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Jones, Diana Wynne

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Titel: Jones, Diana Wynne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: 03 Der Fluss der Seelen
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Frieden?«
    »Die Lage hat sich geändert«, brüllte Kars Adon. Bei all dem Lärm hörte ich seine Stimme kaum noch. Ich verstand nur noch Bruchstücke: »… Schadensersatz … leuchtende Zukunft … gemeinsam herrschen … eine Stimme … gleichen Unvergänglichen.«
    Die Stimme unseres Königs war besser zu verstehen. »Wen schert all das? Dieses Gör Tanaqui hat mir Oreth gestohlen. Ich will den Einen wiederhaben. Im Tausch gegen den Einen kann sie ihre Webarbeit zurückbekommen.«
    Kars Adon war es zufrieden, dass der König über den Einen reden wollte. »Unser Großer Vater«, brüllte er und deutete mit dem Finger auf meinen Webstuhl, »ist das Wichtigste, worüber wir sprechen müssen.«
    »Wie kannst du es wagen, mich anzuschreien!«, donnerte unser König. »Hast du Amil dabei?« Er blickte mich an und wusste sofort, dass ich den Einen nicht besaß; er muss es mir am Gesicht angemerkt haben. Der König erhob sich. Nun begreife ich, dass er damit ein Zeichen gegeben hat, obwohl ich damals zuerst nur dachte, er sei wütend.
    Im nächsten Augenblick zückten der König und alle außer Hern Schwerter, die sie unter ihren Wollmänteln versteckt hatten. Noch nie zuvor hatte ich einen Kampf gesehen. Da geht es schneller und brutaler zu, als ihr glauben würdet. Am schlimmsten aber war, dass Kars Adon, Hern und ich entgeistert und wie benommen auf der Stelle erstarrten. Wir konnten nicht glauben, dass unser König Verrat übte. Bevor wir uns bewegen konnten, hatten drei von Kars Adons Edlen ihr Leben verloren, und die meisten anderen von des Königs Mannen sprangen von den Felsen, wo sie sich verborgen hatten. Onkel Falk humpelte aufgeregt um uns herum, und Jay schlug mit dem Schwert nach ihm, während er lief. Damit behinderte er unseren König, sonst wäre Kars Adon in der ersten Sekunde gestorben. Unser König musste ein zweites Mal nach ihm schlagen, und sein Schwert schnellte so rasch und tödlich durch die Luft wie eine Schlange.
    Hern schrie auf: »Du hast mir versprochen, es nicht zu tun!«, und versuchte, sich vor Kars Adon zu stellen. Des Königs Schwert schnitt Herns Wollmantel entzwei. Kars Adon versuchte zurückzuweichen. Hern prallte gegen mich, und als wir zusammen stürzten, hörte ich, wie das Schwert des Königs in Kars Adons Brust drang. Es war das schrecklichste Geräusch, das ich je gehört habe, dumpf und klebrig. Dann hörte ich das gleiche Geräusch noch einmal. Ich sah plötzlich noch mehr Heiden mit Armbrüsten. Kars Adon hatte vielleicht keinen Verrat vermutet, jemand anderes schon. Ich glaube, wir haben es Arin zu verdanken, der uns damals von der Insel holte. Der König fiel unmittelbar vor mir zu Boden. Er keuchte, sein Gesicht war malvenfarben und zu einem schmerzlichen Grinsen verzerrt. In seinem Hals steckte ein Armbrustbolzen. Und Arin stand über uns. Er kreuzte die Schwertklingen mit Wren, dem Dorfvorsteher, und sah befriedigt auf unseren König hinab, bis sie beide von Onkel Falk zur Seite gestoßen wurden, der zu Boden stürzte, während Jay ihn umklammerte. Einer von beiden keuchte noch schlimmer als der König.
    »Großvater!«, schrie ich. »Hilf uns!«
    Zur Antwort ertönte etwas wie ein schriller Pfiff puren Zorns, der gellend den Donner des Wasserfalls und das Waffenklirren übertönte. Ich hob den Kopf und erblickte auf den Felsen über uns Tanamil.
    Tanamil war sehr unglücklich gewesen. Sein Haar war eine wilde gelbe Wolke, sein Wollmantel mit Schlamm verschmiert. Trotz seines Zorns sah ich ihm sein Elend am Gesicht an. Und er war sehr zornig. Seine Flöten schrillten vor Wut und peinigten unsere Ohren, schrecklich. Ringsum ließen die Menschen von ihren Feinden ab und blickten entsetzt in die Runde. Und weiter kreischten die Flöten, ihr Ton schaukelte sich auf zu einem Heulen und senkte sich zu einem Schluchzen ab. Kampfeswut und Schrecken verließen uns. Wie belämmert begannen wir uns zu rühren. Hern und ich standen auf. Ich bemerkte, dass Tanamil auf die Felsen hinunterzublicken schien, als lenke ihn jemand. Ich drehte mich um, doch entdeckte ich dort nicht den Einen, sondern Entchen. Entchen kauerte dort und spielte wie Tanamil auf seinen Flöten. Er sah konzentriert und gereizt zugleich aus wie jemand, der etwas verrichtet, was beinahe zu schwierig für ihn ist. Und Tanamil war es, der Entchen anleitete, nicht umgekehrt.
    Vor dem Flötenspiel der beiden verstummte sogar der Lärm des Wasserfalls. Tanamil hörte auf zu spielen und stieg auf einen hohen Felsen,

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