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Josef und Li: Roman (German Edition)

Josef und Li: Roman (German Edition)

Titel: Josef und Li: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Vovsova
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sicher nur ein wenig probieren. Ein bisschen von den Schinkenbrötchen und dann noch ein kleines Stück Braten. Aber wahrscheinlich hatte ihm alles sehr gut geschmeckt, denn dann probierte er auch noch die Käsebrötchen und die mit dem pikanten Aufstrich, und schließlich vertilgte er noch den Rest des Bratens. Nur die Knödel und das Kraut ließ er stehen, aber vielleicht hätte er auch da noch gekostet. Doch da kam auch schon Herr Bílek, um ihn abzuholen.
    Es hätte Josef verdächtig vorkommen müssen, dass Olík ihm einen Knochen zu Füßen legte, als er wegging. Aber er war so in Gedanken versunken, wohin er jetzt den Springer setzen sollte, den er unter dem Teppich gefunden hatte, und so nahm er gedankenverloren den Knochen in die Hand und machte einen Zug, mit dem er den Turm von Herrn Klička gefährdete.
    Und dann hörte man aus der Küche ein ähnliches Gekreische, wie schon einmal, als in Vendulas Zimmer die Bombe explodiert war, und schon kamen auch Vendula und Marta aus der Küche geeilt. Als sie Josef mit dem Knochen in der Hand am Schachtisch sahen, kreischten sie noch mehr. Einen Augenblick lang sah es so aus, als wären sie verrückt geworden. Gott sei Dank konnte Josef schnell laufen, auch im Zickzack
und auch über Tische und Stühle, und so konnte er ins Treppenhaus entkommen und rutschte blitzschnell auf dem Geländer hinunter in den Hof. Und das war sein Glück. Sicher würde es ihm niemals gelingen, Vendula und Marta davon zu überzeugen, dass er die Brote und den Braten nicht gegessen hatte. Zudem wollte er Olík nicht verraten, der schon längst in seinem Bettchen lag und Herrn Bílek mit hungrigen Augen ansah.
    »Alles hat er aufgefressen! Was sollen wir jetzt tun?«, jammerte Vendula und schwarze Rinnsale liefen ihr die Wangen hinunter. Marta hätte auch am liebsten losgeheult, doch dann fasste sie sich und fragte: »Zum Glück nicht alles! Habt ihr einen Fleischwolf?«
    Josef versteckte sich vor der wütenden Schwester und der Hydra, wie er Marta immer öfter heimlich und manchmal auch laut nannte, in Frau Kličkovás Werkstatt.
    Die hatte an dem Tag auch keine besonders gute Laune, aber dort war es viel sicherer. Frau Kličková holte lange Stoffbahnen aus einem riesigen Kessel hervor, die sie rosarot gefärbt hatte, und es sah so aus, als ob ihr jeden Augenblick von diesem Rosa schlecht werden würde.
    Durch das sperrangelweit geöffnete Fenster entwich der Dampf aus der Werkstatt in den Hof und Josef musste Frau Kličková helfen, die Stoffbahnen aufzuhängen.
    Herr Klička beendete bereits den dritten Stuhl für die Kundin mit den kegelförmigen Beinchen und im Gegensatz zu Frau Kličková sah er höchst zufrieden aus. Und als man von der Tür aus hörte: »Meine Herrschaften, das Abendessen ist
fertig!«, und Marta und Vendula mit Tabletts in die Werkstatt hereinmarschiert kamen, stieg seine Laune noch mehr.
    »Was ist es denn, was da so duftet?«, sagte Herr Klička und steckte seine Nase in die dampfende Schüssel.
    »Frittierter Hackfleischbraten, Knödel, Kraut!«, sagte Vendula und sah Josef so an, dass er sich nicht traute, auch nur in die Nähe der Schüssel zu kommen.
    Und es muss sehr gut geschmeckt haben, denn Herr Klička und Frau Kličková haben mindestens zehn dieser frittierten Laibchen vertilgt. Doch das wusste Josef nicht wirklich. Denn Vendula passte ganz genau auf, dass er kein einziges Mal probieren konnte. Und als sich ein günstiger Augenblick bot, in dem es Josef gelang, sich trotzdem ein allerletztes Stück zu schnappen, fiel durchs offene Fenster ein winziges Päckchen auf den Boden.
    Josef wollte es aufheben, doch Vendula war schneller. Als sie es ausgepackt hatte, musste sie vor Staunen ausatmen. Im Päckchen befand sich ein Ring mit einem Edelstein und Josef erblickte im Hof nur noch einen bekannten Schatten, der sich schnell vom Hof machte. Es war Helena. Sie war ans Werkstattfenster geschlichen und hatte den Ring hineingeworfen.
    »Das darf wohl nicht wahr sein, das ist doch die Höhe! Ich trage den Ring nicht einmal ins Theater und du ziehst ihn einfach so zu Hause an! Das ist meine einzige Erinnerung an Oma!« Frau Kličková wandte sich wütend an Vendula, die sich den Ring übergestreift hatte.
    »Wer hat dir erlaubt, in meinen Sachen zu wühlen?«
    »Aber ich hab doch gar nicht gewühlt!«, wehrte sich Vendula und Josef tat so, als sei er unsichtbar.
    »Nicht gewühlt, ja? Der Ring kam wohl von alleine angeflogen, oder?«
    »Ja, er kam angeflogen«,

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