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Jonathan Harkan und das Herz des Lazarus (German Edition)

Jonathan Harkan und das Herz des Lazarus (German Edition)

Titel: Jonathan Harkan und das Herz des Lazarus (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk Ahner
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Feuers verfing sich in den Falten unter seinen müden Augen. »Er hat keine Gewissensbisse, keine Moral, er zieht Kraft aus dem Leid, er manipuliert, er streut Hass und Zwietracht.«
    Trotz der Wärme in der Küche fror Jonathan, und er begann zu zittern.
    »Was will er von uns?«, fragte er leise.
    »Macht über diese Welt, vermutlich. Trotz all unserer Bemühungen wissen wir nur wenig über seine Ziele«, gestand Cassius. »Nur so viel ist sicher: Der Große Kreis ist der letzte Widerstand, der ihm im Weg steht. Wenn wir besiegt sind, werden die Heerscharen der Finsternis ungehindert in unsere Welt einfallen und die Kontrolle übernehmen.«
    »Es hat bereits begonnen«, fügte Cornelius mit schwerer Stimme hinzu. »Ich habe seine Soldaten gesehen. Noch sind es nur ein paar Dutzend, aber ihre Zahl wächst …«
    »Menschen?«, fragte Cassius, als ob diese Frage irgendeinen Sinn ergab.
    Cornelius nickte. »Ja, nur Menschen. Äußerst gefährliche Exemplare allerdings. Verbrecher, Diebe, Mörder … genau das Gesindel, mit dem Riot sich herumtreibt.«
    »Diese Kreaturen zieht er an«, raunte Cassius und schlug mit der Faust auf den Tisch. »Zumindest wissen wir, dass die Grenzen halten. Eine Sorge weniger.«
    Jonathan hatte keine Ahnung, von welchen Grenzen er sprach, und blickte fragend zu seinem Vater. Cornelius war in Gedanken verloren. Er schien den Optimismus seines Bruders nicht zu teilen. Unruhig schob er seinen Teller weg und knetete die Hände. Der Appetit war ihm endgültig vergangen.
    »Cassius, wir beide wissen, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis auch diese Barrieren fallen. Bislang haben unsere Sicherheitsvorkehrungen hervorragend funktioniert, aber wenn wir erst geschwächt sind, ist der Weg frei …«
    »Deshalb müssen wir ihn aufhalten«, bekräftigte Cassius.
    Mit einem Ausdruck der Überraschung sah Cornelius ihn an. »Wir?«
    Cassius nickte grimmig, und sein Bruder schöpfte neue Hoffnung. Seine Augen leuchteten erwartungsvoll.
    »Hast du eben wirklich ›wir‹ gesagt?«
    »Du solltest mal zum Ohrenarzt gehen, kleiner Bruder. Oder rede ich plötzlich zu leise?«
    Spontan sprang Cornelius auf und umarmte seinen Bruder. Dem war das sichtlich unangenehm, aber er ließ es zu und brachte sogar ein verlegenes Lächeln zustande. Er klopfte Cornelius auf die Schulter, ehe er ihn sanft von sich wegschob. Was auch immer der Grund für ihren Streit gewesen war, schien Vergangenheit zu sein.
    »Ich dachte, du hättest dich für alle Zeit vom Kreis abgewandt.«
    »Das dachte ich auch«, brummte Cassius. »Aber Menschen sind wie Meinungen – sie können sich ändern.«
    Erfüllt von neuer Hoffnung straffte Cornelius sich und sah Jonathan an. »Jetzt kennst du die wichtigsten Fakten, Jonathan. Es gibt noch viel zu erzählen, aber das muss warten.«
    Cassius pflichtete ihm bei. »Wir sollten uns auf alles vorbereiten. Je schneller, desto besser.«
    Jonathan bemerkte eine plötzliche Kälte und zog den Vorhang auf. Der Himmel hatte einen seltsam gelblichen Schimmer angenommen, als ob sich Gewitterwolken vor die Sonne geschoben hätten. Der Gesang der Schwalben war verstummt. Stille herrschte über der Burg. Sanft wie Watte tanzten Schneeflocken vom Himmel.
    »Wir bekommen Besuch.«
    Er musste nicht auf sein Eyn blicken, um zu wissen, dass es leuchtete.
    * * *
    Weder Cornelius noch Cassius sprachen ein Wort, als sie ihre Mäntel überwarfen und vor die Tür traten. Wie selbstverständlich kam Jonathan mit und stellte sich an ihre Seite. Das Schneetreiben war dichter geworden. Innerhalb von Sekunden war der Burghof mit samtiger weißer Patina überzogen. Mit dem Sturm kam die Kälte und durchdrang jede Faser ihrer Kleidung. Gebannt waren Jonathans Blicke auf das Burgtor gerichtet. Der weiße Vorhang ließ nur Schemen erahnen. Da näherte sich die Gestalt eines Mannes. Der Schnee spie ihn aus wie einen Fremdkörper.
    »Er kommt mit einem Mann«, raunte Cornelius. »Aber da sind noch mehr.«
    Cassius’ Miene schien unbewegt, doch seine Blicke zuckten unstet hin und her. »Ich zähle fünf. Zwei von ihnen bewaffnet.«
    »Gut erkannt, großer Bruder. Wir müssen wachsam sein.«
    Jonathan sah nichts außer verschneiter Landschaft, doch er kam nicht dazu, seiner Verwirrung Ausdruck zu verleihen, denn in diesem Moment trat Riot vor sie. Er war im Auge des Sturms und breitete die Arme aus, als ob er dem Schauspiel huldigen wollte. Sein donnerndes Lachen war bis weit über das Tal hinaus zu hören.
    »Herrlich, nicht

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