Jones, Diana Wynne
Ynen beugte sich wieder hinaus und schrie Beleidigungen, bis sie im Lärm der nächsten Kraddlergruppe untergingen. Danach folgten nur noch mehr Musikanten, Leute, die Bilder an Stangen hochhielten, und Jungen mit Rasseln, dann war die Prozession vorüber. Sie wurde immer kleiner, bis sie hügelab außer Sicht verschwand. Ynen setzte sich seufzend zurück. Wie sehr beneidete er Hildy. Als bedeutendere Enkelkinder Hadds durften sie und die Basen dem Treiben vom Fenster eines Hauses aus zusehen, das direkt am Rand des freigelegten Platzes stand.
Mitt stand mit Milda, Siriol und Dideo in der Nebenstraße und streifte hastig sein Festtagsgewand ab. Vor sich sahen sie die Rücken der Menschenmenge, die die Hauptstraße säumte und hier ausschließlich aus Freien Holandern und ihren Familien bestand. Die meisten von ihnen hatten sich schon bei Sonnenaufgang postiert, um sich die besten Plätze zu sichern. Mitt hörte bereits das Stampfen und das Schrillen der Prozession. Sie war ganz nah! Während er Siriol seine Jacke reichte und sich die Hahnenkammmütze aufsetzte, schwebte über den Köpfen der Zuschauer ein Stierhaupt an einer Stange vorüber. Der Lärm war ohrenbetäubend.
»Gib auf dich Acht, Mitt«, sagte Siriol. »Und vergiss nicht, du sagst zu dem Mann, der in Hoe den Wagen begrüßt: ›Ich komme, um Flinds Nichte kennen zu lernen‹. Wenn er antwortet: ›Sie erwartet schon wieder was Kleines‹, dann kannst du mit ihm gehen. Hast du verstanden?«
»Ja, ich hab alles im Kopf«, entgegnete Mitt, ohne dem Gesagten mehr Beachtung zu schenken als sonst, wenn Siriol von Fluchtplänen sprach. Der Lärm der Quäken brachte seine Wadenmuskeln zum Zittern.
»Der Alte Ammet kommt!«, meldete jemand in der Menge. »Weitersagen!«
»Alter Ammet in Sicht.«
Siriol gab Mitt eine dicke brennende Kerze. Dideo beugte sich über das Bündel, das er trug.
»Ach Mitt, sei bitte ganz vorsichtig!«, sagte Milda. Sie sah traurig aus, lächelte aber dennoch. Mitt blickte von ihr auf sein Schwesterchen auf ihrem Arm, dann auf das andere, das unsicher neben ihr stand und sich an Mildas Hand festhielt. Sie brachten ihn aus der Fassung, und er wusste nicht, was er zu ihnen sagen sollte.
Er war froh, als Dideo ihm endlich ein Bündel an einem Riemen reichte. Es war scharlachrot, damit es an Mitts linker Seite nicht auffiel, und ein steifes Papierröllchen, von dem kleine Rauchwölkchen aufstiegen, schaute heraus. »Da«, sagte Dideo und verzog sein Gesicht zu einem Grinsen, »es brennt lange genug, dass du bis zum freien Platz kommst.« Er klopfte Mitt auf die Schulter und hängte ihm die Tasche um.
Siriol reichte Mitt eine Rassel und schlug ihm auf die andere Schulter. »Nun musst du los. Viel Glück.«
Mitt drängte sich in die Menge, und sie teilte sich, um ihn durchzulassen. Endlich war er dabei, nach so vielen Jahren des Wartens – er konnte es kaum glauben. Vor der Menge standen die Soldaten in einer Reihe und sperrten die Prozession ab. Gewiss würden sie Mitt aufhalten.
Ein Soldat senkte den Blick. Als er das rot-gelbe Kostüm erkannte, sagte er nur: »Tschuldige, mein Junge«, und rückte zur Seite, um Mitt vorbeizulassen.
Und schon stand Mitt in der brüllenden, gellenden, schwitzenden Prozession. In der ersten Sekunde fühlte er sich klein und ungehobelt und konnte nicht glauben, dass er wirklich mitging. Doch nun gehörte er zur Prozession, und dort war Hadd. Mitt hatte den Grafen noch nie aus der Nähe gesehen, erkannte ihn aber daran, dass er den Alten Ammet in den Armen trug. Genau solch ein schlecht gelauntes Altmännergesicht hatte Mitt erwartet. Dieses Gesicht, sagte sich Mitt, schreie förmlich danach, dass eine Rassel unter seiner Nase herumgewirbelt werde, bevor man es in die Luft jagte. Und schon machte er sich daran und flitzte mit kreisender Rassel und wackelnden Hahnenkämmen von einer Seite der Prozession zur anderen. Dabei ließ er das rauchende Bündel unter seinem Arm nicht aus den Augen.
Am Rand der freien Fläche schloss er zu Hadd auf.
Hildy sah ihn deutlich. An ihrem Platz vor dem Fenster saß sie eingequetscht zwischen fünf Basen. Mit ihnen im Zimmer waren Soldaten, Soldaten standen auch im Raum darunter, und Soldaten säumten den neuen freien Platz vor den Kais. Sie waren in Sicherheit, aber die Basen waren trotzdem nervös und neigten dazu, wegen jeder Kleinigkeit laut aufzukreischen. Sie kreischten, als die ersten Musikanten zwischen den Soldaten hervorkamen und taumelnd ins Freie
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