Joschka, die siebte Kavallerie
wie eine hässliche Spinne. Ja, sie hatte vier Arme und Beine und auf diesen acht verknöcherten und verbogenen Extremitäten huschte sie über die schleimigen Felsen hinweg. Sie steckte ihre Nase in jede Spalte und Ritze, und immer wenn sie ein Flederkatzennest fand, heulte sie auf. Sie heulte vor Freude. Denn diese biestigsten Biester, die man sich vorstellen kann, schwärmten für sie durch die Nacht. Jede Nacht schwärmten sie um die ganze Welt und überall, wo sie waren, fingen sie mit ihren haarigen Flügeln einen ganz bestimmten Geruch für sie ein. Den Geruch von heimlicher Schwäche. Sie fingen ihn ein und brachten ihn auf ihren Schwingen zurück in die Hölle, zurück zu Staraja Riba. Die war überaus gierig danach. Sie konnte nicht genug davon kriegen. Mit ihrer krummen, langen Nase sog sie ihn ein und rotzte ihn sich wie ein Elefant mit dem Rüssel durch die Nasenlöcher zurück in den Mund. Das war nicht nur absolut eklig. Das war ein notwendiges Ritual. Nur so konnte Staraja Riba die exakte Herkunft des Geruches bestimmen. Bis auf den Millimeter genau roch und schmeckte sie die Koordinaten seines Besitzers heraus. Ja, und dann wusste sie, wo sie zuschlagen musste. Blitzschnell sprang sie in die Luft, packte mit ihren Armen und Beinen jeweils zwei der sie umflatternden Flederkatzen bei deren Klauen und unter der sechzehnköpfigen Wolke aus kreischenden Biestern flog sie hinaus in die Nacht. Denn jeder, der heimlich schwach war, war ein willkommenes Opfer für die dunkle Seite der Macht. Für die Macht von Staraja Riba!“
Felix machte jetzt eine Pause. Er sah vom Buch auf und er erwischte den einen oder anderen von uns, wie er klammheimlich versuchte, an sich zu riechen. Das Baumhaus ächzte und knarrte und draußen vor den Schießscharten war es fast finster geworden. Nur noch ein dünner rosa Schleier wehte am Horizont. Gleich war der Allmächtige Pink mit seinem Palast verschwunden. Gleich ließ er uns schutzlos zurück. Da drückte ich zum ersten Mal auf den Knopf der Fernbedienung in meinem Schlafsack. Der Ghettoblaster, den ich im Turmzimmer, im obersten der drei Stockwerke Camelots versteckt hatte, sprang an und das Kreischen und Flügelflattern, das wir jetzt hörten, rauschte direkt über unsere Köpfe hinweg.
„Schlotterbein und Tarzanschrei!“, zischte Maxi und Rocce sprang auf.
„Santa Panther und Jaguar! Was ist das? Marlon!“
„Schitte! Das gibt es doch nicht!“, raunte Vanessa. Sie schielte ängstlich zur Decke der Baumhaus-Halle empor und Felix krallte seine Finger ins Buch.
„Lies weiter!“, flüsterte ich. „Bitte, Felix. Oder habt ihr jetzt vielleicht Schiss?“
Ich schaute mich um. Meine Freunde blitzten mich an. Wie konnte ich sie so etwas fragen? Ja, Rocce hätte mich am liebsten getötet, so beleidigt war er. Da bemerkte er, dass er als Einziger stand. Er erinnerte sich, dass er vor Schreck aufgesprungen war, und strich sich verlegen über die Kleider.
„Natürlich nicht!“, murmelte er und kroch in seinen Schlafsack zurück. „Angst! Ich lache mich tot. Wovor denn? Das ist doch nur eine Kindergeschichte! Hab ich nicht Recht?“
Rocce versuchte zu lachen, doch das Lachen misslang.
„Marlon! Leon? Was ist?“, machte er einen letzten Versuch. „Das ist doch ... lustig ... oder?“
Rocce verstummte. Die anderen schauten ihn an und sie waren absolut anderer Meinung. Sie waren todernst.
Ja, verflixt. Denn über Staraja Riba machte man keine Witze. Nein, das war keine gute Idee. Dafür war die Hexe viel zu gefährlich. Selbst die Flammenmützen glaubten das noch, oder habt ihr das vielleicht vergessen? Wilson „Gonzo“ Gonzales trug ihren Namen wie brennenden Stacheldraht um den Bizeps tätowiert, und wenn Sexy James fluchte, dann zischte sie den Namen des Allmächtigen Pink!
„Worauf wartest du noch? Lies endlich weiter, Felix!“, brummte Rocce.
Da drückte ich noch mal die Taste der Fernbedienung. „Die Flederkatzen kehrten zurück und über ihrem Flattern und Kreischen lag jetzt die schrille Stimme von Staraja Riba“, fuhr der Wirbelwind fort.
„Hottentottenalptraumnacht!“, stöhnte Raban und zog sich den Schlafsack bis über die Brille.
Selbst Leon und Fabi bewegten sich nicht. Sie hielten die Luft an, bis das Flattern wieder verschwand.
„Heiliger Muckefuck!“ Fabi atmete auf.
„Das kannst du laut sagen!“, raunte Leon.
„So viel Angst hatte ich nur in der Horrorgruselnacht!“, gestand Maxi, der Mann mit dem härtesten Schuss auf der
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