Jonathan Strange & Mr. Norrell
sind, Sir. Ich bin so froh, Sie zu sehen. Ich hoffe, wir können uns zahlreiche Stunden der Unterhaltung gönnen. Mr. Lascelles und Mr. Drawlight waren oft hier...«
Strange sagte, das könne er sich vorstellen.
»... aber mit ihnen kann man sich nicht über Zauberei unterhalten. Kommen Sie morgen wieder. Kommen Sie früh. Kommen Sie zum Frühstück!«
KAPITEL 32
Der König
November 1814
Anfang November 1814 wurde Mr. Norrell die Ehre eines Besuchs hochadliger Herren zuteil – ein Graf, ein Herzog und zwei Barone –, die mit ihm über ein äußerst delikates Thema zu sprechen wünschten und so diskret waren, dass Mr. Norrell nach einer halben Stunde noch immer nicht die geringste Ahnung hatte, was sie von ihm wollten.
Wie sich herausstellte, waren diese hoch gestellten Herren Abgesandte eines noch höher Gestellten – des Herzogs von York –, und sie waren gekommen, um mit Mr. Norrell über den Wahnsinn des Königs zu sprechen. Die Söhne des Königs hatten ihrem Vater vor kurzem einen Besuch abgestattet und waren von seinem betrüblichen Zustand schockiert gewesen; und obwohl sie alle selbstsüchtig waren und ein paar von ihnen ein ausschweifendes Leben führten und keiner von ihnen dazu neigte, Opfer zu bringen, waren sie sich doch einig, dass ihnen keine Summe zu hoch wäre und sie sich jedes Bein und jeden Arm abhacken würden, um dem König das Leben ein bisschen zu erleichtern.
Aber so wie die Kinder des Königs untereinander stritten, welcher Arzt den König behandeln sollte, so stritten sie, ob sie einen Zauberer zu Rate ziehen sollten oder nicht. Vor allem der Prinzregent war dagegen. Viele Jahre zuvor, als der große Mr. Pitt noch lebte, hatte der König unter einem heftigen Anfall von Wahnsinn gelitten und der Prinz an seiner statt regiert, aber dann erholte sich der König, und der Prinz musste seine Macht und Privilegien wieder abgeben. Von allen unerquicklichen Verhältnissen auf der Welt, dachte der Prinzregent, war es das unerquicklichste, morgens aufzustehen und nicht zu wissen, ob man Großbritannien regierte oder nicht. Das mochte man dem Prinzen vergeben, dass er wünschte, der König solle entweder wahnsinnig bleiben oder zumindest die Erleichterung erfahren, die der Tod mit sich bringt.
Mr. Norrell, der den Prinzregenten keinesfalls brüskieren wollte, bot keine Hilfe an und fügte hinzu, dass er sehr bezweifle, ob die Krankheit des Königs auf eine Behandlung mit Zauberei anspräche. Und so fragte der zweite Sohn des Königs, der Herzog von York, ein Mann des Militärs, den Herzog von Wellington, ob man Mr. Strange überreden könne, den König aufzusuchen.
»Oh, aber gewiss«, erwiderte der Herzog von Wellington. »Mr. Strange freut sich über jede Gelegenheit, zu zaubern. Nichts ist ihm lieber. Die Aufgaben, die ich ihm in Spanien stellte, waren mit allen möglichen Schwierigkeiten verbunden, und er legte großen Wert darauf, sich ständig zu beschweren, aber in Wahrheit war er überglücklich. Ich halte sehr viel von Mr. Stranges Fähigkeiten. Spanien ist, wie Eure Königliche Hoheit wissen, eins der unzivilisiertesten Länder der Welt, die Straßen von einem Ende des Landes zum anderen sind meist nicht besser als Ziegenpfade. Aber dank Mr. Strange hatten meine Männer gute englische Straßen zur Verfügung, wann immer wir sie brauchten, und wenn uns ein Berg oder ein Wald oder eine Stadt im Weg waren, nun, dann hat Mr. Strange sie einfach an einen anderen Ort verlegt.«
Der Herzog von York erklärte, König Ferdinand von Spanien habe sich beim Prinzregenten brieflich beschwert, dass der englische Zauberer große Teile seines Königreichs bis zur Unkenntlichkeit verändert hatte, und verlangt, dass Mr. Strange zurückkehrte und das ursprüngliche Aussehen des Landes wiederherstellte.
»Oh«, sagte der Herzog von Wellington ohne großes Interesse, »sie greinen immer noch, was?«
Infolge dieses Gesprächs betrat Arabella Strange eines Donnerstagvormittags ihren Salon und fand dort die gesamte männliche Nachkommenschaft des Königs vor. Es waren ihrer fünf; ihre Königlichen Hoheiten die Herzöge von York, Clarence, Sussex, Kent und Cambridge. Sie waren alle zwischen vierzig und fünfzig Jahre alt. Alle waren einst ansehnlich gewesen, aber da sie gern aßen und tranken, waren sie mittlerweile ziemlich beleibt.
Mr. Strange stand da, den Ellbogen auf den Kaminsims gestützt, eins von Mr. Norrells Büchern in der Hand und einen Ausdruck höflichen Interesses im Gesicht, während
Weitere Kostenlose Bücher