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Jonathan Strange & Mr. Norrell

Jonathan Strange & Mr. Norrell

Titel: Jonathan Strange & Mr. Norrell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanna Clarke
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war geweckt worden, und er fragte sich, wer der Mann wohl gewesen sei und was die Dörfler mit ihm vorhätten. Strange antwortete ein–, zweimal irgendetwas, aber dann dachte er wieder an Miss Woodhope.
    Am besten wird es sein, wenn wir nicht über die Veränderungen reden, die der Tod meines Vaters mit sich bringt, dachte er. Das ist zu gefährlich. Am Anfang werde ich nur unverfängliche Allerweltsthemen ansprechen – zum Beispiel die Abenteuer, die wir auf dieser Reise erlebt haben. Was ist bislang passiert, was sie amüsieren wird? Er blickte auf. Dunkle, tropfende Bäume umgaben ihn. »Es muss etwas geben.« Dann fiel ihm eine Windmühle ein, die er in der Nähe von Hereford gesehen hatte. An einem Flügel hatte sich ein roter Kinderumhang verfangen, und während das Rad sich drehte, wurde der Umhang im einen Augenblick durch Matsch und Schlamm gezogen, und im nächsten flatterte er wie eine leuchtend scharlachrote Fahne im Wind. Wie eine Allegorie für etwas. Dann kann ich ihr von dem leeren Dorf erzählen und den Kindern, die zwischen den Vorhängen aus dem Fenster spähten, ein Mädchen hatte eine Puppe in der Hand, die andere ein hölzernes Pferd. Dann von den schweigenden Menschen mit den Waffen und dem Mann unter der Hecke.
    Oh! , würde sie gewiss sagen. Der arme Mann. Was hatte es auf sich mit ihm? – Ich weiß es nicht , würde Strange sagen. – Aber Sie sind doch bestimmt geblieben, um ihm zu helfen? , würde sie sagen. – Nein , würde Strange sagen. – Oh! , würde sie sagen.
    »Warte!«, rief Strange und zog die Zügel an. »So geht es nicht. Wir müssen umkehren. Der Mann unter der Hecke beunruhigt mich.«
    »Oh!«, rief Jeremy Johns erleichtert. »Ich bin sehr froh, dass Sie das sagen, Sir. Ich bin auch beunruhigt.«
    »Ich nehme nicht an, dass du einen Satz Pistolen mitgenommen hast, oder?«, sagte Strange.
    »Nein, Sir.«
    »Verd...!«, sagte Strange, dann zuckte er zusammen, weil Miss Woodhope Fluchen missbilligte. »Ein Messer? Oder so etwas Ähnliches?«
    »Nein, nichts, Sir. Aber machen Sie sich keine Sorgen.« Jeremy sprang vom Pferd und begab sich ins Unterholz. »Ich kann uns aus diesen Ästen hier Knüppel machen, die werden uns fast genauso nützlich sein wie Pistolen.«
    Es lagen ein paar dicke Äste herum, die jemand im Unterholz geschlagen und auf dem Boden liegen gelassen hatte. Jeremy hob einen auf und reichte ihn Strange. Es war nicht wirklich ein Knüppel, sondern eher ein Ast, aus dem noch kleine Zweige wuchsen.
    »Tja«, sagte Strange zweifelnd. »Ich nehme an, das ist besser als gar nichts.«
    Jeremy hob für sich selbst einen ebensolchen Ast auf, und so bewaffnet ritten sie zurück zum Dorf und zu der schweigenden Menschenschar.
    »Du da!«, rief Strange und meinte damit einen Mann in einem Schäferkittel, um den mehrere gestrickte Schals gebunden waren, und mit einem breitkrempigen Hut auf dem Kopf. Er machte ein paar ausholende Gesten mit dem Stock, die, wie er hoffte, bedrohlich wirkten. »Was... ?«
    Sofort wandten sich mehrere aus der Schar ihm zu und legten den Finger an den Mund.
    Ein Mann ging zu Strange. Er war mit einem Rock aus braunem Stoff etwas respektabler gekleidet als der erste. Er tippte sich an den Hut und sagte ganz leise: »Entschuldigen Sie, Sir, aber könnten Sie die Pferde ein Stück weiter weg bringen? Sie stampfen mit den Beinen und schnaufen so laut.«
    »Aber -«, setzte Strange an.
    »Pssst, Sir«, flüsterte der Mann. »Ihre Stimme. Sie ist zu laut. Sie werden ihn wecken.«
    »Ihn wecken? Wen?«
    »Den Mann unter der Hecke, Sir. Er ist ein Zauberer. Wenn man einen Zauberer vor der Zeit weckt, riskiert man, die Träume aus seinem Kopf in die Welt zu holen, wissen Sie das denn nicht?«
    »Und wer weiß, was für schreckliche Dinge er träumt«, pflichtete ihm ein anderer Mann flüsternd bei.
    »Aber woher...«, setzte Strange erneut an. Wieder wandten sich mehrere Personen ihm zu, runzelten empört die Stirn und machten Zeichen, dass er leiser sprechen solle.
    »Aber woher wissen Sie, dass er ein Zauberer ist?«, flüsterte Strange.
    »Er hat sich die letzten zwei Tage in Monk Gretton aufgehalten, Sir, und allen erzählt, dass er ein Zauberer ist. Am ersten Tag hat er ein paar unserer Kinder dazu gebracht, aus den Speisekammern ihrer Mütter Pasteten und Bier für die Königin der Elfen zu stehlen. Gestern fand man ihn, wie er über das Anwesen von Farwater Hall wanderte – das ist hier unser großes Haus, Sir. Die Besitzerin Mrs. Morrow hat

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