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Jonathan Strange & Mr. Norrell

Jonathan Strange & Mr. Norrell

Titel: Jonathan Strange & Mr. Norrell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanna Clarke
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Strange wirklich nicht bitten, dauernd in Spiegel und Wasserschüsseln zu gucken, um herauszufinden, wie weit jedes Regiment ist. Sie und Ihre Burschen müssen Schritt halten, Oberst Mackenzie. Das ist alles.«
    Kurz danach erfuhr das britische Hauptquartier von einem Vorfall, der einen großen Teil der französischen Armee auf ihrem Marsch von Guarda nach Sabugal betroffen hatte. Ein Spähtrupp war ausgesandt worden, um die Straße zwischen den beiden Städten in Augenschein zu nehmen, als ein paar Portugiesen des Weges kamen. Sie erzählten dem Spähtrupp, dies sei eine der Straßen des englischen Zauberers, die mit großer Sicherheit in ein oder zwei Stunden verschwinden und jeden, der auf ihr marschierte, in die Hölle – oder nach England – bringen werde. Sobald dieses Gerücht die Soldaten erreichte, weigerten sie sich standhaft, die Straße zu benutzen – die in Wirklichkeit echt war und seit fast tausend Jahren existierte. Stattdessen folgten die Franzosen einem Serpentinenweg über die Berge und durch felsige Täler, der ihre Stiefel abnutzte und ihre Kleider zerriss und sie mehrere Tage Verspätung kostete.
    Lord Wellington hätte nicht erfreuter sein können.
KAPITEL 30
Robert Findhelms Buch
Januar bis Februar 1812
    Vom Haus eines Zauberers erwartet man gewisse Eigenarten, aber das Eigenartigste an Mr. Norrells Haus war ohne Zweifel Childermass. In keinem anderen Haushalt Londons gab es einen Diener wie ihn. Am einen Tag konnte man ihn beobachten, wie er, einem gemeinen Diener gleich, eine schmutzige Tasse wegräumte und Krümel vom Tisch wischte, und am nächsten Tag platzte er in einen Raum voll Admirälen, Generälen und Adligen hinein, um ihnen mitzuteilen, in welchen Einzelheiten sie sich seiner Meinung nach getäuscht hatten. Mr. Norrell hatte den Herzog von Devonshire einmal streng zurechtgewiesen, weil er gleichzeitig mit Childermass gesprochen hatte.
    Eines nebligen Tages Ende Januar 1812 betrat Childermass die Bibliothek am Hanover Square, in der Mr. Norrell am Arbeiten war. Er setzte ihn mit knappen Worten davon in Kenntnis, dass er geschäftlich fortmüsse und nicht wisse, wann er wiederkäme. Nachdem er den anderen Dienstboten verschiedene Anweisungen und Aufgaben für seine Abwesenheit erteilt hatte, bestieg er sein Pferd und ritt davon.
    In den drei folgenden Wochen erhielt Mr. Norrell von ihm vier Briefe: einen aus Newark in Nottinghamshire, einen aus York im Westen Yorkshires, einen aus Richmond im Norden Yorkshires und einen aus Sheffield im Westen Yorkshires. Doch die Briefe handelten nur von geschäftlichen Angelegenheiten und warfen kein Licht auf die geheimnisvolle Reise.
    An einem Abend in der zweiten Februarhälfte kehrte er zurück. Lascelles und Drawlight hatten am Hanover Square zu Abend gegessen und saßen mit Mr. Norrell im Salon, als Childermass eintrat. Er kam direkt aus dem Stall; seine Stiefel und seine Reithose waren schmutzverspritzt und sein Rock war feucht vom Regen.
    »Wo um alles in der Welt warst du?«, fragte Mr. Norrell.
    »In Yorkshire«, sagte Childermass. »Ich habe Nachforschungen zu Vinculus angestellt.«
    »Hast du Vinculus gesehen?«, fragte Drawlight neugierig.
    »Nein.«
    »Weißt du, wo er ist?«, fragte Mr. Norrell.
    »Nein.«
    »Hast du Vinculus' Buch gefunden?«, fragte Lascelles.
    »Nein.«
    »Ts«, sagte Lascelles. Er beäugte Childermass abschätzig. »Wenn ich Ihnen raten darf, Mr. Norrell, dann sollten Sie Mr. Childermass nicht gestatten, noch mehr Zeit an Vinculus zu verschwenden. Seit Jahren hat niemand irgendetwas von ihm gehört oder gesehen. Wahrscheinlich ist er tot.«
    Childermass setzte sich aufs Sofa wie jemand, der das uneingeschränkte Recht dazu besaß, und meinte: »Die Karten sagen, dass er nicht tot ist. Die Karten sagen, dass er immer noch am Leben ist und immer noch das Buch hat.«
    »Die Karten! Die Karten!«, rief Mr. Norrell. »Ich habe dir schon tausendmal gesagt, wie sehr ich es hasse, wenn du diese Karten erwähnst! Tu mir den Gefallen und verbann sie aus dem Haus und sprich nie wieder davon.«
    Childermass warf seinem Herrn einen kühlen Blick zu. »Möchten Sie hören, was ich erfahren habe, oder nicht?«, fragte er.
    Mr. Norrell nickte verdrossen.
    »Gut«, sagte Childermass. »In Ihrem Interesse, Mr. Norrell, habe ich mich bemüht, meine Verbindungen zu Vinculus' sämtlichen Ehefrauen auszubauen. Es schien mir immer fast unmöglich, dass nicht eine von ihnen etwas wüsste, was uns weiterhelfen würde. Es schien mir,

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