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Jones, Diana Wynne

Jones, Diana Wynne

Titel: Jones, Diana Wynne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: 04 Die Krone von Dalemark
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Erneut ohne es zuzugeben, hegte sie den Verdacht, dass die Stimme nur dann zu ihr sprach, wenn sie allein war. All das mischte sich mit dem unangenehmen Verdacht, die Stimme würde nur in ihrem Kopf existieren; vielleicht hatte sie etwas damit zu tun, dass sie in der Zeit zurückgeschickt worden war. So etwas musste doch eigentlich dazu führen, dass der eigene Verstand einem etwas vorgaukelte.
    Sie hätte gern mit Moril oder Mitt darüber gesprochen. Doch Mitt ritt entweder verdrossen abseits der anderen oder machte die Sorte Scherze, mit denen er erklärte, dass er nicht zum Reden aufgelegt sei; Moril hielt sich meistens im Wagen auf und spielte auf unterschiedlichen Instrumenten Tonleitern und Teile von Melodien. Wenn er hervorkam, dann um den Wagen zu lenken, während Hestefan die Beine über die hintere Klappe baumeln ließ und ebenfalls auf verschiedenen Instrumenten übte. Zu Trillern und Melodiefetzen stieg ihre kleine Prozession immer höher in das Zentralmassiv auf. Feucht legten sich die Wolken um sie. Es wurde nachts schwieriger zu schlafen.
    Maewen blieb bei Navis. Sie mochte ihn. Er war so tüchtig und so unerschütterlich. Sie war beeindruckt, dass kein Abend verging, ohne dass er das Zaumzeug seiner Stute und seine Stiefel polierte. Am Morgen bürstete er sich das Haar und die Kleider aus, dann rasierte er sich in dem Wasser, das sie fanden; gewöhnlich stammte es aus einem Bergbach und war eiskalt. Und er war klug. Eines Morgens schnitt er sich böse beim Rasieren. Er brüllte ärgerlich auf und versuchte, das Blut daran zu hindern, in den Kragen seines Hemdes zu laufen. Wend zog von irgendwoher wortlos einen Ballen Spinnweben hervor.
    »Ich danke dir«, sagte Navis aufrichtig, doch während er sich die Spinnweben ans Kinn drückte, sah Maewen, wie seine Augen sich verengten und nur einen Augenblick lang über Wends glattes Kinn strichen. Danach betrug sich Navis stets genauso verbindlich und gefasst wie zuvor, doch Maewen wusste, dass er sich fragte, wie ein erwachsener Mann wie Wend bartlos bleiben konnte, obwohl er sich niemals rasierte. Das fragte sich Maewen ebenfalls. Vielleicht war das ein Zeichen der Unvergänglichen. Sie mochte Wend aber nicht genug, um ihn danach zu fragen.
    Von diesem Tag an verlief die Grüne Straße zwischen den Wolken. Alles war weiß und feucht. Für Mitt, der am Schluss ritt, hatte sich jeder vor ihm in einen stillen grauen Schemen verwandelt. Auf seiner Nasenspitze bildete sich ein Tautropfen.
    »Ich hasse das!«, vertraute er Gräfin an. Dieser Bemerkung würde er, das wusste er, rundheraus zustimmen.
    Moril sprang vom Wagen und ging neben Maewens Pferd her. Sie konnte es ihm nicht verübeln. Wenn man ging, wurde man warm, und in diesem Nebel bewegte sich niemand schnell. Nach einer Weile stieg sie selbst auch ab, und sie gingen Seite an Seite und führten ihr Pferd. Maewen war erstaunt und freute sich, wie bereitwillig Moril sich mit ihr unterhielt. Er schilderte ihr den Alltag eines Barden, erklärte ihr seinen Vorsatz, mit den alten Liedern neu umzugehen, und legte ihr seine Zukunftspläne dar. Sie ermutigte ihn weiterzusprechen. Seit sie das Porträt gesehen hatte, sehnte sie sich ein wenig nach Moril. Und ohne sich einzugestehen, dass sie schon wieder im Begriff stand, die Geschichte zu ändern, war sie sehr darum bemüht, ihn zu trösten. Wie wunderbar wäre es, wenn sie in den Tannoreth-Palast zurückkehrte und er lächelte auf dem Porträt, anstatt elend dreinzublicken.
    Mitt ritt hinter ihnen her und versuchte aufrichtig, nicht mit anzuhören, was offensichtlich ein Gespräch unter vier Augen sein sollte. Er überlegte, sich an ihnen vorbeizudrängen und vorauszureiten, wo er undeutlich die graue Masse des Wagens sah, doch die Straße war hier ein schmaler Hohlweg, den auf beiden Seiten feuchte schwarze Felsen fest einschlossen, und er hätte sich entweder neben Moril oder neben dem Pferd hindurchzwängen müssen; damit hätte er sie beide aber erst recht daran erinnert, dass er hinter ihnen war und zuhörte. Er sah, dass Moril sein Gesicht eifrig Noreth zugewandt hatte, während er ihr von den Gefahren erzählte, die im Süden drohten, wo man oft auf die Barden zurückgriff, um geheime Nachrichten zu übermitteln. Noreth versteht sich gut darauf, Menschen zum Sprechen zu bewegen, dachte er. Mich hat sie genauso ausgehorcht. Moril schilderte ihr gerade, wie er im vergangenen Jahr nach Norden kam, nachdem sein Vater ermordet worden war.
    Moril brach dabei

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