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Jones, Diana Wynne

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Titel: Jones, Diana Wynne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: 01 Die Spielleute von Dalemark
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an, und Kialan verrenkte sich fast den Hals, um einen Blick auf die Sperre zu werfen.
    Doch auch dort schliefen die Soldaten. Die meisten lagen quer über der Straße, die gepanzerte Brust gen Himmel gereckt, und schnarchten. Einer schlief mit den Armen auf der Sperre, das sah ziemlich unbequem aus. Kialan lachte wild. »Der wird aber steif sein, wenn er aufwacht!«
     

12.
    Das letzte Stück des Anstiegs war kurz und steil. Nachdem sie es überwunden hatten, kamen sie auf die grüne Ebene des letzten Hochlands. In der Ferne sahen sie den Markwald, prächtig grün und von der Nachmittagssonne in einen Bronzeschimmer getaucht. Jenseits davon erhob sich, täuschend nah, ein graues Gebirgsmassiv, das schon zum Norden gehörte.
    »Jetzt musst du aber rennen, Olob«, sagte Moril.
    Und Olob rannte. Einen Galopp konnte man seine Gangart zwar immer noch nicht nennen – so lange Moril denken konnte, hatte er nicht erlebt, dass Olob galoppierte –, aber er rannte, schneller als je zuvor. Hinter ihm schwankte der nun leichte Wagen von einer Seite auf die andere und sprang über die Radfurchen in der Straße. Kialan stemmte sich mit den Füßen gegen die Wagenwand und versuchte, Brid festzuhalten. Der Wagen stampfte und wankte und hüpfte so, dass es ihm als Wunder erschien, dass Brid einfach nicht aufwachen wollte. Sie schlief weiter, rührte sich vielleicht, wenn sie gegen die Wagenseite schlug, aber sie schrak nicht aus ihrem tiefen Schlummer hoch. Moril hoffte allmählich, dass ihr Schlaf anhielt, bis sie den Markwald erreicht hatten. Wenn sie erst dort waren, konnten sie den Wagen zwischen den Bäumen verstecken, und dann hatten sie eine gute Chance, Tholian zu entkommen.
    »Wie hast du das geschafft?«, fragte Kialan abgehackt. Er musste rufen, um das Knirschen der Wagenräder und den Donner der Hufe zu übertönen. »Den Schlaf?«
    Moril vermochte es genauso wenig zu erklären wie Dagner anderen begreiflich machen konnte, wie er Lieder dichtete. »Durch Nachdenken«, antwortete er schließlich. »Du hast mir einiges gesagt, was mir sehr geholfen hat.«
    Eine weitere halbe Meile ratterten und holperten sie über die Straße. »Während ich gefesselt war«, rief Kialan, »hatte ich einen merkwürdigen Traum. Ich habe geträumt – Mann, war das ein Stoß! – ich habe geträumt, dass du mich zum Grab deines Vaters mitnimmst, an den See, weißt du, und dann hast du das Brett, das ich geschnitzt habe, geöffnet, als wäre es eine Tür. Du hast gesagt: ›Würde es dir etwas ausmachen, dich für ein Weilchen darin zu verstecken? Ich rufe dich, wenn die Gefahr vorbei ist.‹ Und – was passiert eigentlich, wenn wir ein Rad verlieren? – und ich bin reingegangen und eingeschlafen. Was meinst du dazu?«
    »Ich weiß nicht recht«, sagte Moril. »Vielleicht habe ich das wirklich getan. Es ist doch niemand hinter uns, oder?«
    Es verfolgte sie tatsächlich niemand, auch wenn sie es kaum glauben konnten. Das weite Hochland wirkte verwaist. Sie preschten auf dem hin und her schwankenden Wagen durch ein Dorf, und auch das Dorf war offenbar in Schlaf gefallen. Olob rannte weiter, obwohl er schon keuchte, und Brid schlief noch immer. Die Sonne sank, und der Markwald kam näher. Die Dämmerung schien aus den Bäumen zu sickern und schloss die grüne Landschaft in immer tiefere Dunkelheit. Hinter den Bergen zogen sich große, dichte Wolken zusammen. Die Strahlen der untergehenden Sonne durchbohrten sie mit grimmigem Rosa und hinterließen Seen aus feuchtem Gelb.
    »Weißt du«, brüllte Kialan über den Lärm hinweg, »als ich – im Tal – dachte, dass wir diesmal nicht entkommen, wollte ich mich entschuldigen. Ich habe mich wohl ziemlich mies euch gegenüber benommen, als ihr mich mitgenommen habt?«
    »Wir waren auch nicht besser«, rief Moril über die Schulter. »Wir wussten schließlich nicht, was dir zugestoßen war. War es schlimm in Holand?«
    Kialan schwieg kurz, und nur das Rütteln und Stoßen des Wagens war zu hören. »Entsetzlich war es«, sagte er dann. »Aber das war es nicht allein. Ich habe zuerst gar nichts begriffen. Ich hielt euch für … für Bettler oder so etwas, und ich dachte, na ja, dass ich den ganzen Weg nach Norden mit Flöhen und ungebildeten Schwachköpfen verbringen müsste. Und das schmeckte mir gar nicht.«
    Moril lachte. »So sahst du auch aus.«
    Als sie den Saum des Markwalds erreichten, war die Sonne fast untergegangen. Seit Jahren hatte sich Olob nicht mehr so verausgabt. Im Licht der

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