Jones, Diana Wynne
Anweisung. Am Ende ging Alk hinüber und zog ihn aus dem Haufen, fast baumelte ihm der Mann von der riesigen Faust. »Hier ist er, Majestät«, sagte er. »Ein Hauptmann.«
Der Gefangene blickte Mitt an und schaute verwundert drein. »Wir sollten aber einer Frau den Hinterhalt legen«, sagte er. »Was geht hier vor?«
»Mach dir darüber keine Gedanken, Hauptmann Fervold«, entgegnete Navis. »Sag uns nur, was der Barde damit zu tun hatte.«
»Du vergisst wohl niemals einen Namen, was, Navis Haddsohn?«, fragte der Hauptmann. »Es muss zehn Jahre her sein, seit…«
»Zwölf«, unterbrach ihn Navis. »Sprich.«
»Die Sache ist einfach genug«, sagte Fervold. Alk ließ ihn los, und er richtete sich mit erleichterter Miene auf. »Wir hatten Befehl, unbeobachtet im Hafen von Cressing an Land zu gehen, im Schutz der Nacht die Grüne Straße zu erreichen und uns bei Sonnenaufgang mit dem Barden zu treffen. Er sollte uns zeigen, wo Karnsburg liegt. Dort sollten wir einen Hinterhalt legen für die … Na ja, wir sollten sie fangen, bevor sie die Krone finden. Und wenn ihr nicht einen Tag Verspätung gehabt hättet, dann hätten wir euch gehabt. Aber wir haben zwei Nächte hintereinander die Grüne Straße im Dunkeln nicht gefunden, und der Barde tauchte erst heute Morgen auf, um uns den richtigen Weg zu zeigen. Was hat er getan? Hat er uns verraten? Nach allem, was wir wussten, sollten wir es nur mit fünf Mann zu tun haben.«
»Euer Pech«, sagte Alk. »Also hat Hestefan für den Süden gearbeitet?«
»Schon seit Jahren«, entgegnete Fervold.
Bei diesen Worten schrie Hestefan auf: »Sie haben mich dazu gezwungen! Ich sage euch doch, gezwungen haben sie mich!«
Alk bedachte ihn mit seinem Rechtsgelehrten-Blick. »Haben sie dich auch gezwungen, Noreth von Kredinstal zu ermorden?«
Hestefan straffte die Schultern und zupfte sich am Bart. »Was soll dieser Unsinn? Wie hätte ich das tun sollen ? Sieh doch! Da steht sie!« Er wies auf Maewen.
»Ich bin nicht Noreth«, sagte Maewen. Zwar war es ihr sehr peinlich, das vor allen Leuten zuzugeben, doch zugleich erleichterte es sie sehr.
»Und ich habe Noreths gemeuchelten Leichnam gesehen«, sagte Alk. »Die anderen, die sie hätten töten können, sind alle entlastet. Ich klage dich vor dem Gesetz und vor der Krone an, Noreth die Kehle durchgeschnitten zu haben.«
»Niemals!«, rief Hestefan. »Bei meiner Bardenehre. Niemals.«
»Hol lieber den Kelch hervor«, sagte Alk zu Navis.
Maewen hatte eine andere Idee und zupfte Mitt am Ärmel. »Vielleicht ist es nicht recht, denn es sind Kankredins Worte, aber wenn er sie wirklich getötet hat, dann könnte er auch die goldene Statue gestohlen haben.«
»Die Statue!«, rief Mitt. »Weißt du was, ich habe sie völlig vergessen! Wo würde Hestefan etwas wirklich Wertvolles verstecken?«, fragte er Moril.
Er musste Moril anstoßen und noch einmal fragen. Hestefan sagte währenddessen: »Jeder Barde ist ein Ehrenmann. Unser Wort bindet uns. Wir haben geschworen, die Wahrheit zu sprechen und niemals eine Lüge weiterzutragen. Weder begehen wir Niedertracht noch Heimtücke. Diese Beschuldigung kränkt alle Barden in ihrer Ehre.«
Moril starrte Hestefan an, als könne er nicht glauben, was er hörte. »Geheimfach hinten unter dem Wagen«, sagte er tonlos und stierte weiter.
Mitt flüsterte Alk etwas zu. Alk gab Navis den Kelch zurück und ging, während Hestefan weiterhin Reden schwang, zum hinteren Teil des Wagens. Das Fuhrwerk schwankte. Man hörte Holz bersten. Als Alk grimmig zurückkam, funkelte Gold in seiner gewaltigen Faust. »Halt den Mund, Hestefan. Woher hast du das?«
Hestefan starrte die Statue mit aufgerissenen Augen an. Sein Gesicht war grau und mitleidheischend geworden. »Ich sage euch doch, ich habe sie nicht umgebracht. Diese Frau ist eine Unvergängliche und kann gar nicht sterben. Ich nahm die Statue – ja, ja, das gebe ich zu –, nachdem ich das erste Mal versucht hatte, sie zu töten, aber eine halbe Stunde später wartete sie schon wieder lebendig an der Grünen Straße. Mir blieb keine andere Wahl, als mich ihr anzuschließen und sie wieder zu töten. Und da ich wusste, dass sie nicht sterben kann, gab ich in Kredinstal Hendas Spion Nachricht, er solle ein Boot nach Süden schicken, das einen bewaffneten Trupp herbeibringt, der sie in Stücke hacken sollte. Und tatsächlich, sie starb nicht, obwohl ich sie in Auental zweimal tötete.« Er wiegte sich auf dem Kutschbock. »Ich musste es tun. Ich
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