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Jonathan Strange & Mr. Norrell

Jonathan Strange & Mr. Norrell

Titel: Jonathan Strange & Mr. Norrell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanna Clarke
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Rätsel.«
    »Das scheint mir kein großes Rätsel. Ehefrauen, auch verrückte Ehefrauen, haben Mittel und Wege, von ihren Männern zu bekommen, was sie wollen.«
    »Aber Sir Walter hatte die Schlüssel nicht. Das ist das Merkwürdige an der Geschichte. Die Pistolen waren die einzigen Feuerwaffen im Haus, und Sir Walter war natürlich besorgt um die Sicherheit seiner Frau und seiner Besitztümer, da er so oft außer Haus ist. Die Schlüssel befanden sich in der Obhut des Butlers – das ist dieser große schwarze Mann, ich nehme an, du weißt, wen ich meine. Sir Walter versteht nicht, wie ihm ein solcher Fehler unterlaufen konnte. Sir Walter sagt, dass er normalerweise der verlässlichste und vertrauenswürdigste Mensch der Welt ist. Aber natürlich weiß man nie, was die Dienstboten wirklich denken«, fuhr Mr. Norrell unbekümmert fort, nicht eingedenk, dass er mit einem Dienstboten sprach. »Und doch kann man nicht davon ausgehen, dass dieser Mann etwas gegen mich hatte. Ich habe im Leben keine drei Worte mit ihm gewechselt. Natürlich könnte ich Lady Pole wegen Mordversuchs anzeigen. Gestern war ich entschlossen dazu. Aber mehrere Personen legten mir nahe, Rücksicht auf Sir Walter zu nehmen. Lord Liverpool und Mr. Lascelles sind dieser Ansicht, und ich glaube, sie haben Recht. Sir Walter ist der englischen Zauberei ein guter Freund. Ich möchte ihm keinen Grund geben, zu bedauern, dass er mein Freund ist. Sir Walter hat mir feierlich geschworen, dass er sie irgendwohin aufs Land bringen wird, wo sie niemanden empfangen und niemand sie besuchen wird.«
    Mr. Norrell machte sich nicht die Mühe, Childermass' Wünsche in dieser Hinsicht zu erkunden. Obwohl es Childermass war, der mit Schmerzen und Blutverlust im Bett lag, und Mr. Norrells Verletzungen lediglich aus einem leichten Kopfschmerz und einem kleinen Schnitt im Finger bestanden, hegte Mr. Norrell keinen Zweifel daran, dass die Sünde gegen ihn schwerer wog.
    »Von wem also stammte der Zauber?«, fragte Childermass.
    »Von mir natürlich!«, erklärte Mr. Norrell verärgert. »Von wem hätte er denn sonst sein sollen? Es war der Zauber, mit dem ich sie von den Toten zurückgeholt habe. Den hast du gespürt, und Belasis' Scopus hat ihn entdeckt. Ich war noch am Anfang meiner Karriere und nehme an, dass es zu Unregelmäßigkeiten gekommen ist, die den Spruch vielleicht eine merkwürdige Wendung haben nehmen lassen und...«
    »Eine merkwürdige Wendung?«, sagte Childermass heiser. Er musste husten. Nachdem er wieder Atem geschöpft hatte, fügte er hinzu: »Die ganze Zeit über schwebte ich in Gefahr, irgendwohin gebracht zu werden, wo alles Zauberei atmete. Der Himmel sprach zu mir! Alles sprach zu mir. Wie war das möglich?«
    Mr. Norrell zog eine Augenbraue hoch. »Ich weiß es nicht. Vielleicht warst du betrunken.«
    »Haben Sie mich bei der Ausübung meiner Pflichten jemals betrunken erlebt?«, fragte Childermass eisig.
    Norrell zuckte abwehrend die Schultern. »Ich habe nicht die leiseste Ahnung, was du tust. Mir scheint, dass du von dem Augenblick, da du in mein Haus gekommen bist, nur deinen eigenen Gesetzen gefolgt bist.«
    »Aber die Vorstellung ist doch nicht so abwegig, wenn man sie im Licht alter englischer Zauberei betrachtet«, beharrte Childermass. »Haben Sie mir nicht erzählt, dass die Aureaten Bäume, Hügel, Flüsse und so weiter für lebendige Geschöpfe hielten, mit eigenen Gedanken, Erinnerungen und Wünschen? Die Aureaten glaubten, dass die ganze Welt gewohnheitsmäßig zaubert.«
    »Manche der Aureaten glaubten das, ja. Diesen Glauben übernahmen sie von ihren Elfendienern, die einen Teil ihrer außergewöhnlichen Zauberkräfte der Fähigkeit zuschrieben, mit Bäumen und Flüssen und so weiter sprechen und sich mit ihnen anfreunden und verbünden zu können. Aber es gibt keinen Grund für die Annahme, dass sie Recht hatten. Meine eigene Zauberkunst verlässt sich nicht auf so unsinnige Vorstellungen.«
    »Der Himmel sprach zu mir«, wiederholte Childermass. »Wenn wahr ist, was ich gesehen habe, dann ...« Er hielt inne.
    »Dann was?«, fragte Mr. Norrell.
    In seinem geschwächten Zustand hatte Childermass laut gedacht. Er hatte sagen wollen, wenn es die Wahrheit wäre, was er gesehen hatte, dann sei alles, was Norrell und Strange je getan hatten, ein Kinderspiel, und Zauberei sei seltsamer und Furcht erregender, als die beiden ahnten. Strange und Norrell hatten lediglich mit Papierpfeilen in einem Wohnzimmer um sich geworfen,

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