Jonathan Strange & Mr. Norrell
»Das hätte ich selbstverständlich getan, meine Liebe«, sagte er. »Aber Sir Walter hat die ganze Zeit mit mir gesprochen, so dass ich gar nicht damit anfangen konnte.«
»Es ist einzig und allein meine Schuld«, versicherte Sir Walter Arabella hastig. »Wir haben ein Problem mit unserer Blockade. Das Übliche. Ich habe Mr. Strange davon erzählt, in der Hoffnung, dass er und Mr. Norrell uns helfen können.«
»Und kannst du helfen?«, fragte Arabella.
»Ach, ich denke schon«, sagte Strange.
Sir Walter erklärte, dass die britische Regierung Geheimdienstberichte erhalten habe, wonach französische Schiffe – möglicherweise sogar zehn – durch die britische Blockade geschlüpft seien. Niemand wusste, wohin sie gesegelt waren und was sie vorhatten, wenn sie dort anlangten. Ebenso wenig wusste die Regierung, wo sich Admiral Armingcroft aufhielt, der Vorkommnisse dieser Art eigentlich verhindern sollte. Der Admiral und seine Flotte von zehn Fregatten und zwei Linienschiffen waren verschwunden – vermutlich verfolgten sie die Franzosen. Es gab einen viel versprechenden jungen Kapitän, der im Augenblick auf Madeira stationiert war, und wenn die Admiralität nur herausfinden könnte, was geschah und wo es geschah, dann würden sie Kapitän Lightwood frohen Herzens das Kommando über vier oder fünf weitere Schiffe geben und ihn an den Ort des Geschehens schicken. Lord Mulgrave hatte Admiral Greenwax gefragt, was sie seiner Ansicht nach tun sollten, und Admiral Greenwax hatte die Frage an die Minister weitergeleitet, und die Minister meinten, dass die Admiralität auf der Stelle Mr. Strange und Mr. Norrell konsultieren solle.
»Ich möchte nicht, dass Sie den Eindruck gewinnen, die Admiralität sei ohne Mr. Strange völlig hilflos.« Sir Walter lächelte. »Sie haben getan, was sie konnten. Sie haben einen Sekretär, einen Mr. Petrofax, nach Greenwich geschickt, um einen Jugendfreund von Admiral Armingcroft aufzusuchen, der den Admiral gut kennt. Er sollte ihn fragen, was der Admiral unter diesen Umständen wohl tun würde. Aber als Mr. Petrofax in Greenwich eintraf, lag der Jugendfreund des Admirals betrunken im Bett, und Mr. Petrofax war nicht sicher, ob er die Frage verstanden hat.«
»Ich nehme an, dass Norrell und ich etwas vorschlagen können«, sagte Strange nachdenklich. »Aber ich würde das Problem gern auf einer Landkarte studieren.«
»Ich habe alle notwendigen Karten und Unterlagen zu Hause. Ein Dienstbote wird sie später zum Hanover Square bringen, und dann werden Sie vielleicht so freundlich sein und mit Mr. Norrell sprechen...«
»Aber das können wir sofort tun«, sagte Strange. »Arabella wird nichts dagegen haben, ein paar Minuten zu warten. So ist es doch, nicht wahr?«, sagte er zu seiner Frau. »Ich bin mit Mr. Norrell um zwei Uhr verabredet, und wenn ich ihm das Problem sofort erklären kann, dann glaube ich, dass wir der Admiralität noch vor dem Abendessen eine Antwort geben können.«
Arabella schob wie eine liebe, gefügige Frau und gute Gattin alle Gedanken an ihre neuen Vorhänge für den Augenblick beiseite und versicherte beiden Herren, dass sie in so einem Fall gern warten würde. Sie kamen überein, dass Mr. und Mrs. Strange Sir Walter zu seinem Haus in der Harley Street begleiten sollten.
Strange holte seine Uhr heraus und blickte darauf. »Zwanzig Minuten bis in die Harley Street. Eine Dreiviertelstunde, um das Problem zu studieren. Dann weitere fünfzehn Minuten zum Soho Square. Ja, wir haben genug Zeit.«
Arabella lachte. »Er ist nicht immer so gewissenhaft, das versichere ich Ihnen«, sagte sie zu Sir Walter. »Am Dienstag hatte er sich zu einer Besprechung mit Lord Hawkesbury verspätet, und Mr. Norrell war nicht gerade erfreut.«
»Es war nicht meine Schuld«, sagte Strange. »Ich wollte rechtzeitig das Haus verlassen, konnte jedoch meine Handschuhe nicht finden.« Arabellas spöttische Bemerkung über sein Zuspätkommen irritierte ihn weiterhin, und auf dem Weg in die Harley Street betrachtete er seine Uhr, als hoffte er, etwas über das Wirken der Zeit zu entdecken, was bislang unbemerkt geblieben war und ihn rehabilitieren würde. Als sie in der Harley Street ankamen, glaubte er, es gefunden zu haben. »Ha!«, rief er unvermittelt. »Ich weiß, was es ist. Meine Uhr geht falsch.«
»Das glaube ich nicht«, sagte Sir Walter, holte seine eigene Uhr heraus und zeigte sie Strange. »Es ist genau zwölf Uhr mittags. Auch auf meiner Uhr.«
»Warum höre ich dann
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