Jones, Diana Wynne
Hand. Obwohl er sich freute, fand er es sehr schade. Hildy musste einen hohen Preis dafür zahlen, dass sie nun wichtig war. Ynen überlegte, dass er in diesem Herbst wenigstens alt genug wäre, um am Seefest teilzunehmen. Er schwor sich, seinem Großvater eins mit der Rassel auf die Nase zu geben, und sollte er bei dem Versuch sterben. Wenn jemand so etwas verdient hatte, dann Hadd. Dann fielen ihm die Söhne des Grafen von Hannart wieder ein, und er hoffte, dass auch sein Onkel Harchad in der Prozession mitgehen würde. Dem würde er ein Mordsding verpassen.
Unten in der Stadt sprach man noch immer von den Nordländern. Milda sagte, ihr erscheine es recht drastisch, sie zu henken, obwohl sie nur Zuflucht vor dem Sturm gesucht hatten. Hobin entgegnete, etwas anderes sei nicht zu erwarten gewesen. Mitt vergaß seine gemischten Gefühle allmählich. Mit der Zeit erinnerte er sich immer öfter an den kurzen Blick, den er auf die Nordländer geworfen hatte, die wie alle Gefangenen schlurfend dem Palast entgegengingen. Allerhand, dass die Holander Tyrannei die freien Männer des Nordens derart gedemütigt aussehen lassen konnte. Da er selber eine freie Seele war, verachtete er die Nordländer deshalb ein wenig. Aber im Herbst, da zahle ich es allen heim!, dachte er.
Die meisten Leute bemitleideten die Nordländer. Während des Sommers schwelte der Zorn des Volkes auf Hadd. Dann wurden Gerüchte laut, der Norden habe den Süden in einer großen Schlacht besiegt und den letzten der Bergpässe zwischen den beiden Teilen des Landes blockiert. Danach meinten sogar die wenigen Anhänger, die Hadd noch verblieben waren, dass er daran die Schuld trage. Er hatte eine schändliche Niederlage provoziert, indem er zwanzig unschuldige Männer henken ließ.
»Gut«, sagte Siriol. »Alles verläuft in unserem Sinne.«
Den ganzen Sommer hindurch planten die Freien Holander sorgfältig. Unter anderem dämmerte es Mitt und Milda plötzlich, dass niemand Hobin mit dem Bombenwerfer in Verbindung bringen durfte. Erhielten Harchads Spitzel auch nur den geringsten Hinweis auf ihn, sagte Mitt, würde Hobin am Strick enden. Mitt war zuversichtlich, so gut lügen zu können, dass Hobin nicht in die Sache verwickelt wurde. »Ich habe jahrelange Übung«, sagte er. »Es ist schon verwunderlich, dass ich überhaupt noch weiß, wie man die Wahrheit sagt. Aber was, wenn Hobin sich einmischt?« Das war die große Streitfrage. Hobin sah der Prozession zwar nur selten zu, aber wenn er es sich ausgerechnet dieses Jahr in den Kopf setzte und beobachtete, wie Mitt festgenommen wurde, dann eilte er ihm am Ende noch zu Hilfe und verdarb alles. »Das ist das Schlimme an ihm, er ist so rechtschaffen«, sagte Mitt.
Er trug den Freien Holandern seine Sorge vor, und sie steckten die Köpfe zusammen. Man beschloss, dass Ham, der Hobin schon immer gemocht hatte, mit dem Büchsenmacher Freundschaft schließen sollte. Während des Sommers unternahmen die beiden lange Wanderungen durch den Koog. Ham erwies sich als erstaunlich verschlagen. Allmählich gewöhnte er Hobin an immer längere Strecken. Gegen Ende des Sommers verbrachten sie ganze Tage im Koog, aßen in einer Gastwirtschaft zu Abend und kehrten nicht vor Einbruch der Nacht nach Holand zurück.
»Seht ihr?«, sagte Ham grinsend. »Am Festtag wandern wir nach Hochmühl, das sind über zwanzig Meilen, und man wird uns sehen. Ich sorge schon dafür, dass der Wirt beschwört, uns gesehen zu haben.«
Zu Mitts Ärger rührte sich ausgerechnet jetzt ein anderer Geheimbund von Freiheitskämpfern, der sich ›Hand des Nordens‹ nannte. Er heftete Warnungen an die Tore des Palasts und der Kasernen, in denen in ungelenker Schrift und noch ungelenkerer Sprache angekündigt wurde, Hadd während des Seefeste zu ermorden. »UN SO FIELE VOM RESST VON EUCH ALS WIR ERWIESCHN.«
»Das war’s dann wohl!«, sagte Mitt, als er davon hörte. Milda ließ wieder die Eierschüssel fallen und verschüttete zur Sicherheit auch noch einen Krug Milch. Sie und Mitt nahmen jeder ein Töchterchen und eilten zu Siriol. »Was sollen wir nur tun?«, fragte Mitt. »Jetzt wird es von Spitzeln und Soldaten nur so wimmeln. Wer steckt denn nur hinter dieser Hand des Nordens?«
»Ich habe noch nie etwas von dem Haufen gehört«, sagte Siriol. »Das klingt sehr übel. Hoffentlich sagt der Graf nicht deswegen das Fest ab.«
»Das lässt er wohl besser!«, rief Milda. »Seit Jahren bereite ich Mitt auf diesen Anschlag vor. Wenn wir noch ein
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