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Jonathan Harkan und das Herz des Lazarus (German Edition)

Jonathan Harkan und das Herz des Lazarus (German Edition)

Titel: Jonathan Harkan und das Herz des Lazarus (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk Ahner
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oben stapfen würde. Jonathan nahm eine kleine Prise des geheimnisvollen Pulvers und schluckte es. Bitter zerging es auf seiner Zunge. Er reichte das Döschen an Eliane weiter.
    »Hier! Schmeckt fürchterlich. Nimm höchstens einen Finger voll.«
    Noch während er sprach, tanzten bunte Sterne vor ihm, und der Boden wankte unter seinen Füßen. Als er schon glaubte, die Kontrolle zu verlieren, bekam der schwarze Vorhang vor seinen Augen plötzlich Risse – und hob sich schließlich ganz. Mit fantastischer Klarheit konnte er Eliane sehen, die hilflos durch die Dunkelheit tappte, er sah die Möbel, die rissigen Tapeten und das fast grell anmutende Licht des kleinen Kammerfensters. Er hatte Augen wie eine Katze! Staunend betrachtete er seine Hände.
    »Eliane! Das ist unglaublich!«
    Sie würgte das Pulver hinunter und hustete. Gerade als sie Jonathan verwünschen wollte, riss sie ungläubig die Augen auf.
    »Heiliges Kanonenrohr. Ich kann alles sehen. Sogar Farben. Hell wie der Tag …«
    Die Tür flog auf. Jonathan legte ihr die Finger auf die Lippen und brachte sie zum Schweigen. Gerade noch rechtzeitig, denn schon marschierte der Soldat mit der Glatze in den Raum und tastete sich an der Wand entlang, nur Zentimeter an ihnen vorbei. Die Dunkelheit schützte sie, aber wie lange noch? Auf leisen Sohlen schlichen sie zum Treppenhaus in den ersten Stock. Zwei Männer und der feiste Koch kamen ihnen entgegen, sodass sie sich eng an die Wand pressen mussten. Keiner der drei bemerkte sie, der Weg ins Erdgeschoss schien frei – bis Seppuku vor ihnen stand. Wie ein hungriger Wolf nahm er Witterung auf.
    »Was rieche ich da? Sind das nicht meine zwei Kinderlein?«
    Er kam so nah, dass seine Nasenspitze fast Elianes Schulter berührte. Jonathan hielt erschrocken den Atem an und bedeutete Eliane, ihm zu folgen. Lautlos schlichen die beiden in einen Korridor, weg von Seppuku, der seine Hände in die Dunkelheit zucken ließ, als ob er unsichtbare Fische fing.
    Unbehelligt gelangten sie zur Haustür. Als sie das schützende Dunkel verließen, fielen die ersten Strahlen der Morgensonne über die schneebedeckten Dächer des Dorfes. Geblendet musste Jonathan sich die Hände vors Gesicht reißen.
    »In den Wald, da ist es noch dunkel!«, rief er.
    Mit zusammengekniffenen Augen liefen sie über Straßen und schneebedeckte Felder, bis ein Hain aus Laubbäumen das Licht auf ein erträgliches Maß reduzierte.
    Eliane schüttelte nur noch den Kopf. »Erst das Feuerwerk, dann dieser seltsame Tee und jetzt dieses … Pulver, was immer das auch sein mag. Ich weiß nicht, wo dein Onkel all das Zeug herhat, aber es stammt von keinem Ort, den ich kenne!«
    Jonathan musste ihr beipflichten. Er wurde das Gefühl nicht los, dass es eine Geschichte hinter all den geheimnisvollen Wundermitteln gab – eine Geschichte, die weit über die Grenzen der Welt hinausführte.
    »Ich habe ungefähr eine Millionen Fragen an Onkel Cassius, und jetzt ist es noch eine mehr«, sagte er. »Aber erst mal müssen wir ihn und meinen Vater warnen. Riots Armee ist bald bei dem alten Haus!«
    »Wir müssen sie irgendwie aufhalten. Hast du noch mehr von diesen Wundermitteln?«
    Jonathans Hand wanderte zur Jackentasche, wo das letzte von Cassius’ mysteriösen Souvenirs bereit lag – eine kleine gläserne Phiole mit der ›Essenz der wahren Größe‹.
    »Eins noch.«
    Eliane hob die Brauen. »Und was ist das für ein Zeug?«
    »Etwas, das Riot und seinen hirnlosen Gehilfen garantiert nicht gefallen wird!«

Einundzwanzigstes Kapitel
Wahre Größe
    Die Wirkung des Pulvers ließ nach, und ihre Sinne reagierten nicht länger überreizt. Die Spuren von Riots Männern waren nicht allzu schwer zu finden, denn sie hatten alles niedergetrampelt, das ihnen im Weg gewesen war. Jonathan folgte einer Schneise der Verwüstung, bis er sie sah: eine Armee, bewaffnet mit Pistolen, Eisenstangen und Messern. Eliane erschrak.
    »Da sind so viele …«, flüsterte sie und deutete in die Ferne. »Das alte Haus müsste direkt hinter dem Hügel da liegen. Sie sind fast da.«
    »Fast, aber noch nicht ganz.« Jonathan fasste sich. »Den Rest schaffe ich allein. Du musst nach Hause, zu deinem Vater!«
    »Willst du schon wieder den edlen Ritter spielen? Damit das klar ist: Ich bleibe bei dir, bis die Sache ausgestanden ist!«
    Ihr Blick sagte klar, dass sie über diesen Punkt nicht länger diskutieren wollte. Als sie die gläserne Phiole in Jonathans Hand sah, schnalzte sie mit der

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