Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Jones, Diana Wynne

Jones, Diana Wynne

Titel: Jones, Diana Wynne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: 02 Die heiligen Inseln
Vom Netzwerk:
salzverkrusteten, steifen Mann aus Stroh berührt hatte. Mitt wusste, dass er mit jemandem reden musste; er konnte nur nachdenken, wenn er seine Gedanken laut aussprach.
    Mit einem Mal änderten sich die Bewegungen der Straße des Windes. Ihr Eintauchen und Schwanken wurde schneller und stärker, obwohl der eisige Wind nur ganz leicht ging. Mitt erkannte daran, dass sie wieder in Küstengewässer gelangten. Er sprang auf, doch er sah keine Spur von Land. Er eilte über das Kajütendach, um Hildy und Ynen seine Entdeckung zu berichten, doch als er sie ansah, wie sie unter ihm in der Plicht hockten, wusste er plötzlich gar nicht, ob er sie ansprechen konnte. Ihre forschenden Mienen, ja ihre Gesichter an sich, schreckten ihn ab. Auf Ynens Nase hatten sich Blasen gebildet, und trotzdem sah sie aus wie Hadds Nase. Hildys Rattenschwänzchen waren lose und bauschig, und Strähnen ihres schwarzen Haares fielen ihr auf die schmalen Wangen, doch das scharfe, gebräunte Gesicht ähnelte trotzdem den Zügen Harchads.
    Hildy versuchte, ein Gespräch über Navis zu beginnen. »Ich weiß, was du nun denkst…«, sagte sie zu Mitt.
    »Ich bin nicht gut im Denken«, entgegnete Mitt traurig. »Anders als du.« Es klang viel gehässiger, als er beabsichtigt hatte. Hildy hielt es für eine Abweisung und verstummte.
    Danach sprach keiner von ihnen über etwas Wichtiges, obwohl sie alle drei sich nichts dringender wünschten. Was Al gesagt hatte, plagte sie alle wie eine verletzte Stelle, die man nicht berühren möchte. Das führte zu der merkwürdigen Lage, dass sie miteinander über Unwichtiges schwätzten und sogar lachten, und jemand, der es nicht besser wusste, hätte sie für die besten Freunde gehalten. Sie holten wieder das Backwerk hervor und suchten alles heraus, was noch essbar war. Den Rest – mehr als die Hälfte – mussten sie ins Meer werfen.
    Sie hatten gerade zu Ende gegessen, als Hildy ausrief:
    »Möwen!«
    Jawohl, weiße Vögel stürzten sich hinter der Straße des Windes ins Wasser und glitten hoch und flink über das Boot hinweg. Andere kreisten, die großen Flügel abgespreizt, über der Plicht und suchten mit Knopfaugen nach weiteren Kuchenstücken. Ynen sah Mitt an.
    »Land«, sagte Mitt. »Weit weg kann’s nicht sein.«
    Sie tauschten aufgeregte Blicke. Falls sie es schafften, an Land zu gehen, während Al noch schlief, war nicht nur die lange Reise so gut wie vorüber, dann war es vielleicht sogar möglich, dass sie ihm wirklich entkamen. Auf Zehenspitzen ging Ynen in die Kajüte und packte alle Karten, die über Als Koje im Regal lagen. Al rührte sich nicht, und Ynen schlich mit den Karten zurück in die Plicht. Die meisten davon waren, wie nicht anders zu erwarten, genaue Karten der Gewässer um Holand, doch auf einer zeigte sich die ganze gewundene Küste von Aberath im hohen Norden bis zu den Sandbänken von Termath im Süden. Ungefähr in der Mitte lag der große, rautenförmige Block der Insel Tulfa, etwa dreißig Meilen vor Königshafen. Unter dieser Stadt ragte die tückische Schnabelspitze hervor, die die Gewässer Nord-und Süd-Dalemarks trennte. Darunter wiederum, verstreut aber näher an der Küste, lagen die großen und kleinen Flecken – die Heiligen Inseln.
    »Die müssten wir doch wiedererkennen können«, wisperte Ynen und wies auf Tulfa, »und die Schnabelspitze auch. Sie sieht aus, als wäre sie eine steile Klippe. Ich wünschte nur, wir wüssten, wie weit wir nach Norden gekommen sind.«
    »Auf Tulfa müssten wir Licht sehen, wenn…«, begann Mitt.
    Wie ein Bär mit blutunterlaufenen Augen schoss Al aus der Kajüte hervor. »Was soll denn das Getuschel, junger Herr? Könnt ihr ‘nen müden Mann nicht schlafen lassen?«
    Die drei tauschten verdutzte Blicke. »Haben dich etwa die Möwen geweckt?«, fragte Mitt.
    »Für die Möwen habt ihr keine Karten rausgeholt«, sagte Al. Er schenkte dem Horizont einen blutunterlaufenen Blick und schien entrüstet zu sein, dass er dort kein Land sah. »Das ganze Getue um nichts. Wo ist das Essen?«
    Genüsslich eröffneten sie ihm, dass sämtliche Vorräte aufgegessen wären. Tatsächlich war noch ein großer Käsekuchen übrig, doch keiner von ihnen sah auch nur den geringsten Grund, ihn ausgerechnet an Al zu verschwenden. Al indessen enttäuschte sie, indem er die Neuigkeit recht gelassen aufnahm. Er sagte, seinem Magen gehe es ohnehin nicht gut, und drehte sich um, um in die Koje zurückzukehren.
    Ynen kam der Gedanke, dass man sich Al doch

Weitere Kostenlose Bücher