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Josef und Li: Roman (German Edition)

Josef und Li: Roman (German Edition)

Titel: Josef und Li: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Vovsova
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wie die Figuren noch vor einer Weile gestanden haben.
    »Ach komm, der merkt doch nix«, winkte Marta ab und im Türspalt knirschte es ein wenig. Das waren Josefs Zähne. Doch das hörte nur die Schildkröte.
    Herr Klička verbeugte sich dann ganz höflich vor Marta und sagte, er danke für den schönen Abend und küsste ihr die
Hand. Genauso wie in den Filmen, die sich Frau Kličková so gerne im Fernsehen ansah und die Herr Klička im Grunde seines Herzens verabscheute.
    Marta bedankte sich auch bei Herrn Klička für den schönen Abend und noch bevor sie in Vendulas Zimmer verschwinden konnte, ging die Schlafzimmertür auf und auf der Schwelle erschien Frau Kličková. Sie war verschlafen und sah die beiden entgeistert an.
    »Es ist ein bisschen spät geworden, schlimm?«, flüsterte Marta und Frau Kličková schüttelte nur den Kopf, nein, gar nicht schlimm, und verschwand wieder im Schlafzimmer.
    »Wahrscheinlich ist es schon schlimm«, sagte Marta, aber es schien ihr gar nicht leidzutun.
    »Man kann doch auch mal ein bisschen Spaß haben«, sagte ein wenig später Herr Klička zu Frau Kličková hinter der geschlossenen Schlafzimmertür. Doch Frau Kličková war anderer Meinung. Das allerdings hörte Josef nicht mehr, weil er sich die Decke über den Kopf gezogen hatte und endlich einschlief.

3

    In der Schule sprach an diesem Tag wohl nicht einmal die Tafel mit Josef. Helena Bajerová setzte sich sogar von ihm weg. Máchal, Hnízdil und Šíša ignorierten ihn schon seit gut einer Woche, doch daran hatte er sich eigentlich schon gewöhnt. Es störte ihn vielmehr, dass Li Nguyen nicht mit ihm sprach.
    Doch die redete mit niemandem. Es ist aber auch nicht leicht, sich mit jemandem nur über Äbte, Asbest, Akazien und ähnliche Dinge zu unterhalten. Sie versuchte, mit Helena Bajerová ein Gespräch anzufangen, doch das führte zu nichts.
    Als sich Helena von Josef wegsetzte und ihre mit Spiegeln, Korallen, Flitter und anderen Glitzereien benähte Tasche wütend auf Šíšas Tisch knallte, sagte Li zu ihr: »Ausgetseichnete Aktentasche!« Und das meinte sie im Ernst. Doch Helena sah sie kaum an und machte überhaupt keine Anstalten, sich mit
ihr unterhalten zu wollen. Li gab trotzdem nicht auf und fragte Helena, ob sie Arithmetik lieber hätte als Algebra, und ob um den Altan herum Akazien, Ananasse oder Avocados wachsen würden. Aber sie hätte gar nicht von dem Altan, also der Gartenlaube, anfangen sollen. Es war, als wäre sie barfuß in ein Wespennest getreten. Helena überflutete sie mit einem Schwall an Schimpfwörtern, dass selbst der abgebrühte Máchal und auch Hnízdil ein bisschen rot wurden. Aber diese Wörter fingen nicht mit einem A an, daher verstand sie Li nicht und das war auch gut so.
    Auch am Abend sprach niemand mit Josef. Das ging auch gar nicht, denn er hatte Hausarrest und bekam auch kein Abendessen.
    In Vendulas Zimmer war nämlich eine Bombe explodiert. Und Herr Klička hat genau gesehen, wie Josef schadenfroh gelacht hatte und etwas in seiner Tasche versteckte. Er entdeckte in Josefs Tasche Reste einer Zündschnur, Streichhölzer und die Verpackung von einem Knallkörper. Aber das war es wert gewesen!
    Marta und Vendula ließen sich gerade von der Höhensonne bräunen und quasselten wie die besten Freundinnen. Und das tat Josef weh. Dass sie sich mit Marta unterhielt und nicht bemerkte, wie besorgt Frau Kličková aussah. In seinen Augen war Vendula eine Verräterin.
    Und so überlegte er nicht lange und kramte aus seinem Vorrat an gefährlichen Dingen die kleine Sprengladung hervor. Er hatte den Knallkörper schon im Sommer gekauft, im Schlussverkauf im Ferienlager, und er hatte sich schon darauf gefreut, ihn zu Silvester zu verpulvern. Nun aber hatte er den
Eindruck, dass jetzt der richtige Augenblick dafür war. Unauffällig schlich er in Vendulas Zimmer und positionierte den Sprengkörper unter dem Ficus.
    Und er explodierte sehr schön. Josef hatte gar nicht mit einem solchen Lärm und einem Feuerwerk sprühender Funken gerechnet.
    Marta und Vendula quiekten wie ein Paar entsetzter Ferkel und stürzten aus dem verrußten Zimmer. Sie trugen nur einen Bikini und auf der Nase eine Gurkenschale, als ob sie an einem echten Strand wären. Josef hatte genau bemerkt, wie Herr Klička, als er Josef am Ohr in den Hungerturm führte, sich Martas Bikini ganz genau anschaute. Es war der knappste Bikini, den Josef und wohl auch Herr Klička jemals gesehen hatten. Frau Kličková hatte ihn auch

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