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Jones, Diana Wynne

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Titel: Jones, Diana Wynne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: 01 Die Spielleute von Dalemark
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Als sie Kialan erreichten, stieß Tholian ihn mit der Stiefelspitze an. Kialan stürzte zu Boden.
    »Bringt ihn zu sich«, befahl er. »Er wird nun den Brief für mich schreiben.« Dann sah er zu Brid und Moril hinüber, und seine Augen erinnerten an die einer Eule, in denen sich bei Nacht ein heller Lichtschein fängt. Plötzlich wussten beide genau, dass er nicht daran dachte, sie je nach Markind zurückzuschicken.
    »Moril«, fragte Brid bittend, »meinst du, du kannst etwas tun?«
    Moril erhob sich steif und achtete dabei darauf, die Quidder nicht anzustoßen. »Ich will es versuchen«, sagte er und begann zu musizieren.
    Zuerst spielte er eine kleine Folge von Akkorden, die er in einem wiegenden Rhythmus wiederholte. Er musste langsam anfangen, während er nach dem Gedanken suchte, auf den die Quidder antworten sollte. Er fürchtete zwar sehr, dass Tholian seinen Plan durchschauen würde, aber obwohl alle Männer rings um Kialan nun Moril gereizt anblickten, ahnten sie offenbar nicht im Entferntesten, dass er etwas sehr Bedeutsames tat. Morils Furcht legte sich. »Ihr seid nicht alle schlecht«, ließ er durch das Spiel der Quidder wissen. »Einige von euch sind nur ängstlich, aber andere sind schlechte Menschen, und was sie tun, ist falsch.« Immer und immer wieder teilte er ihnen das mit.
    Und zu seiner Erleichterung begann die Quidder, unter seinen Händen zu summen. Er hatte es richtig gemacht, denn er spürte, wie sich in ihr die Kraft sammelte und dann langsam brummend auf Tholian und seine Männer übergriff, sich ins Tal verbreitete und um die Krümmung auch dorthin gelangte, wohin er nicht sehen konnte. Die Bewegungen aller Menschen, die er sehen konnte, wurden schlaff und ein wenig ziellos, und Tholian gähnte. Moril spielte weiter. Er hätte frohlockt, nur wusste er, dass er schon bald auch die tiefste Saite würde spielen müssen, und davor fürchtete er sich. Wenn ihre Kraft sich auch diesmal in seinen Kopf fraß, dann war es vorbei mit seinem Plan. Vorsichtig schlug er sie an. Schlaft, sang sie, schwer und süß, schlaft, verkündete sie im ganzen Tal, indem sie der schwingenden Linie der Macht folgte, den Moril bereits geschaffen hatte. Schlaft. Tholian drehte langsam den Kopf und blickte Moril verwirrt an. Moril selbst war hellwach. Er wusste, dass alles gut ging. Zuvor war er von der Macht der Quidder übermannt worden, weil er nur Nein, nein, nein! gedacht hatte, ohne etwas Genaues auszudrücken. Nun aber befahl er: Schlaft, ihr alle.
    Tholian schien zu erkennen, was Moril tat. Er kam langsam auf ihn zu, er torkelte, als sei er sehr müde. »Hör sofort mit diesem verdammten Unsinn auf!«, sagte er, nein, er lallte, aber er kämpfte mit aller Kraft gegen die Macht der Quidder an.
    Rasch begann Moril ein passendes Lied zu spielen, ein Wiegenlied.
    »Geh doch wieder in die Zeit,
Als die Wärme war nie weit,
Als sie dich wiegte und dir sang,
Fall in Schlummer, sei nicht bang.«
    Hätte Moril darüber nachgedacht, dann hätte er begriffen, dass er tatsächlich etwas Neues schuf. Aber das entging ihm, denn er wollte nur eins: dass Tholian einschlief. Das Wiegenlied traf den Grafen der Südtäler wie eine Sturmbö und bannte ihn auf den Fleck, an dem er stand. Tholian wusste genau, wie ihm geschah, aber er war hilflos. Moril spielte das Lied wieder, lauter, und genoss es, Tholian an Ort und Stelle festzuhalten, während das Lied hinter ihm durchs Tal fegte.
    Der Graf rieb sich die Augen und sammelte alle Kräfte. Rings um Kialan gähnten die Männer, und im ganzen Tal verebbten die Marschtritte und Flüche. In der Luft hing die ganze Kraft des Liedes, und Moril befahl es ihnen wieder: Legt euch schlafen. In langsamen Wellen verbreitete der Befehl sich durch das Tal. Als Ersten übermannte er Tholian, dann drang er weiter vor. Dem Grafen sanken die Lider, seine Knie knickten ein, und dann sackte er auf das zertrampelte Gras und barg den Kopf in den Armen. Noch eine letzte abwehrende Geste, dann fiel er in Schlaf. Nach ihm sackten auch die anderen Männer zu Boden, im ganzen Tal geschah es. Die Pferde standen still, und neben ihnen sanken die Menschen hin und schliefen ein. Neben Moril rutschte Brid zur Seite und schlummerte zusammengeringelt, als kniete sie noch. Das war sehr schade, aber Moril hätte nicht gewusst, wie er sie ausnehmen sollte. Er spielte weiter, sandte sein Schlaflied Strophe um Strophe heraus, bis es das Tal zu beherrschen schien und er schon glaubte, es in der Luft schweben und

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