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Josef und Li: Roman (German Edition)

Josef und Li: Roman (German Edition)

Titel: Josef und Li: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Vovsova
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eigentlich, Saschenka? Eisbein oder Kalbsbries? «
    Marta schob den Teller mit dem zusammengefallenen Auflauf, der eigentlich aus Lauch, Blumenkohl, Erbsen und Karotten bestand, zur Seite und sagte höchst ungezogen: »Wartet mal ab, bis ich euch was koche! Da werdet ihr Augen machen!«
    »Vielleicht willst du heute schon anfangen?«, schlug Herr Klička vor und über das Gesicht von Frau Kličková legte sich ein kleiner trauriger Schatten. Vielleicht hätte sie noch trauriger ausgesehen, wenn sie geahnt hätte, was in dieser Nacht noch alles passieren sollte.
    Bei den Kličkas hat es nämlich gebrannt. Herr Klička wurde von einem beißenden Rauch geweckt, der aus dem verriegelten Badezimmer drang. Zuerst dachte er, Vendula würde heimlich eine vergammelte Zigarre rauchen, und er rüttelte an der Klinke und schrie: »Vendula, mach sofort die vergammelte Zigarre aus und öffne die Tür!« Vendula machte aber gar nichts, denn sie lag in ihrem Bett und schlief, doch danach schlief sie nicht mehr und war beleidigt, dass Herr Klička sie zu Unrecht beschuldigte. Und nun rüttelte auch sie an der Klinke der Badezimmertür und rang nach Luft.
    Auch Frau Kličková, Josef und die Schildkröte rauchten keine vergammelten Zigarren und auch sie rüttelten an der Klinke und husteten. Also das heißt, die Schildkröte rüttelte nicht an der Tür, dafür drohte sie mehr als die anderen zu ersticken.
Aus dem Bad meldete sich immer noch niemand, nur aus dem Lüftungsschacht, aus der Ritze zwischen Boden und Tür und dem Schlüsselloch drang ein immer dichterer und beißenderer Rauch.
    »Ich rufe die Feuerwehr!«, sagte Josef und fing an, die Nummer 150 zu wählen. Alle waren mit den Rauchschwaden und mit dem Wütendsein so beschäftigt, dass keiner Josef vom Telefonieren abhalten konnte.
    »Wer ist denn nun im Bad?«, sagte Herr Klička und hämmerte mit den Fäusten gegen die Tür. In seiner Schlaftrunkenheit und Aufregung hatte er völlig vergessen, dass noch jemand bei ihnen wohnte.
    »Marta!«, erinnerte sich plötzlich Frau Kličková an ihren neuen Übernachtungsgast.
    »Sie ist verrückt geworden und ihretwegen werden wir alle verbrennen!«, schrie Vendula und Josef wartete ungeduldig, bis sich endlich ein Feuerwehrmann meldete.
    Im Bad war tatsächlich Marta, aber sie hörte nichts von dem, was sich hinter der Tür abspielte. Sie trug Kopfhörer und hörte gerade das Lied Lebe wohl, meine Liebe, lass mich ziehen und Tränen liefen ihr über das Gesicht.
    In der Wanne loderte ein Lagerfeuer und statt Holz brannten darin die Briefe von Martas Verlobtem. Er hatte ihr darin ewige Liebe versprochen, eine Fahrradglocke, eine Salbe für ihr schmerzendes Ohr, einen Spaziergang bei Vollmond, einen Kescher für Fische und noch viele andere Dinge. Und je mehr die Flammen an all den Versprechungen leckten, umso mehr heulte Marta. Es brannten auch Fotos von Martas Verlobtem, die schrecklich rußten. Auf den meisten von ihnen konnte
man ihn kaum erkennen, weil Marta nie richtig scharf stellen konnte, aber sie verbrannte sie trotzdem, damit nicht eine einzige Erinnerung an ihn zurückblieb. Am allermeisten rußte der rosa Teddybär, den Marta von ihrem Verlobten zum Namenstag bekommen hatte.
    Währenddessen versuchte Herr Klička die Tür aufzubrechen, und Vendula sprang auf die Fensterbank. Sie wollte über den äußeren Sims zum Badezimmerfenster gelangen. Frau Kličková wollte sie aufhalten, doch sie hielt bereits nur noch ihren Fuß in der Hand. Einzig und allein Josef bewahrte Ruhe und schilderte dem Dienstleiter, was passiert war.
    »Nein, Verletzte gibt es keine«, sagte Josef, doch dann musste er sich verbessern, denn Herr Klička lief geradewegs auf die Tür zu. »Also ich glaube, dass es keine Verletzten gibt.« Die Tür gab nämlich nicht nach. Herr Klička massierte seine schmerzende Schulter und jammerte schrecklich. »Und wahrscheinlich auch keine Toten«, fügte Josef hinzu, als er sah, wie sich Vendula aus dem Griff von Frau Kličková befreite und in der Dunkelheit des Fensters verschwand. Und dann hörte der Dienstleiter, wie aus dem Inneren der Wohnung jemand schrie: » Vorsicht, Vendulka, lieber abbrennen als sterben!«, und so fragte er nicht weiter nach und versprach Josef, innerhalb der nächsten zwei Minuten einen Einsatzwagen mit Feuerspritze zu schicken.
    In der Zwischenzeit aber gelang es Vendula, am Sims entlang bis zum benachbarten Fenster zu kriechen, durchzuklettern und über die Wanne mit den lodernden

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