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Jonathan Strange & Mr. Norrell

Jonathan Strange & Mr. Norrell

Titel: Jonathan Strange & Mr. Norrell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanna Clarke
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sämtliche schöne Frauen der Geschichte zur Teilnahme auffordern. Helena von Troja, Kleopatra, Lucrezia Borgia, Maid Marian und Madame Pompadour. Ich würde sie alle herbeizitieren, damit sie mit Ihnen, meine Herrschaften, tanzen. Und wenn die Franzosen am Horizont auftauchen, dann würde ich einfach« – er machte eine unbestimmte Handbewegung – »irgendetwas tun, und sie würden alle tot umfallen.«
    »Kann ein Zauberer einen Menschen durch Zauberei töten?«, fragte Lord Wellington Strange.
    Strange runzelte die Stirn. Die Frage schien ihm zu missfallen.
    »Ich nehme an, dass ein Zauberer es könnte«, räumte er ein, »aber ein Gentleman würde so etwas nie tun.«
    Lord Wellington nickte, als sei das genau die Antwort, die er erwartet hatte. Dann sagte er: »Diese Straße, Mr. Strange, die Sie uns freundlicherweise angeboten haben – was für eine Art Straße wäre das?«
    »Oh, die Details zu klären ist das Einfachste auf der Welt, mein Lord. Welche Art von Straße hätten Sie denn gern?«
    Die Offiziere und Herren, die um Lord Wellingtons Esstisch saßen, sahen sich an; sie hatten daran noch keinen Gedanken verschwendet.
    »Vielleicht eine Straße aus Kalksand?«, sagte Strange hilfsbereit. »Eine Straße aus Kalksand ist hübsch.«
    »Bei Trockenheit zu staubig und bei Regen ein Schlammfluss«, sagte Lord Wellington. »Nein, nein. Eine Straße aus Kalksand geht nicht. Eine Straße aus Kalksand ist kaum besser als überhaupt keine Straße.«
    »Wie wäre es mit einer gepflasterten Straße?«, schlug General Murray vor.
    »Pflastersteine nutzen die Stiefel der Männer ab«, sagte Wellington.
    »Und außerdem wird die Artillerie nicht einverstanden sein«, sagte der Herr mit den fuchsroten Haaren und dem Fuchsgesicht. »Es wird verflucht schwer sein, die Kanonen über eine gepflasterte Straße zu ziehen.«
    Jemand anderes schlug eine Schotterstraße vor. Doch die unterlag, meinte Wellington, den gleichen Bedenken wie eine Straße aus Kalksand: Im Regen würde sie sich in einen Schlammfluss verwandeln – und die Portugiesen schienen davon auszugehen, dass es am nächsten Tag wieder regnen würde.
    »Nein«, sagte Seine Lordschaft. »Ich glaube, Mr. Strange, am besten würde uns eine Straße nach römischem Vorbild passen, mit einem netten Graben an jeder Seite, damit das Wasser abfließen kann, und guten flachen Steinen obendrauf, die passgenau verlegt sind.«
    »Sehr gut«, sagte Strange.
    »Wir brechen bei Tagesanbruch auf«, sagte Wellington.
    »Wenn jemand so freundlich wäre, mein Lord, mir zu zeigen, wo die Straße verlaufen soll, dann werde ich mich umgehend darum kümmern.«
    Am Morgen stand die Straße zur Verfügung. Lord Wellington ritt auf Kopenhagen – seinem Lieblingspferd –, und Strange ritt neben ihm auf Ägypter – seinem Lieblingspferd. In gewohnt entschiedener Art wies Wellington auf die Punkte hin, die ihm an der Straße besonders gefielen, sowie auf die, die ihm nicht gefielen. »... aber ich habe wirklich kaum etwas auszusetzen. Es ist eine hervorragende Straße! Ob Sie sie morgen nur etwas breiter machen könnten, bitte.«
    Lord Wellington und Strange waren sich einig, dass die Straße ein paar Stunden, bevor das erste Regiment sie betrat, zur Verfügung stand, und eine Stunde, nachdem der letzte Soldat auf ihr marschiert war, wieder verschwand. Damit sollte verhindert werden, dass die französische Armee einen Nutzen aus den Straßen zog. Der Erfolg dieses Plans hing von Wellingtons Stab ab, der Strange mit präzisen Angaben über Beginn und Ende der Truppenbewegungen versorgen sollte. Es lag auf der Hand, dass diese Berechnungen nicht immer zutrafen. Etwa eine Woche nach dem Auftauchen der ersten Straße wurde Oberst Mackenzie vom II. Infanterieregiment in größter Aufregung bei Lord Wellington vorstellig. Er beklagte sich darüber, dass der Zauberer die Straße hatte verschwinden lassen, bevor sein Regiment sie erreicht hatte.
    »Als wir nach Celorico kamen, mein Lord, verschwand sie unter unseren Füßen. Eine Stunde später hatte sie sich komplett aufgelöst. Könnte der Zauberer nicht ein paar Visionen aufbieten, um festzustellen, was die einzelnen Regimenter gerade machen? Soweit ich weiß, ist das eine leichte Aufgabe für ihn. Damit könnte er sicherstellen, dass die Straßen nicht verschwinden, solange wir sie noch brauchen.«
    »Der Zauberer hat eine Menge zu tun«, sagte Lord Wellington scharf. »Beresford braucht Straßen. 65 Ich brauche Straßen. Ich kann Mr.

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