Jordan, Penny
konnten.
Sie erinnerte sich an ein kleines Café, an dem sie nachts auf dem Heimweg vorbeikam und das immer geöffnet zu sein schien. Dort konnten sie hingehen.
6. KAPITEL
T im Wilding hatte nie erfahren, wie es war, sich etwas zu wünschen und diesen Wunsch nicht erfüllt zu bekommen.
Von Geburt an war er von Frauen umsorgt worden, die ihn bewunderten. Als er älter wurde, lernte er, ihre Schmeicheleien als selbstverständlich hinzunehmen, und er nutzte sie auf so charmante Weise aus, dass sie ihn weiterhin liebten und verehrten.
Er war der Enkel des Earl of Marchington, dessen Adelstitel auf Elisabeth I. zurückging. Die männlichen Erben der Familie hatten sich stets gut verheiratet und das Vermögen vermehrt, sodass der derzeitige Earl mehrfacher Millionär war. Zwar besaß er mehrere Kinder, aber nur einen männlichen Erben, und weitere engere männliche Verwandte gab es nicht.
Tim war sich seiner Bedeutung von Anfang an bewusst gewesen. Auch dass er ausgesprochen hübsch war, war ihm früh klar geworden, und er nutzte diese Tatsache schamlos aus, wann immer sich eine Gelegenheit dazu bot.
In Eton hatte er sich für den bekanntesten Schinder der Schule abquälen müssen – bis einer der anderen älteren Schüler ein Auge auf ihn warf und ihn erlöste. Paul Somerton hatte sich heftig in seinen neuen „Untergebenen“ verliebt, und Tim hatte dieses Gefühl bewusst ermutigt, denn ihm gefiel die Macht, die es ihm verlieh. Er selbst empfand für Paul überhaupt nichts, aber er hatte bereits gelernt, die Leute mit seinem Charme und seinen Blicken zu beeinflussen, und diese Fähigkeit würde er ein Leben lang nüchtern und entschlossen wie eine Prostituierte einsetzen.
Sex war für Tim ein einfaches Mittel zur Unterjochung seiner Opfer, und er konnte ebenso gut mit einem Mann wie mit einer Frau schlafen. Alter, Aussehen und Persönlichkeit spielten für ihn keine Rolle und bestimmten seine Wahl nicht – bis er Simon Herries kennenlernte.
Simon war ein Jahr älter als er und daher eine Klasse weiter. Da sie in verschiedenen Häusern untergebracht waren, trafen sie sich rein zufällig. Tim merkte sofort, dass Simon anders war. Von ihm ging eine Kraft und Faszination aus, die ihn in Bann hielt. Simon lehrte ihn, seine Liebhaber sorgfältiger auszuwählen.
In Oxford hatte er unter anderem ein Auge auf einen Tutor geworfen, der einen großen Einfluss im College besaß. Noch waren sie kein Liebespaar, aber es konnte nicht mehr lange dauern.
Tim und Simon lachten darüber, wie leicht ihre Opfer nachgaben. Sie schliefen immer noch miteinander, aber Sex war nur ein kleiner Teil ihrer Beziehung. Simon kannte Tim gut genug, um zu wissen, dass dessen Sexualität viel Freiraum benötigte. Manchmal genoss Tim einfach die Freuden der spitzfindigen Jagd und schließlich den Sturz seines Opfers; manchmal wählte er seine Partner bewusst aus, weil sie etwas besaßen, was er wollte oder brauchte.
Ihr gemeinsamer Wohnungsgenosse gehörte der zweiten Kategorie an, hatte sich aber bisher noch nicht ergeben. Tim war es egal. Er konnte es sich leisten zu warten.
Miles hatte gegen seinen Willen als dritter in die Wohnung ziehen müssen, und er hatte den Verdacht, dass Simon Herries diese Regelung ebenso missfiel wie ihm. Deshalb gingen sie sich meistens aus dem Weg.
Tim besaß eine andere Taktik. Ihm machte es Spaß, Miles mit herausfordernden Bemerkungen zu quälen. Welch eine Freude wird es sein, wenn dieser rätselhafte Außenseiter an seinen sexuellen Trieben endlich zusammenbricht, dachte er lächelnd. Das würde garantiert passieren, darin hatte er sich nie getäuscht. Vielleicht sollte er Miles in den Weihnachtsferien zu sich nach Hause einladen.
Stirnrunzelnd überlegte er, wie Simon auf solch eine Einladung reagieren würde, und ein beinahe jugendlicher Trotz trat in seine Augen. Plötzlich kehrten seine Gedanken zu Rachel zurück. Sie war noch Jungfrau, darauf würde er sein Leben verwetten. So etwas merkte er sofort. Umso besser für das, was er vorhatte. Eine heftige Erregung und ein angenehmes Lustgefühl erfassten ihn bei dem Gedanken an die Freuden, die ihm bevorstanden.
Mit Hilfe dieses Mädchen würde es ihm gelingen, den Teufel zu beschwören.
Simon glaubte nicht so recht, dass so etwas möglich war. Zwar hatte er selbst vorgeschlagen, den Höllenfeuerklub neu zu gründen, doch er empfand nicht jene Macht und Faszination, die dieser Klub auf Tim ausübte. Bisher hatte der Freund noch nicht jenen starken
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