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Jonathan Harkan und das Herz des Lazarus (German Edition)

Jonathan Harkan und das Herz des Lazarus (German Edition)

Titel: Jonathan Harkan und das Herz des Lazarus (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk Ahner
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Feldbetten und Campingtische, im nächsten eine notdürftig zusammengestellte Küche. Ein Fettwanst mit fleckiger Schürze warf lustlos ein paar Eier und Karotten in einen Topf. Dass dabei auch Schweiß von seiner Nasenspitze in die Suppe tropfte, schien ihn nicht zu stören.
    Sie wurden in den zweiten Stock getragen, vorbei an einem Raum, in dem zahllose Käfige aus geflochtenen Körben gestapelt waren. Lebendige Kreaturen waren darin gefangen, feuerrot und groß wie Kinderhände. Mit zorniger, ungezügelter Energie flatterten sie immer wieder von Käfigwand zu Käfigwand, als ob sie unablässig nach einem Ausgang suchten. Dabei erzeugten die Flügel ein seltsam brummendes Geräusch, das Jonathan an einen kaputten Motor erinnerte. Eliane wurde bleich, als sie es hörte.
    »Das sind die Biester! Die sind über das Dorf hergefallen …«
    Unwirsch gab ihr der Mann einen Klaps auf den Hinterkopf. »Haltet endlich die Klappe!«
    Eliane schenkte ihm einen wütenden Blick, gehorchte aber. Sie wurden noch ein Stockwerk höher gebracht und in eine Besenkammer geworfen, die penetrant nach Mottenkugeln stank. Bevor die Tür vor ihren Nasen verschlossen werden konnte, schob sich eine Hand dazwischen, und das Gesicht von Seppuku kam zum Vorschein.
    »Sieh an! Wen haben wir denn da? Zwei süße kleine Kinderlein.«
    Ein glatzköpfiger Kerl brachte einen Korb, in dem zwei der feuerroten Insekten hungrig und wild umherflatterten.
    »Sollen wir die Rachenflammen auf sie loslassen?«, fragte er.
    Seppuku schüttelte den Kopf. »Wir brauchen die beiden wach und bei bester Gesundheit, schließlich können sie uns noch einige wertvolle Dinge verraten.« Er bemerkte, dass Elianes Blick angstvoll auf die Körbe gerichtet war, und kicherte. »Hübsche Tierchen, diese Rachenflammen, nicht wahr? Sie kommen von weit her. Wenn wir sie freilassen, setzen sie sich auf eure Münder und Nasen und saugen euch den Lebensatem aus. Nach ein paar Minuten fallt ihr in einen tiefen Schlaf, der Tage und Wochen dauern kann. Wenn wir sie länger auf euch sitzen lassen, werdet ihr nie wieder erwachen. Ein Wunderwerk der Schöpfung, diese kleinen Biester.« Er führte den Korb nah an das Gesicht heran, spitzte seine Lippen zu spöttischen Küssen und genoss die Erregung, die er in den Tieren erweckte. Ihre Flügel brummten bedrohlich, und ihre dürren, langen Beine klickten wild, als sie gegen die Wand stießen. Jonathan sah einen Ring aus vielgliedrigen Kauwerkzeugen, die gierig nach Beute suchten, und zuckte angeekelt zurück.
    »Wir werden uns nachher ein wenig unterhalten. Wenn ihr redet, lasse ich die Käfigtür zu. Wenn ihr Ärger macht, dann darf ich sie öffnen. Bitte, bitte macht Ärger!« Seppuku kicherte. Für ihn schien alles ein Spiel zu sein, Skrupel kannte er nicht. Jonathan fröstelte bei dem Gedanken, was geschehen sein musste, damit er so geworden war.
    Eliane ließ einen Seufzer der Erleichterung hören, als er endlich den Raum verließ. Jonathan ging zum Fenster. Es war so klein, dass er nur mit Mühe hindurchgepasst hätte, und dahinter ging es mehrere Meter in die Tiefe. Allein bei dem Gedanken daran, hinauszuklettern, drehte sich ihm der Kopf. Doch selbst wenn er seine Angst besiegen konnte, war eine Flucht chancenlos. Es gab keinen Mauervorsprung, kein Fensterbrett, keine Dachrinne, nichts, das ihnen Halt geboten hätte. Tief unter ihnen sah er die Horde von Tagedieben und Soldaten, die sich auf dem Vorplatz der alten Schule sammelte. Riot hatte nicht gelogen: Bereits jetzt war ihre Zahl auf mehrere Hundert angewachsen, schätzte Jonathan, und stetig wurden es mehr. Einige von ihnen bekamen Geld, das Riots Untergebene großzügig verteilten.
    Jonathan sank an der Wand in die Hocke. Sie waren so weit gekommen, hatten gekämpft und ihre eigenen Grenzen überschritten, nur um jetzt zu erkennen, dass sie verloren hatten. Die Wirkung des heilenden Wassers ließ nach, die Kraft floss aus ihm heraus. Eliane erging es ebenso.
    »Jonathan, soll ich dir was sagen?«
    Er konnte kaum noch einen klaren Gedanken fassen und brachte nur ein tonloses »Hm?« zustande.
    »Riot hat unrecht. Ich glaube nicht, dass du ein ängstlicher kleiner Junge bist. Jetzt nicht mehr.«
    Das war ein Kompliment. Vielleicht hätte er gelächelt, doch die Müdigkeit siegte. Noch bevor er etwas antworten konnte, fielen ihm die Augen zu, und er sank in einen tiefen Schlaf.
    * * *
    »Hattest du nie das Gefühl, nur Ballast zu sein, der immerzu Ärger macht?«
    Mit einem

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