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Jonathan Strange & Mr. Norrell

Jonathan Strange & Mr. Norrell

Titel: Jonathan Strange & Mr. Norrell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanna Clarke
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Ort«, sagte er. »Lord Wellington geht dahin, wo man ihn braucht. Und Lord Wellington«, fügte er zu Stranges besserem Verständnis hinzu, »wird überall gebraucht.«
    Ein weiterer Offizier in einer hellroten Jacke, die großzügig mit silbernen Tressen versehen war, sagte etwas freundlicher: »Wellington ist auf den Linien.«
    »Auf den Linien?«, sagte Strange.
    »Ja.«
    Leider war dies keine so klare und hilfreiche Erklärung, wie vom Offizier beabsichtigt. Aber Strange hatte das Gefühl, er habe seine Unwissenheit nun lange genug zur Schau gestellt. Seine Lust, Fragen zu stellen, war weitgehend verflogen.
    »Lord Wellington ist auf den Linien.« Dies war ein sehr merkwürdiger Satz, und hätte man Strange gebeten, seine Bedeutung auf gut Glück zu erraten, so hätte er angenommen, es handele sich um einen umgangssprachlichen Ausdruck für Trunkenheit.
    Er ging ins Hotel und wies den Portier an, Jeremy Johns zu suchen. Wenn schon irgendjemand vor der britischen Armee unwissend und dumm dastehen musste, dann sollte es Jeremy sein.
    »Da bist du ja!«, sagte er, als Jeremy auftauchte. »Geh und such dir einen Soldaten oder Offizier und frag ihn, wo ich Lord Wellington finden kann.«
    »Sicher, Sir. Aber wollen Sie sich nicht selbst erkundigen?«
    »Unmöglich. Ich muss ein wenig zaubern.«
    Also ging Jeremy nach draußen und kam nach kurzer Zeit wieder.
    »Hast du es herausgefunden?«, fragte Strange.
    »Aber ja, Sir!«, sagte Jeremy strahlend. »Es ist kein großes Geheimnis. Er ist auf den Linien.«
    »Ja, aber was bedeutet das?«
    »Ich bitte Sie, Sir! Der Herr sagte es so selbstverständlich, als wäre es die gewöhnlichste Sache der Welt. Ich dachte, Sie wüssten Bescheid.«
    »Nun, das ist ein Irrtum. Vielleicht sollte ich lieber Prideaux fragen.«
    Mr. Prideaux war entzückt, helfen zu dürfen. Nichts auf der Welt war einfacher. Mr. Strange sollte sich ins Hauptquartier der Armee begeben. Dort konnte er Seine Lordschaft sicherlich ausfindig machen. Es lag ungefähr eine halbe Tagesreise von der Stadt entfernt. Vielleicht ein bisschen mehr. »So weit wie von Tyburn nach Godalming, Sir, falls Sie das vor Augen haben.«
    »Nun, wenn Sie so freundlich wären und es mir auf einer Karte zeigen würden ...«
    »Gotte segne Sie, Sir!«, sagte Mr. Prideaux ziemlich amüsiert. »Allein würden Sie es nie finden. Ich besorge Ihnen jemanden, der Sie begleitet.«
    Die Person, die Mr. Prideaux besorgte, war ein Versorgungsunteroffizier, der in Torres Vedras zu tun hatte, einer Stadt, die vier oder fünf Meilen hinter dem Hauptquartier lag. Der Versorgungsunteroffizier sagte, es sei ihm eine Freude, Strange zu begleiten und ihm den Weg zu zeigen.
    Endlich, dachte Strange, komme ich voran.
    Der erste Teil der Reise verlief durch eine liebliche Landschaft aus Feldern und Weingärten, hier und da standen hübsche kleine weiß gestrichene Bauernhäuser und Windmühlen aus Stein mit weißen Leinensegeln. Zahlreiche portugiesische Soldaten in braunen Uniformen marschierten auf der Straße hin und her, und es gab auch ein paar britische Offiziere, deren hellere rote und blaue Uniformen – zumindest in Stranges patriotischen Augen – sehr viel männlicher und kriegerischer aussahen. Nachdem sie drei Stunden lang geritten waren, sahen sie einen Gebirgszug vor sich, der wie eine Wand aus der Ebene ragte.
    Als sie in ein enges Tal zwischen zwei der höchsten Berge kamen, sagte der Versorgungsunteroffizier: »Hier fangen die Linien an. Sehen Sie die Festung dort oben neben dem Pass?« Er deutete nach rechts. Die »Festung« hatte, so schien es, ihr Leben zunächst als Windmühle begonnen und war erst kürzlich mit allen möglichen Zusätzen wie Bollwerk, Festungsmauer und Schießscharten versehen worden. »Und die andere Festung auf der anderen Seite des Passes?«, fügte der Versorgungsunteroffizier hinzu. Er deutete nach links. »Und dann auf dem nächsten Felsvorsprung noch eine kleine Festung? Und dahinter – obwohl Sie sie gerade nicht sehen können, weil es heute dunstig und bewölkt ist – gibt es noch eine. Und so weiter und so fort. Eine ganze Linie aus Festungen zwischen Tejo und Meer! Aber das ist noch nicht alles! Es gibt noch zwei weitere Linien nördlich von hier. Insgesamt drei Linien!«
    »In der Tat eindrucksvoll. Und haben die Portugiesen die Linien gebaut?«
    »Nein, Sir. Das war Lord Wellington. Die Franzosen kommen hier nicht durch. Ein Käfer kommt hier nicht durch, außer er hat ein Papier, das Lord

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