Josef und Li: Roman (German Edition)
Flammen zu hüpfen. Im selben Augenblick brach Herr Klička die Tür auf und stolperte mit Frau Kličková ins Bad. Marta erschreckte
sich zu Tode und ehe sie tief einatmen konnte, um ihnen zu sagen, dass es ihrer Meinung nach höchst unhöflich sei, auf diese Art in verschlossene Badezimmer zu stürmen, traf der erste Geysir das Bad.
Josef war glücklich. Zum ersten Mal sah er Feuerwehrmänner bei der Arbeit. Und es störte ihn überhaupt nicht, dass er dann bis zum Morgengrauen mit Frau Kličková den Boden aufwischen und sich anhören musste, er hätte die Situation für sein eigenes Vergnügen missbraucht und ein Brand wäre besser als eine Überflutung.
Herr Klička und Vendula kamen auch nicht mehr zum Schlafen. Herr Klička verarztete seine geprellte Schulter und Vendula ihre abgebrannten Haarspitzen. In dieser Nacht schlief nur Marta gut. Sie hatte ihre Vergangenheit verbrannt und schlief nun wie ein Klotz.
Als Josef am Morgen noch ganz verschlafen hinunter in den Hof lief, hatte er das Gefühl, er würde sich durch irgendein Versehen in China befinden. Oder besser gesagt in Vietnam.
Über den Hof liefen viele vietnamesiche Männer und Frauen, die Stühle, Lampions, Betten, ein Aquarium mit Fischen drin, viele Kisten, Koffer, Taschen und Teeboxen vorbeitrugen. Sie sprachen vietnamesisch und Josef verstand kein einziges Wort.
Vor dem Haus stand ein Lieferwagen und die Leute nahmen all die Sachen heraus und trugen sie in die Räume im Erdgeschoss, die noch vor kurzem zu vermieten waren.
»Schlangen geholfen«, sagte der exotisch aussehende Mann, den Josef schon kannte, lächelnd und Josef lächelte zurück.
»Wil hiel wohnen und albeiten«, sagte er und stellte sich Josef vor. Er hieß Herr Nguyen.
»Und das mein Flau«, und Herr Nguyen zeigte auf die vietnamesische Frau, die ein ziemlich dickes Kerlchen in den Armen trug. Der hieß Buddha und war aus Bronze.
Auch Josef stellte sich vor und dann fiel aus dem Fenster der Kličkas ein Schuh von Marta in den Hof. Er sollte Josef treffen, fiel aber auf einen jungen Mann, der Tuong hieß und den Nguyens beim Umzug half. Zum Glück war ihm nichts passiert. Tuong schaute in die Richtung, aus der der Schuh geflogen kam, und sah Marta im Küchenfenster stehen. Er verbeugte sich ein wenig und freute sich schon darüber, dass die junge hübsche Dame den Schuh wieder holen und er zu ihr sagen würde: Guten Tag, was für ein schöner Tag, nicht wahr? Sollten Sie irgendetwas benötigen, wenden Sie sich an mich, ich arbeite von morgens bis abends auf dem Markt, gleich bei der Schranke. Und dann begann er fieberhaft zu überlegen, was auf Tschechisch heißt: Sollten Sie irgendetwas benötigen, wenden Sie sich an mich … Schließlich holte aber Vendula den Schuh wieder, denn sie war es gewesen, die den Schuh geworfen hatte. Sie blickte finster drein und ähnelte dabei dem Monster von Loch Ness. Also das heißt, sie kam Josef so vor, und er hatte es nicht versäumt, es ihr gleich beim Frühstück zu sagen. Doch Vendula war ganz und gar nicht der Meinung, sie würde in den Kleidern und Schuhen von Marta, die sie im Gegenzug für die Besetzung des Zimmers von ihr ausleihen durfte, wie das Monster von Loch Ness aussehen. Und deshalb machte sie jetzt Jagd auf Josef, der hinaus in den Hof gerannt war, und hatte den Schuh nach ihm geworfen.
Als der Lieferwagen schließlich fast ganz leer war, betrat ein kleines Mädchen den Hof. Sie hielt einen Käfig mit einem Papagei in der Hand und sie erinnerte Josef an eine Figur auf der Blechdose. Fräulein Ping-Pong, hatte Josef sie getauft. Sie saß am Ufer eines Sees und blickte verträumt in die Ferne. Sie war zierlich und anmutig. Genauso wie dieses Mädchen mit dem Papagei. Aber noch bevor Josef etwas sagen oder tun konnte, verschwand das Mädchen in der Wohnung der Nguyens.
Im Unterschied zu Josef war Frau Háková über die neuen Mieter weniger erfreut. Misstrauisch beäugte sie all die Kisten, die sich vor dem Wohnungseingang der Nguyens stapelten, als ob jeden Augenblick Krabben, Schnecken oder Molche aus ihnen hervorkriechen würden, und sie fragte sich im Geist, ob diese exotisch aussehenden Menschen ihre Kisten auch wieder wegräumen würden.
Doch am allerwenigsten erfreut über die Nguyens – nämlich überhaupt nicht erfreut – war Herr Šimáček. Er versteckte sich hinter dem Fenster seiner Wohnung im zweiten Stock und beobachtete heimlich das Treiben im Hof. Doch Josef hatte ihn entdeckt und sah genau, wie er
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