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Josef und Li: Roman (German Edition)

Josef und Li: Roman (German Edition)

Titel: Josef und Li: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Vovsova
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zum Beispiel geschrieben:
Endlos schien der Spaziergang um den See herum (Suppe aus zehen Arten grüne Algen, Poree und Prise Pfeffer)
Die Oase bot sich den hungrige Wanderern an (Röllche aus Reisteig gefüllt mit Bambus und Karotte)
Meeresbrise öffnete das Palasttor (gebratene Fleischstücke in Ingwersoße)
Mandelbaumgarten duftete nach Dämmerung (feines Gebäck)
    Herr Klička war mit der Karte durch, kratzte sich etwas verlegen am Kopf und fragte Marta: »Was nimmst du? Die Wanderer oder das Tor?«
    Marta brach in Gelächter aus – auch sie war nicht besonders auf dem Gebiet der Poesie bewandert – und sagte: »Na, ich hätte Lust auf ein stinknormales Schnitzel, aber wenn wir schon da sind, dann nehm’ ich das Tor.«
    »Einmal Palasttor?«, hörte man über ihnen eine dünne Stimme. Das war Li, die schon Stift und Notizblock zückte.
    »Ja, einmal Palasttor.«
    »Mit Sose?«
    »Ja, gerne mit Sose.« Marta schnitt eine Grimasse, als wollte sie besonders witzig sein.
    »Mit rot Sose?«
    »Ja, mit rot Sose«, sagte Marta und über Lis Gesicht huschte ein zufriedener Schatten.
    Als Li mit der Bestellung fertig war und in der Küche verschwand, beugte sich Marta zu Herrn Klička hinüber und flüsterte misstrauisch: »Die Kleine ist doch mit Josef befreundet, oder?«
    »Na klar, das ist doch Li! Ich hab den Verdacht, dass Josef wegen ihr seine Verlobung mit einer anderen aufgelöst hat …«, antwortete Herr Klička nicht ohne einen Anflug von Stolz in seiner Stimme.
    »Und das sagst du einfach so?!«, empörte sich Marta und Herr Klička bereute es innerlich, seinen Mund so weit aufgerissen zu haben. Aber da war es schon zu spät.
    »Dann will ich dir mal etwas erzählen! Ich weiß echt nicht, warum es auf dieser Welt so aussieht, wie es aussieht, wenn schon kleine Jungs Verlobungen auflösen und ihre Väter dann noch Beifall klatschen!«
    »Aber ich klatsch doch gar nicht«, verteidigte sich Herr Klička, aber Marta hörte ihm nicht zu.
    »Ihr Männer wisst doch gar nicht, wie es ist, wenn man einer Frau den Laufpass gibt!«
    »Mir hat in der fünften Klasse mal eine den Laufpass gegeben, und jetzt, wie es aussieht, meine Frau!«, wehrte sich Herr Klička.
    »Ich bitte dich!«, winkte Marta ab, »Sascha wollte sich nur ein wenig von dir erholen. Von dir und euren ausgemachten Kinderchen!«
    Die Gäste von den anderen Tischen fingen an, sich unauffällig umzudrehen, um zu sehen, wer die aufgebrachte junge Frau war und der Herr, der vor Scham im Boden versank.
    »Solche unerträglichen Bälger hab ich im Leben nicht gesehen! Die können dir das Leben zur Hölle machen! Eine wahrhaftige Hölle!«
    »Du übertreibst, Marta! Josef und Vendula sind zufällig die besten Kinder der Welt! Und weißt du was? Es war Josefs Idee, dich zu den Nguyens zum Abendessen auszuführen!«
    Draußen huschte etwas durch die Dunkelheit. Das war Josef. Er lief durch den Hof, duckte sich unter das Fenster der Teestube und beobachtete alles heimlich.
    Und so sah er, wie Marta, also Hydra, sich zu Herrn Klička beugte, ihre Hand auf seine legte und etwas zu ihm sagte. Josef hörte nicht was, aber das war ihm egal. Ihre Hand auf der von Herrn Klička reichte ihm völlig.
    In dem Augenblick trat Li auf den Plan. Sie näherte sich Herrn Klička und Marta mit dem Gewicht einer riesigen Platte auf der Schulter. Sie wankte, als ob die Teestube nicht an Land wäre, sondern auf einem Kreuzfahrtschiff auf stürmischer See.
    Li erlangte immer im letzten Augenblick das Gleichgewicht wieder und das Tablett blieb eine Weile in der Waagrechten. Aber nur eine Weile.
    Als sie ganz nah an den Tisch kam, an dem Herr Klička und die Hydra saßen, da passierte etwas Erstaunliches! Also das heißt, Josef kam es nur erstaunlich vor.
    Li stolperte nämlich und alle Schüsseln mit den rotesten Soßen auf der Welt landeten auf Martas Kopf und ihrem weißen Pullover. Und auch Nudeln, Bambussprossen und Hähnchenstücke. Diese verhedderten sich zusammen mit den glitschigen Pilzen in ihren Haaren.
    Schwer zu sagen, ob es Absicht war, aber ausschließen lässt es sich nicht. Besonders dann, wenn sich auf Lis Lippen einen kaum wahrnehmbaren Augenblick später ein verschmitztes Lächeln breitmachte. Josef geriet im Hof völlig aus dem Häuschen und machte Freudensprünge, und überhaupt verströmte jede Pore seines Körpers maßlose Freude.
    Marta saß eine Weile wie gelähmt da. Rote Soße rann ihr als Bächlein über die Wangen und an ihren ohnehin langen Wimpern

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