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Jonathan Harkan und das Herz des Lazarus (German Edition)

Jonathan Harkan und das Herz des Lazarus (German Edition)

Titel: Jonathan Harkan und das Herz des Lazarus (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk Ahner
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ahnen, dass Jonathan und Eliane sich dicht neben der Tür an die Wand gepresst hatten. Als er die Kammer betrat, zog Eliane ihm einen Schemel über den Kopf. Mit ungläubig aufgerissenen Augen starrte er sie an und kippte wie ein gefällter Baum zu Boden. Zum Atemholen blieb keine Zeit, denn schon war sein Komplize zur Stelle. Er war klein, doch unerwartet stark. Als er Jonathan gepackt hatte, sprang Eliane ihn von hinten an und trommelte mit blanken Fäusten auf seinen Rücken.
    »Lass ihn los!«, rief sie.
    Der Mann schüttelte sie wie ein Spielzeug ab und drückte Jonathan zu Boden. Sein Mondgesicht war rot vor Wut. Mit aller Kraft versuchte Jonathan, sich zu befreien – bis ihm die Luft wegblieb. Plötzlich tanzten Lichter vor ihm. Er glaubte schon, in der nächsten Sekunde ohnmächtig zu werden, als er erkannte, dass auch der Wachmann die tanzenden Funken sah und erstaunt den Kopf hochriss.
    »Was zum Teufel …«
    Er glaubte, seinen Augen nicht zu trauen, war er doch umgeben von zahllosen kleinen Irrlichtern, von denen einige so hell und strahlend waren, dass es ihn blendete. Die Chimerianer spielten mit ihm, stießen, kitzelten und schubsten ihn. Er versuchte, sie zu packen, doch sie waren viel zu schnell und zu zahlreich. Sie kreisten um seinen Kopf, immer schneller, bis er schwankte und mit hilflosen Gesten um sich schlug. In wispernder Absprache trieben sie ihn zum Treppenhaus, wo er stolperte und mehrere Stufen hinabstürzte, bis er mit dem Kopf gegen die Wand stieß und bewusstlos liegen blieb.
    Jonathan war sofort auf den Beinen. »Ihr habt uns gerettet! Das war großartig!«
    Die Chimerianer kicherten und zischten wild durcheinander. Schließlich schleppten die Größten von ihnen etwas aus dem Korridor hervor und legten es vor seine Füße.
    »Mein Rucksack!« Sofort öffnete Jonathan ihn und durchwühlte den Inhalt. »Es ist noch alles da. Vielen Dank!«
    Die Lichter schwiegen und schwebten sanft vor den Gesichtern der Kinder, bis die Größten unter ihnen sich sammelten, um im Chor zu sprechen.
    »Du hattest recht, Jonathan Harkan. Wir sind klein, doch wir konnten helfen. Du hast uns gezeigt, dass viel Gutes in den Herzen der Menschen ist. Wir werden von deinen Taten berichten. Aber jetzt ist es an der Zeit, Lebewohl zu sagen.«
    »Dann müsst ihr also wirklich gehen?«, fragte Eliane.
    »Seid nicht traurig, Menschenkinder. Was auch geschieht, wir sind Freunde für immer.«
    Jonathan verneigte sich, und Eliane folgte seinem Beispiel. Traurig wischte sie sich über die Nase.
    »Na dann, auf Wiedersehen. Und wenn eure Kinder mal wieder in meinen Haaren spielen wollen, dann … kommt einfach vorbei …«
    Die Chimerianer verschwanden durch das Fenster und verschmolzen mit dem Morgenrot, das sich majestätisch aus den Wäldern erhob. Ein neuer Tag brach an, und Jonathan und Eliane wussten, dass ihnen nur wenig Zeit blieb.
    Eliane spähte aus der Kammer. »Wir haben unsere Sachen wieder, und die Tür steht offen. Aber das Haus ist noch immer voller schießwütiger Verrückter.«
    Jonathan bemerkte mehrere Stromkabel, die zu einem altertümlichen Sicherungskasten führten.
    »Als Bastlerin kennst du dich doch bestimmt mit Strom aus, oder? Kannst du einen Kurzschluss erzeugen?«
    »Nichts leichter als das. Was hast du vor?«
    »Es wird bald Morgen, aber noch ist es dunkel genug. Hier sind alle Fensterläden verschlossen, wenn wir also den Strom kappen, sind Riots Leute blind.«
    »Wir aber auch!«
    »Nicht unbedingt.« Er zog die Dose mit dem safranfarbenen Pulver aus seinem Rucksack hervor, öffnete sie und rief sich die Worte seines Onkels in Erinnerung: Man darf es nur bei Dunkelheit nehmen …
    Skeptisch tippte Eliane ihren Finger in das Pulver und zerrieb es. »Was ist das schon wieder für ein Zeug?«
    »Es hilft uns, im Dunkeln zu sehen. Eliane, wir müssen uns beeilen. Die Sonne geht bereits auf!«
    Sie war nicht überzeugt, aber für Diskussionen blieb keine Zeit, und so riss sie den Sicherungskasten auf, nahm das Gewirr von Drähten und Steckern in Augenschein, wählte zwei Kabel und führte ihre Enden zusammen. Es funkte, kleine Wölkchen kräuselten sich empor, und mit einem Schlag herrschte Dunkelheit im Haus. Aus den unteren Etagen waren Flüche und Verwünschungen zu hören, die selbst Jonathan rot werden ließen. Riots Männer brüllten sich an, bis sie darauf kamen, schnellstmöglich den Sicherungskasten zu suchen. Es würde nur eine Frage von Sekunden sein, bis der Erste von ihnen nach

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