kreises und ein Kämpfer für das Gute. Wir kannten uns schon sehr lange, waren gute Freunde, haben in unserer Jugend gemeinsam die Bars unsicher gemacht. Eines Nachts, vor etwa drei Monaten, stand er plötzlich vor mir … Ich hatte den Wagen in einer Seitenstraße geparkt. Es regnete in Strömen. Gerade als ich in meinen Taschen nach dem Schlüssel suchte, lag plötzlich seine Hand auf meiner Schulter. Gott weiß, wie er mich gefunden hatte, schließlich kannte niemand meinen Aufenthaltsort. Er war außer sich vor Freude und umarmte mich. Ich hatte ihn zuerst gar nicht erkannt, so bleich und abgemagert sah er aus. Seine Augen hatten etwas Panisches, als ob er sich verfolgt fühlte. Er bat mich, etwas für ihn aufzubewahren. Ich konnte es kaum glauben: Es war das Herz des Lazarus! Ich hatte viel darüber gehört und es doch für eine Legende gehalten. Und jetzt hielt ich es plötzlich in meinen eigenen Händen. Matthew war nervös. Er wusste, dass ihm nur noch wenig Zeit blieb, und erzählte mir, dass er es gefunden hatte und seitdem verfolgt wurde. Die Spione des Weltenwanderers hatten bereits Wind davon bekommen, dass es nach Jahrhunderten wieder aufgetaucht war. Er bat mich um Hilfe. Ich sollte es an einem sicheren Ort verstecken, bis er es gefahrlos zu den Herren des Kreises bringen konnte. Ich war fassungslos. Wieso kam er ausgerechnet zu mir? Schließlich lebte ich inzwischen ein völlig anderes Leben. Da wurde seine Stimme plötzlich leise. Das Böse sei wieder erstarkt, sagte er, und dieses Mal gehe es geschickter vor. Es bereite einen Krieg vor. Viele vom Großen Kreis hätten bereits die Seiten gewechselt, weil sie erkannt hätten, dass ein weiterer Kampf sinnlos war. Er selbst sei von Aurora verraten worden. Zuerst glaubte ich ihm kein Wort. Aurora, eine Dienerin des Weltenwanderers – lächerlich! In meiner Jugend war sie meine Beschützerin gewesen, meine Verbindung zum Großen Kreis. Aber er sagte die Wahrheit. Sie hatte die Seiten gewechselt.«
»Du warst der Einzige, dem Matthew noch vertrauen konnte«, stellte Jonathan fest. »Deshalb kam er zu dir.«
»Ja. Und aus gutem Grund, wie ich bald erfahren sollte. Ich habe ihn gepackt, ihn angebrüllt, ich war völlig von Sinnen vor Angst. Ich wusste, dass das Herz des Lazarus Unheil bedeutete. Ich wusste auch, dass, wer immer es besaß, fortan vom Weltenwanderer und seinen Dienern gejagt werden würde. Matthew bat mich, es in den alten Versammlungsort zu bringen, in das verbotene Haus in den Wäldern östlich von Bärenfels. Dort sei es sicher, glaubte er. Ich konnte nicht mehr mit ihm diskutieren. Plötzlich wurde es eisig kalt. Schnee fiel vom Himmel. Dann hörte ich ein Geräusch, als ob ein gespanntes Seil entzweiriss. Matthew starb in meinen Armen. Etwas hatte ihn in den Rücken getroffen. Ich konnte Schatten im Regen erkennen, Schatten von Wölfen …«
»Riot«, sagte Jonathan.
Cornelius schloss die Augen. »Am liebsten hätte ich das Herz des Lazarus einfach liegen gelassen. Aber ich konnte nicht. Ich habe es an mich genommen, bin in meinen Wagen gestiegen und davongerast. Alles, woran ich denken konnte, war meine Familie. Was mochte aus ihr werden, jetzt da ich direkt zwischen die Fronten geraten war?«
Der Gedanke, dass sein Vater dem Tod so knapp entkommen war, raubte Jonathan den Atem.
»Wer ist dieser Weltenwanderer? Hat er keinen Namen?«
Cassius’ Stirn umwölkte sich. »Viele Namen. Und keinen. Niemand weiß, wer er wirklich ist oder woher er kommt. Sein Name ist nur Teil seiner Maske. Er wird ihn ablegen und einen neuen wählen, wenn es nötig ist.«
»Das ist alles, was ihr über euren Erzfeind wisst?«, fragte Jonathan ungläubig.
»Der Große Kreis hat Spione in alle vier Himmelsrichtungen entsandt, um mehr zu erfahren. Die, die lebend zurückkehrten, brachten viele Fragen mit und nur sehr wenige Antworten. Der Weltenwanderer ist unsterblich. Er kennt keine Gefühle. Und er spürt die Angst im hintersten Winkel deiner Seele«, sagte Cornelius.
»Er ist kein Mensch, kein Tier, nichts von alledem«, fuhr Cassius fort und warf ein Holzscheit in den Ofen. Das Licht des
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