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Jones, Diana Wynne

Jones, Diana Wynne

Titel: Jones, Diana Wynne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: 02 Die heiligen Inseln
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soll ich mir den Kopf darüber zerbrechen?« Er stand auf. »Ich muss mal den albernen Eimer in dem Verschlag benutzen. Den mit den Rosen drauf. Kommt bloß nicht auf dumme Ideen, solange ich fort bin.«
    Ynens Gesicht wirkte im gelben Licht knallrosa. »Das sind keine Rosen, sondern Mohnblumen«, entgegnete er.
    »Rosen sind es«, sagte Mitt. »Und einen goldenen Rand hat er. Einfach unglaublich, dass euresgleichen aber auch wirklich alles verziert und verschnörkelt haben muss!« Er ging in die Kajüte.
    Ynen rief ihm nach: »Und deinesgleichen hat dieses Boot gebaut!« Doch als Mitt am Ende der Kajüte angelangt war, flüsterte er Hildy zu: »Was machen wir denn nur?«
    Nachdem Mitt sie ausgelacht hatte, weil sie verlobt war, war Hildy entschlossen, es ihm heimzuzahlen. »Ich habe eine Idee«, wisperte sie, »wie wir dafür sorgen, dass er schläft.«
    »Und dann wenden wir«, stimmte Ynen ihr zu. »Was für eine Idee?«
    »Was tuschelt ihr da?«, brüllte Mitt.
    Sie wagten nicht mehr zu flüstern. Ynen sah sich die lange, tiefe Furche auf den Planken an und erschauerte. Sie war mittlerweile schwer zu erkennen, denn die Sonne war hinter den Horizont getaucht und hinterließ einen gelben Himmel, überzogen von lang gestreckten schwarzen Wolken. Das Meer erschien in einem wie geschmolzen wirkenden, helleren Gelb, als sei es vom Sonnenlicht durchtränkt. Hildys Gesicht war dunkel. »Wir reden gerade darüber, dass wir eigentlich ein Topplicht anzünden müssten«, antwortete Ynen. »So lautet das Gesetz.«
    »Ist es euch noch nicht aufgefallen, dass ich mit dem Gesetz nichts am Hut habe?«
    »Im Gegensatz zu dir sind wir gesetzestreu erzogen worden«, rief Hildy. »Darf ich wenigstens die Laterne in der Kajüte anmachen?«
    Mitt kam aus dem Verschlag und suchte sich mühsam seinen Weg durch die Kabine. Es wurde nun wirklich dunkel. Er war mürrisch und unleidlich, und er hatte Schmerzen am ganzen Leib. Nach seiner ausgiebigen Mahlzeit wollte ihm die rot-gelbe Hose nicht mehr richtig passen. Er kam aus der Kajüte und legte sich auf die Deckskästen. »Macht, was ihr wollt«, sagte er. Er war schrecklich müde.
    Hildy lächelte schmal und ging in die Kajüte, wo sie eine Weile herumsuchte, bevor sie mit einer Laterne herauskam, deren Lichtschein genauso gelb war wie der Himmel über dem Horizont. Dann ging sie zu dem dicken kleinen Wasserfass, das von Klammern auf einem eigenen Regalbrett über dem Herd festgehalten wurde. Sie löste die Klammern und schüttelte es. Das Fass war bis obenhin voll, so voll, dass es nicht einmal schwappen konnte. Hildy musste all ihre Kraft aufwenden, um es überzeugend zu schütteln, aber damit hatte sie gerechnet, denn das Fass war immer voll. Niemand wagte es zu riskieren, dass Hadds Familie Durst litt.
    »Ach du liebes bisschen!«, rief Hildy. Sie war erstaunt, wie überzeugend sie klang. »Da ist überhaupt kein Wasser drin. Und dabei habe ich solchen Durst.« Durstig war sie wirklich, aber sie glaubte, es aushalten zu können, wenn es einem guten Zweck diente.
    Kaum hatte sie das gesagt, als Mitt bemerkte, dass ihn unter anderem auch ein schier unerträglicher Durst plagte. Das kam davon, dass er so viele gewürzte Pasteten gegessen hatte. Bei dem Gedanken, die ganze lange Reise in den Norden ohne Wasser bestehen zu müssen, brach er beinah in Tränen aus. Ynen war fast genauso bestürzt. Sein Mund war plötzlich ganz trocken, und einen Augenblick lang hätte er die Nachlässigkeit der Matrosen gern Onkel Harchad gemeldet. Er leckte sich über Lippen, die rau waren wie Sandpapier, und sagte: »Manchmal ist etwas Wein in den Schränken über der Steuerbordkoje. Um des Alten Ammets willen, sieh doch mal nach, Hildy!«
    Hildy drehte sich um, damit sie nicht ihr triumphierendes Grinsen sahen, und holte die beiden Flaschen aus der Kajüte, die sie gefunden hatte, als sie dort vorgeblich nach der Laterne suchte. Eine war halb voll Wein, die andere eckig und enthielt Arris. Sie war voll gewesen, bevor Hildy einen großzügigen Schluck Schnaps in den Wein gegossen hatte. Auf die eine oder andere Weise, das wusste sie, hatte sie es diesem erbärmlichen Kerl gezeigt.
    »Welche willst du?«, fragte sie und zeigte Mitt die beiden Flaschen.
    Trotz des nachlassenden Lichts erkannte Mitt die Arrisflasche sofort. Wie er den scharfen, widerlichen Schnaps verabscheute! »Ich nehme den Wein«, sagte er und riss Hildy die Flasche aus der Hand, weil er meinte, damit seine ungeschliffene Verderbtheit

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