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Jonathan Strange & Mr. Norrell

Jonathan Strange & Mr. Norrell

Titel: Jonathan Strange & Mr. Norrell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanna Clarke
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hatte. »Nichts«, sagte sie.
    »Und für welche der vielen Ablenkungen, die Sir Walter dir vorgeschlagen hat, hast du dich entschieden?«
    »Für keine. Ich... ich habe Lady Pole kennen gelernt, und wir haben miteinander geplaudert. Das war alles.«
    »Wirklich? Schade, dass ich nicht dabei war. Ich hätte gern die Frau gesehen, die ihr Leben Mr. Norrells Zauberei verdankt. Aber ich habe dir noch gar nicht erzählt, was mir passiert ist. Erinnerst du dich, wie der schwarze Diener ganz plötzlich hereinkam? Einen Augenblick lang hatte ich den unzweideutigen Eindruck, dass dort ein großer schwarzer König stand, mit einem silbernen Diadem als Krone und mit einem glänzenden Zepter und einem Reichsapfel in den Händen – aber als ich noch einmal hinblickte, stand dort nur Sir Walters Diener. Ist das nicht albern?« Strange lachte.
    Strange hatte so lange mit Sir Walter geplaudert, dass er fast eine Stunde zu spät zu Mr. Norrell kam, und Mr. Norrell war sehr wütend. Später am selben Tag schickte Strange der Admiralität eine Botschaft des Inhalts, dass Mr. Norrell und er das Problem der verschwundenen französischen Schiffe studiert hätten und glaubten, sie befänden sich im Atlantik unterwegs zu den Westindischen Inseln, wo sie für Ärger sorgen wollten. Weiterhin waren die Zauberer der Ansicht, dass Admiral Armingcroft die Absicht der Franzosen richtig erkannt hatte und sie verfolgte. Die Admiralität schickte gemäß dem Ratschlag von Mr. Norrell und Mr. Strange Hauptmann Lightwood die Order, dem Admiral Richtung Westen nachzusegeln. Daraufhin wurden ein paar der französischen Schiffe gekapert, und der Rest flüchtete zurück in die französischen Häfen und blieb dort.
    Arabellas Gewissen wurde von den zwei Versprechen geplagt, die sie gegeben hatte. Sie legte das Problem mehreren älteren Damen vor, Freundinnen, in deren gesunden Menschenverstand und weises Urteil sie größtes Vertrauen setzte. Natürlich präsentierte sie es in einer idealen Form, ohne einen Namen zu nennen oder die besonderen Umstände zu erwähnen. Leider hatte dies zur Folge, dass ihr Dilemma vollkommen unverständlich wurde und die älteren Damen ihr nicht helfen konnten. Es bekümmerte sie, dass sie sich Strange nicht anvertrauen konnte, aber die Angelegenheit auch nur zu erwähnen, wäre eindeutig ein Wortbruch gegenüber Sir Walter gewesen. Nach reiflicher Überlegung beschloss sie, dass ein Versprechen einer Person gegenüber, die bei Sinnen war, bindender war als ein Versprechen einer Person gegenüber, die von Sinnen war. Denn was konnte schließlich gewonnen werden, wenn sie die unsinnigen Geschichten einer armen Irren wiederholte? Deswegen erzählte sie Strange nichts von dem, was Lady Pole gesagt hatte.
    Ein paar Tage später befanden sich Mr. und Mrs. Strange in einem Haus am Bedford Square, wo ein Konzert mit italienischer Musik gegeben wurde. Arabella amüsierte sich, aber in dem Raum, in dem sie saßen, war es etwas kühl, weshalb sie in der kurzen Pause, in der sich ein neuer Sänger zu den Musikern gesellte, ohne großes Aufheben hinausschlüpfte, um ihr Schultertuch aus einem anderen Zimmer zu holen. Sie legte es sich gerade um, als sie ein leises Geräusch in ihrem Rücken hörte, sich umdrehte und Drawlight sah, der sich ihr so schnell wie ein Traum näherte und rief: »Mrs. Strange! Wie ich mich freue, Sie zu sehen! Und wie geht es der lieben Lady Pole? Wie ich höre, haben Sie sie gesehen?«
    Arabella gab widerwillig zu, dass dem so war.
    Drawlight nahm ihren Arm, hakte sich bei ihr unter, um zu verhindern, dass sie davonlief, und sagte: »Sie können sich kaum vorstellen, was für eine Mühe ich mir schon gegeben habe, um in ihr Haus eingeladen zu werden. Keiner meiner Anstrengungen war Erfolg beschieden. Sir Walter weist mich stets mit einer schäbigen Ausrede nach der anderen ab. Es ist immer das Gleiche – Ihre Ladyschaft ist krank oder es geht ihr ein bisschen besser, aber nie gut genug, um jemanden zu empfangen.«
    »Nun, ich nehme an...«, sagte Arabella.
    »Genau!«, unterbrach Drawlight sie. »Wenn sie krank ist, dann muss der Pöbel selbstverständlich fern gehalten werden. Aber das ist kein Grund, mich auszuschließen. Ich habe sie gesehen, als sie eine Leiche war! Oh ja. Ich nehme an, das wussten Sie nicht. In der Nacht, als er sie von den Toten auf erweckte, kam Mr. Norrell zu mir und flehte mich an, ihn zu begleiten. Seine Worte waren: ›Kommen Sie mit, mein lieber Drawlight, denn ich glaube nicht,

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