Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Jonathan Strange & Mr. Norrell

Jonathan Strange & Mr. Norrell

Titel: Jonathan Strange & Mr. Norrell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanna Clarke
Vom Netzwerk:
zurückgerufen, sondern ihr die zwei- oder dreifache Menge des Lebens eingehaucht, das zuvor in ihr gewesen war.
    Es war sehr merkwürdig.
    »Natürlich«, sagte Sir Walter. »Wenn Sie sich wohl genug fühlen, um körperliche Bewegung auf sich zu nehmen, dann wird Sie, da bin ich sicher, niemand daran hindern – nichts ist so gut geeignet, Sie zu kräftigen und Ihre Gesundheit zu stärken, wie regelmäßige körperliche Betätigung. Aber im Moment wäre es vielleicht besser, Sie gingen nicht aus, ohne irgendjemandem Bescheid zu sagen. Sie sollten nicht nur Barnard haben, um Sie zu beschützen. Von morgen an werde ich diese Ehre für mich in Anspruch nehmen.«
    »Aber Sie werden zu tun haben, Sir Walter«, erinnerte sie ihn. »Sie werden all Ihre Regierungsgeschäfte haben, um die Sie sich kümmern müssen.«
    »Wohl wahr, dennoch ...«
    »Ach! Ich weiß, dass Sie mehr oder weniger dauernd von Ihren Geschäften in Beschlag genommen sind. Ich weiß, dass ich nichts anderes erwarten darf.«
    Sie schien sich so freudig in das Schicksal zu fügen, von ihm vernachlässigt zu werden, dass er gar nicht anders konnte, als den Mund zum Widerspruch zu öffnen – doch er wusste, dass sie Recht hatte, und das hinderte ihn daran, ein Wort von sich zu geben. Von dem Moment an, da er sie in Lady Winsells Haus in Bath zum ersten Mal gesehen hatte, war er ganz und gar hingerissen von ihrer Schönheit und Eleganz – und hatte rasch entschieden, dass es gut wäre, sie nicht nur zu heiraten, sobald es sich auf angemessene Weise einrichten ließ, sondern sie auch besser kennen zu lernen, denn er begann zu vermuten, dass sie, ganz abgesehen vom Geld, als Ehefrau sehr gut zu ihm passen würde. Er meinte, ein Stündchen Unterhaltung könnte die Bemühungen um den Grundstock aus rückhaltloser Offenheit und vollständigem Vertrauen, wie man ihn sich zwischen Eheleuten so sehr wünscht, stark befördern. Er setzte große Hoffnungen darauf, dass ein solches Tête-à-Tête in kurzer Zeit reichlich Zeugnis gegenseitiger Sympathie und gemeinsamer Vorlieben hervorbringen werde. Verschiedentliche Äußerungen ihrerseits hatten ihn zu dieser Hoffnung ermutigt. Als Mann, der noch dazu klug und bereits zweiundvierzig Jahre alt war, verfügte er natürlich über ein großes Maß an Kenntnissen und über eine Meinung zu fast jedem Thema, das man zu erwähnen beliebte, und nichts hätte er lieber getan, als all das einer reizenden jungen Frau von neunzehn Jahren anzuvertrauen, die es seiner Ansicht nach als ungemein spannend empfinden musste. Doch weil er so beschäftigt und ihre Gesundheit so angegriffen gewesen war, hatten sie diese interessante Unterhaltung noch vor sich; und nun erklärte sie ihm, sie erwarte nach ihrer Hochzeit keine großen Veränderungen. Sie schien sich nicht daran zu stören. Vielmehr machte sie den Eindruck, als amüsierte es sie, dass er sich je die Illusion gemacht hatte, die Dinge könnten sich anders verhalten.
    Leider war er schon etwas spät dran für eine Verabredung mit dem Außenminister, deshalb nahm er Miss Wintertownes Hand (ihre vollständige rechte Hand) und küsste sie sehr galant; er sagte ihr, wie sehr er sich auf den nächsten Tag freue, der ihn zum glücklichsten aller Männer machen werde; hörte sich höflich – mit dem Hut in der Hand – Mrs. Wintertownes kleinen Vortrag zu diesem Thema an; und verließ das Haus mit dem Entschluss, das Problem später zu überdenken – nun ja, sobald er Zeit dazu finden würde.
    Am nächsten Morgen fand in der St.-George-Kirche am Hanover Square die Hochzeit statt. Fast sämtliche Minister Seiner Majestät, zwei oder drei Königliche Herzöge, ein halbes Dutzend Admiräle, ein Bischof und mehrere Generäle wohnten der Zeremonie bei. Doch leider muss ich sagen, dass sich an dem Tag, an dem Miss Wintertowne Sir Walter Pole heiratete, niemand auch nur im Geringsten für diese Männer interessierte – und dies trotz ihrer überragenden Bedeutung für Frieden und Wohlstand der ganzen Nation. Der Mann, der fast alle Blicke auf sich zog, der Mann, auf den jeder, seinem Nachbarn zuflüsternd, deutete, war der Zauberer, Mr. Norrell.
KAPITEL 10
Die Schwierigkeit,
für einen Zauberer eine Aufgabe zu finden
Oktober 1807
    Sir Walter beabsichtigte, die anderen Minister in kleinen Schritten mit dem Thema Zauberei vertraut zu machen, damit sie sich allmählich an die Idee gewöhnen konnten, bevor er ihnen vorschlug, Mr. Norrells Qualitäten im Krieg zu erproben. Er fürchtete, sie

Weitere Kostenlose Bücher