Jonathan Harkan und das Herz des Lazarus (German Edition)
Idee verholfen.
»Bitte verzeiht mir, dass ich euch unterbrechen muss, aber wir haben einen wichtigen Auftrag zu erledigen. Wir beide sind gekommen, um euch etwas zu bringen, das ihr den Menschen vor langer Zeit anvertraut habt: das Herz des Lazarus.«
Nervöses Wispern erklang, als die Chimerianer bemerkten, dass es ihm tatsächlich ernst war.
»Der Stein des Heils …«
»Ob das Menschenkind die Wahrheit gesprochen hat?«
»Wir müssen ihn rasch verbergen …«
»Unsere Brüder rufen!«
»Jonathan Harkan, gib ihn uns!«
Vorsichtig griff er in seine Jackentaschen und suchte nach dem Stein, der ihm so lange eine schwere Last gewesen war. Er stockte, denn als er in die Tasche griff, war sie leer. Das Herz des Lazarus war verschwunden. Fieberhaft tastete er sich ab, ging in die Hocke und fuhr mit seinen Händen den Waldboden ab. Hitze wallte in ihm auf. Sie waren so weit gekommen, es durfte einfach nicht sein, dass durch ein dummes Missgeschick plötzlich alles umsonst gewesen sein sollte.
»Gib ihn uns!«, wisperten die Stimmen im Chor.
Eliane zupfte ungeduldig an seiner Jacke. »Jonathan! Nun mach schon! Sie werden langsam nervös!«
»Ich habe es gleich!«, versicherte er. »Es muss hier irgendwo sein. Ich hatte es doch gerade noch bei mir.«
Verzweifelt lief er um das Feuer herum, warf Äste zur Seite und vergrub seine Finger im weichen Moos. Der Gedanke, den Stein verloren zu haben, ihn in einem unachtsamen Moment vielleicht sogar in den See gestoßen zu haben, war so schrecklich, dass er kaum atmen konnte. Zu seiner Verwunderung mündete das fordernde »Gib ihn uns!« der Chimerianer plötzlich in ein spöttisches Kichern. Fragend hob er den Kopf – und sah den Stein vor sich auf dem Boden liegen. Sie hatten ihm einen bösen Streich gespielt und ihm die wertvolle Last heimlich aus der Tasche gezogen. Jonathan wusste nicht, ob er toben oder lachen sollte, entschied sich aber für Letzteres, als er sah, wie sehr die neuen Freunde sich über den gelungenen Streich freuten. Kichernd tanzten sie durch die Nacht.
»Verzeih uns, Jonathan Harkan.«
»Wir wollten euch nichts Böses.«
Erleichtert atmete er durch. »Schon gut. Aber bitte, in Zukunft spielt solche Scherze mit Eliane.«
Sie schenkte ihm einen schiefen Blick. »Na, vielen Dank!«
Das Flirren und Schwirren der nächtlichen Besucher wich einem bedächtigen Schweben, als ob sie signalisieren wollten, dass es nun an der Zeit war, ernst zu werden.
»Habt Dank für eure Freundlichkeit, ihr Menschenkinder«, wisperten sie. »Einen gefahrvollen Weg seid ihr gegangen, um das Versprechen eurer Väter zu erfüllen.«
»Dann ist der Stein bei euch in Sicherheit?«, fragte Jonathan.
»Niemand wird ihn finden«, wisperten die Stimmen. »Wir kehren zurück in unsere Heimat, und er wird uns begleiten.«
»Heißt das, ihr verlasst uns?«
Jetzt da er die Chimerianer mit seinen eigenen Augen gesehen hatte, konnte Jonathan die Traurigkeit seines Vaters verstehen. Es war schön zu wissen, dass gute Geister in diesen Wäldern lebten, die über Tiere und Pflanzen wachten. Es war schön, dass die Menschen nicht allein waren.
»Wir sind die Letzten in diesen Wäldern, Jonathan Harkan. Wir müssen nach Hause. Wir haben lange gewartet auf diesen Tag.«
Jonathan schüttelte den Kopf. »Aber wir brauchen eure Hilfe! Riot sammelt seine Männer um sich, um den Großen Kreis zu zerstören! Onkel Cassius hat mir erzählt, dass ihr vor langer Zeit einmal Freunde gewesen seid … Freunde der Menschen! Wenn das wahr ist, dann könnt ihr uns jetzt nicht allein lassen.«
Die Chimerianer tuschelten, säuselten und zischten, als eine heftige Diskussion unter ihnen entbrannte, die für seine Ohren unverständlich blieb.
»Wir müssen zurück und ihnen helfen. Und wir bitten euch, uns zu begleiten«, fügte Jonathan rasch hinzu. Eliane sah ihn überrascht an, doch er sprach weiter: »Sicher könnt ihr irgendetwas tun …«
»Klein sind wir, Jonathan Harkan. An Zahl und Kraft der Stärke der Menschen nicht gewachsen.«
»Wir sind auch klein«, gab er zurück. »Nur deswegen ist es uns gelungen, Riot zu überlisten. Ihr könnt vielleicht keine Waffe tragen, aber die wenigsten wissen von eurer Existenz. Viele von Riots Männern werden es bestimmt mit der Angst zu tun bekommen, sobald sie euch sehen, und wenn ihr nur ein paar von ihnen in die Flucht schlagen könnt, habt ihr uns schon einen großen Dienst erwiesen.«
Es war hörbar, welche Verwirrung seine Worte in der Schar
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