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Jonathan Strange & Mr. Norrell

Jonathan Strange & Mr. Norrell

Titel: Jonathan Strange & Mr. Norrell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanna Clarke
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momentan mit irgendetwas nicht ganz zufrieden.
    »Meine Anweisungen waren sehr präzise, denke ich!«, sagte er zu den beiden Offizieren. »Die Portugiesen sollten allen Mais vernichten, den sie nicht wegbringen können, damit er den Franzosen nicht in die Hände fällt. Aber ich habe gerade den halben Tag lang zugesehen, wie französische Soldaten in die Höhlen bei Cartaxo stiegen und Säcke hinaustrugen.«
    »Den portugiesischen Bauern fällt es sehr schwer, ihren Mais zu vernichten. Sie haben Angst zu hungern«, erklärte einer der Offiziere.
    Der andere Offizier äußerte die Hoffnung, es sei womöglich gar kein Mais gewesen, den die Franzosen in den Säcken fanden, sondern etwas anderes, viel Nutzloseres. Vielleicht Gold oder Silber?
    Lord Wellington warf ihm einen kalten Blick zu. »Die französischen Soldaten haben die Säcke zu den Windmühlen getragen. Die Segel haben sich weithin sichtbar gedreht. Glauben Sie vielleicht, sie haben Gold gemahlen? Dalziel, bitte schicken Sie eine Beschwerde an die portugiesische Obrigkeit!« Sein Blick, der wütend durch den Raum schweifte, blieb an Strange hängen. »Wer ist das?«, fragte er.
    Der Offizier mit Namen Dalziel murmelte etwas ins Ohr Seiner Lordschaft.
    »Ach!«, sagte Lord Wellington und fügte, an Strange gewandt, hinzu: »Sie sind der Zauberer.« Seine Feststellung war von einem kaum hörbaren fragenden Tonfall durchdrungen.
    »Ja«, sagte Strange.
    »Mr. Norrell?«
    »Ahm, nein. Mr. Norrell ist in England. Ich bin Mr. Strange.«
    Lord Wellington verzog keine Miene.
    »Der andere Zauberer«, erklärte Strange.
    »Ich verstehe«, sagte Lord Wellington.
    Der Offizier namens Dalziel starrte Strange überrascht an, als wäre es, nachdem Lord Wellington festgestellt hatte, wer er war, ziemlich ungehörig zu behaupten, ein anderer zu sein.
    »Nun, Mr. Strange«, sagte Lord Wellington, »ich fürchte, Sie haben Ihre Reise umsonst gemacht. Ich muss Ihnen ganz offen sagen, hätte ich Ihr Kommen verhindern können, so hätte ich es getan. Aber da Sie nun schon mal da sind, kann ich die Gelegenheit nutzen und Ihnen erklären, welch ein Ärgernis Sie und der andere Herr für die Armee sind.«
    »Ärgernis?«, sagte Strange.
    »Ärgernis«, wiederholte Lord Wellington. »Die Visionen, die Sie den Ministern gezeigt haben, haben sie in dem Glauben bestärkt, sie verstünden, wie sich die Dinge in Portugal verhalten. Sie haben mir zahlreiche weitere Aufträge geschickt und sich in viel größerem Maße eingemischt, als sie es sonst getan hätten. Nur ich weiß, wie man in Portugal vorzugehen hat, Mr. Strange, da nur ich mit den Umständen völlig vertraut bin. Ich sage nicht, dass Sie und der andere Herr nicht woanders gute Taten vollbracht haben – die Kriegsmarine scheint zufrieden zu sein; da kenne ich mich nicht aus –, aber was ich sage, ist, dass ich hier in Portugal keinen Zauberer brauche.«
    »Aber hier in Portugal, mein Lord, kann mit der Zauberei kein Missbrauch getrieben werden, da ich voll und ganz zu Ihren Diensten und Ihnen zu Befehl stehe.«
    Lord Wellington warf Strange einen scharfen Blick zu. »Was ich vor allem brauche, sind Männer, mehr Männer. Können Sie welche machen?«
    »Männer? Nun, das hängt davon ab, was Ihre Lordschaft damit meint. Es ist eine interessante Frage ...« Zu Stranges großem Unbehagen klang er, wie er merkte, genau wie Mr. Norrell.
    »Können Sie welche machen?«, unterbrach ihn Lord Wellington.
    »Nein.«
    »Können Sie die Kugeln, die die Franzosen treffen sollen, schneller fliegen lassen? Sie fliegen jetzt schon sehr schnell. Können Sie vielleicht die Erde umgraben und die Steine fortschaffen und mir Bollwerke, Schanzen und andere Verteidigungsanlagen bauen?«
    »Nein, mein Lord. Aber...«
    »Der Kaplan im Hauptquartier heißt Mr. Briscall. Der Leitende Sanitätsoffizier heißt Dr. McGrigor. Sollten Sie sich dazu entschließen, in Portugal zu bleiben, so schlage ich vor, Sie wenden sich an diese Herren. Vielleicht können Sie ihnen nützlich sein. Mir sind Sie es nicht.« Lord Wellington wandte sich ab und befahl umgehend jemandem namens Thornton, das Abendessen vorzubereiten. Auf diese Art wurde Strange bedeutet, dass die Unterredung beendet war.
    Strange war es gewohnt, von Ministern respektvoll behandelt zu werden. Er war es gewohnt, von den Spitzen des Landes als Gleichgestellter betrachtet zu werden. Plötzlich mit den Kaplanen und Ärzten der Armee – schnöden Statisten – in eine Reihe gestellt zu werden, war

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