Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Jones, Diana Wynne

Jones, Diana Wynne

Titel: Jones, Diana Wynne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: 03 Der Fluss der Seelen
Vom Netzwerk:
Müllers, mit seinem Langbogen an der Reihe vorbeischritt, sich hinkniete und zielte. Korib ist ein guter Schütze. Hern knallte die Lade gerade noch rechtzeitig zu. Im nächsten Augenblick schlug der Pfeil mit einem dumpfen Tock ein und drückte die Lade wieder auf. Hern knallte sie abermals zu und legte die Planke vor. »Uff!«, machte er. »Lasst uns verschwinden.«
    »Aber sie werden uns sehen. Und dann schießen sie«, wandte ich ein. Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Beinah hätte ich die Hände gerungen wie Robin.
    »Kommt mit«, sagte Hern. Robin und er packten Gull und führten ihn in den Holzschuppen.
    »Nur noch ganz kurz«, sagte Entchen. Platschend rannte er an die schwarze Lache, die den Herd umgab, und nahm die Unvergänglichen aus ihren Nischen. Noch heute erschrecke ich mich, wenn ich daran denke, wie er sie bei den Köpfen fasste und in der Armbeuge stapelte, als wären es Puppen.
    »Nein, Entchen«, wandte Robin ein. »Sie gehören an den Herd. Du hast doch gehört, was dein Vater gesagt hat.«
    »Das«, entgegnete Entchen, »ist wirklich kompletter Unsinn, Robin. Der Herd ist jetzt in den Feuertöpfen, und die Feuertöpfe stehen im Boot. Hier.« Er drückte Hern den Jüngling in die Hand. Ich bemerkte, dass Hern sich nicht zierte. Weil Robin mit Gull beschäftigt war, schob Entchen mir den Einen zu; die Dame behielt er selbst. Sie ist immer sein Liebling gewesen. Der Eine war schwer und fühlte sich kalt und rau an. Ich hatte Angst vor ihm, aber noch mehr als ihn fürchtete ich, im Wasser auszurutschen und ihn fallen zu lassen. Ich trug ihn so behutsam zum Boot, dass die anderen mir zuriefen, ich möge mich doch beeilen. Gleichzeitig zügelten sie sich, um nur nicht zu laut zu werden. Von draußen hörte ich schon Zwitt, und es klang, als sei er schon recht nahe. Meine Geschwister hatten eine schwere Decke am Mast befestigt, die ein schützendes Zelt über dem Boot bildete. Robin hielt sie auf der einen Seite straff, Entchen auf der anderen. Hern hatte das Boot losgebunden und wartete, um es aus dem Schuppen schieben zu können.
    »Steig ein, Tanaqui. Du kannst im Boot noch fromm genug sein«, sagte er. Ich kletterte vorsichtig an Bord und sah, dass Gull auf dem Boden ruhte. Robin hatte ihn dort hingelegt. Kaum war ich eingestiegen, als Hern das Boot anzuschieben begann. Es war so schwer beladen, dass er es kaum bewegt bekam. Ich hob die Decke und bot ihm meine Hilfe an. »Runter mit dir!«, fuhr er mich an. Er war rot im Gesicht, und seine Zähne blitzten.
    Noch während er sprach, glitt das Boot durch die Tür. Die Strömung packte es sofort und trug es in Sekundenschnelle seitwärts am Haus vorbei. Ich bin mir nicht sicher, ob Hern geplant hatte, gleich einzusteigen, und dazu dann keine Zeit mehr fand, oder ob er draußen bleiben wollte, um uns in tieferes Wasser zu schieben. Auf jeden Fall hielt er sich mit beiden Händen am Bootsheck fest und hetzte neben dem Boot am Wasserrand her, als es direkt vor Tante Zaras Hof hinter unserem Haus hervorkam und die Leute aus dem Dorf uns erblickten.
    Sie brüllten auf. Ehe ich sie schreien hörte, war mir nicht klar gewesen, wie sehr sie uns hassten. Es war furchtbar. Einige von ihnen waren bereits durch das Wasser auf unser Haus zugewatet und eilten uns nun hinterher. Zwitt rutschte aus und tauchte unter. Ich hoffte, er würde ertrinken. Die Übrigen, die noch auf trockenem Boden standen, deuteten auf uns und schimpften. Und Korib, der noch immer auf einem Knie hockte, spannte erneut den Bogen.
    »Hern! Er schießt!«, schrie ich.
    Hern versuchte gerade, uns seitwärts ins tiefere Wasser zu schieben. Gleichzeitig versuchte er, auf die andere Seite des Bootes zu gelangen, damit er hinter dem Rumpf in Deckung war. Damit stieß er uns jedoch wieder in die andere Richtung, und das Boot geriet ins Schlingern. Korib schoss, und sein Pfeil war genauso gut gezielt wie der Erste. Hern wäre tot gewesen, wenn wir nicht in diesem Moment das eigentliche Flussufer erreicht hätten, sodass mein Bruder den Boden unter den Füßen verlor. Er sank bis zum Hals ein, und der Pfeil traf das Ruder und nicht ihn. Korib zog einen weiteren Pfeil aus dem Köcher und spannte wieder den Bogen.
    Hern war klug genug, sich am Boot festzuhalten. Hätte er losgelassen, wäre er jämmerlich ertrunken, denn er verlor völlig den Kopf. »Meine Kleider sind so schwer!«, schrie er. »Der Strom zieht mich runter!«
    Entchen und ich stiegen über den armen Gull und versuchten, Hern ins

Weitere Kostenlose Bücher