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Jones, Diana Wynne

Jones, Diana Wynne

Titel: Jones, Diana Wynne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: 02 Die heiligen Inseln
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wir würden tun, was uns passt! Du bist ja schlimmer als … als Großvater! Er war wenigstens ein ehrlicher Mensch!«
    »Ehrlich nennst du den?«, brüllte Mitt zurück. »Ehrlich! Das wär ja lachhaft, wenn’s nicht so zum Heulen wär! Jahrelang hat er Holand ausgeplündert!«
    »Also versuchst du ihn zu ermorden und schubst uns auch noch rum wie den letzten Dreck!«, kreischte Hildy.
    »Weil ihr der letzte Dreck seid, darum!«, donnerte Mitt und schwenkte die Büchse. »Wendet sofort das Boot!«
    Ynen klammerte sich an der Pinne fest. Er fürchtete um Hildys Leben. Tatsächlich hatten weder er noch Mitt bemerkt, dass Mitt sogar vergessen hatte, den Hahn zu spannen. Er hatte nicht einmal den leeren Lauf weitergedreht.
    Hildy wusste nichts davon, und es scherte sie nicht. »Wenn wir der letzte Dreck sind, dann möchte ich nicht wissen, was deine Familie ist!«, schrie sie.
    »Ach, halt den Mund!« Mitt richtete die Waffe auf Ynen. »Wende das Boot, habe ich gesagt!«
    Zum zweiten Mal kurz nacheinander glaubte Ynen, er könnte jeden Augenblick erschossen werden. Fast gegen seinen Willen ergab er sich kühl in sein Schicksal. »Du hast versucht, unseren Großvater zu ermorden«, sagte er. »Nenn mir einen einzigen Grund, weshalb wir dir helfen sollten.«
    Mitt bemerkte, dass er die Waffe zwar auf Ynen richtete, dieser die Waffe jedoch nicht als große Bedrohung ansah. Das ernüchterte ihn beträchtlich. Er empfand plötzlich einen gehörigen Respekt vor dem glattgesichtigen, spitznasigen kleinen Jungen, aber was seine Schwester anging … »Also gut«, sagte er, »euer teurer Großvater hat meine Familie zugrunde gerichtet. Ist das Grund genug?«
    »Wie soll er das getan haben?«, fragte Ynen. Vor Kälte und Müdigkeit zitterte er.
    Hildy fügte hitzig hinzu: »Was immer er dir angetan hat, wir haben dir kein Leid zugefügt!«
    »Ich will’s euch erzählen«, sagte Mitt. Er legte den Arm auf das Kajütendach und begann zu reden, zuerst abgehackt und wütend, dann einsichtiger, nachdem er gesehen hatte, dass keiner von beiden ihn unterbrechen wollte. Er berichtete, wie er auf Grabensend aufwuchs, wie die Pacht verdoppelt wurde, wie sein Vater gezwungen war, in der Stadt zu arbeiten, und wie sie den Hof aufgeben mussten. Mitt erzählte, wie sein Vater keine anständige Arbeit finden konnte und sich darum den Freien Holandern anschloss, wie er beim Anschlag auf das Lagerhaus verraten wurde und verschwand – allerdings nannte er hier keine Namen – und wie Milda und er auf sich allein gestellt zurückblieben. Er beschrieb, wie sie danach gelebt hatten, und während er berichtete, musste er denken, wie eigenartig es doch war, ausgerechnet hier die Geschichte seines Lebens zu erzählen, während die Straße des Windes in der Dunkelheit durchs Wasser pflügte und Hadds Enkelkinder ihn mit matt beleuchteten Gesichtern anblickten. Er sprach auch von Hobin. »Wenn er nicht gewesen wäre«, sagte er, »dann wären wir auf der Straße gelandet, als sie die Häuser niederrissen, um den Festumzug zu sichern.«
    »Die Leute sind doch nicht einfach hinausgeworfen worden, oder?«, warf Hildy ein. »Ich dachte…«
    »Vater hat für sie Häuser bauen lassen«, sagte Ynen. »Außer ihm hat sich wohl niemand Gedanken um die Leute gemacht. Wie auch immer«, wandte er sich an Mitt, »du und deine Mutter wohnten dort nicht mehr, als es so weit war. Ihr hattet es gut. Du hast mir noch immer keinen Grund genannt.«
    »Ist das kein Grund?«, begehrte Mitt auf. »Da war Hobin, der es aus Furcht vor den Waffenhütern nie wagte, auch nur einen Fuß falsch zu setzen, und uns ging es fast so schlecht wie vorher, weil Hadd ständig die Miete erhöhte. Aber nicht den Preis für Büchsen – er doch nicht! Wir mussten für die Soldaten bluten, mit denen er uns Angst machte, uns zu rühren. Ihr versteht das nicht – aber könnt ihr euch vorstellen, wie es ist, wenn jeder, den ihr kennt, ständig krank vor Angst ist? Niemand kann niemandem trauen. Kaum dass ihr den Leuten den Rücken zudreht, zeigen sie euch an, auch wenn ihr gar nichts getan habt, und warum? Weil sie nicht selber nachts abgeholt werden und verschwinden wollen. So sollte niemand leben müssen.«
    »Nein, wirklich nicht«, pflichtete Hildy ihm bei.
    »Gut, da hast du Recht«, sagte Ynen. »Du sprichst von allem Möglichen, aber du hast mir noch nichts gesagt, was mein Großvater dir angetan hat. Ich sehe noch immer nicht ein, weshalb ich dir helfen sollte. Aber ich habe einiges

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