Jones, Diana Wynne
hölzerne Rasseln. Es war nur Lärm, Lärm, Lärm. Die Leute bliesen Flöten, die man Quäken nannte und die sich auch so anhörten. Dazu spielten sie mit einem Rosshaarbogen auf dreieckigen, als Kraddeln bezeichneten Krachmachern, und auch die hörten sich genauso an, wie sie hießen. Die Musikergruppen gingen so weit voneinander entfernt, dass es reiner Zufall war, wenn die einen gerade das Gleiche spielten wie die anderen. Dann kamen Leute, die Bumm, Bumm, Bumm auf Trommeln schlugen, die mit langhaarigen Pferdefellen bespannt waren, und damit übertönten sie selbst die Quäken. Mitten im Umzug erblickte Mitt eine Strohpuppe, die fantastisch mit kirschroten Bändern umwunden war und von jemandem auf den Armen getragen wurde.
»Da, sieh«, sagte der freundliche Canden. »Das ist der Arme Alte Ammet. Und Graf Hadd trägt ihn.«
»Und was macht er mit ihm?«, fragte Mitt besorgt. Er hatte noch nie gehört, dass Graf Hadd irgendetwas Gutes getan hätte.
»Er wirft ihn natürlich ins Wasser. Das bringt Glück«, erklärte Canden.
Mitt war zutiefst entsetzt. Was musste Graf Hadd für ein herzloser Mensch sein! Er stellte sich vor, wie der Arme Alte Ammet in das gleiche Hafenbecken geworfen wurde, in das Mitt täglich den Eimer Unrat ausleerte; wie er sich damit voll sog und versank, während die schönen Bänder schmutzig wurden. »Schwimmt er denn nicht?«, fragte er scheu.
»Nicht besonders oft«, antwortete Canden, der nicht wusste, was in Mitt vorging. »Meistens fällt er auseinander und geht im Hafenbecken unter. Viel weiter kommt er selten.«
»Das geht doch nicht!«, rief Mitt verzweifelt.
Neben Canden stand ein anderer Freund von Mitts Vater. Er hieß Dideo, und sein Gesicht war von unzähligen schmalen Furchen überzogen wie von einem Netz. Mitt dachte, dass seine Augen wie zwei glänzende Fische aussahen, die er mit dem Netz gefangen hatte. Dideo nun sagte: »Er fällt nicht immer auseinander, der Alte Ammet. Manchmal zieht ihn die Ebbe in einem Stück aus dem Hafen heraus. Das sagt man jedenfalls. Dann treibt er meilenweit. Und wer auf einem Boot unterwegs ist und ihn findet, kann ihn herausziehen, und dann hat sein Boot für alle Zeit Glück, heißt es.«
Als Mitt sich vorstellte, wie der Arme Alte Ammet ganz allein aufs Meer hinaustrieb, fand er es noch schrecklicher als das Untergehen. Er versuchte, das Thema zu wechseln. »Wer sind die Jungen mit den Rasseln?«
Canden warf einen Blick auf die Prozession, wo Jungen in gelb-roten Hosen sich prächtig vergnügten, indem sie mit ihren Rasseln unter den Nasen der Kraddler umherwirbelten. »Die kommen aus dem Palast. Alle, die an der Prozession teilnehmen, kommen aus dem Palast«, erklärte er Mitt und wandte sich wieder an Dideo. »Ich habe den Alten Ammet noch nicht schwimmen sehen. Er geht fast genauso schnell unter wie Libby Bier.«
»Würden sie mich mit so einer Rassel rumlaufen lassen?«, unterbrach Mitt begierig.
»Nein. Du bist als Niemand geboren«, entgegnete Dideo. »Doch, er treibt schon«, sagte er zu Canden. »Du bist noch nicht lange genug in Holand, um es zu wissen, aber er ist mal gut zehn Meilen weit draußen von der alten Siebenfach herausgezogen worden, und man sagt, dass jeder Mann an Bord später ein Vermögen gemacht hat. Das ist allerdings auch das einzige Mal, dass ich davon gehört hätte«, gab er bedauernd zu. »Damals war ich ungefähr in Mitts Alter.« Er sah zu Mitt hoch und sah, dass der Junge unerklärlich blass geworden und den Tränen nahe war. Er stieß Canden an.
Canden hob Mitt von seinen Schultern und blickte ihm ins Gesicht. »Was hast du denn? Möchtest du gern einen Ammet ganz für dich haben?«
»Nein!«, rief Mitt.
Trotzdem brachte Canden ihn zu einem Stand, wo kleine Ammets aus Stroh zu Dutzenden feilgeboten wurden. Ein weiterer Freund von Mitts Vater begleitete sie, ein Mann mit einem mürrischen, nichts sagenden Gesicht namens Siriol. Er stand wortlos dabei, während Canden und Dideo sich zu Mitt hinabbeugten und ihr Bestes gaben, um ihn zu trösten. Ob Mitt gern diesen Ammet möchte? Oder wie wäre es mit dem dort, dem mit den blauen Bändern? Als Mitt es standhaft ablehnte, irgendeinen Armen Alten Ammet mit Bändern gleich welcher Farbe zu bekommen, versuchten Canden und Dideo, ihm stattdessen eine kleine Libby Bier aus Wachs zu kaufen. Doch so echt und verlockend das Wachsobst auch aussah, Mitt wollte auch keine Libby. Schließlich warf man sie genauso wie den Armen Alten Ammet ins Meer. Er brach
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