Josef und Li: Roman (German Edition)
Kličková unten im Hof. In der einen Hand hielt sie ihren Koffer und in der anderen ein vollgestopftes Einkaufsnetz.
Solche Augenblicke nennt man unverhofftes Glück, Glück,
Seligkeit oder Glückseligkeit und dann wachsen einem Flügel oder man glaubt es zumindest.
Josef dachte sicher auch, dass ihm Flügel wuchsen, weil er Frau Kličková eigentlich nicht entgegenging, sondern eher entgegenflog. Er hob ab und flog die Treppe hinunter, die Frau Kličková hinaufging. Sie ließ zum Glück den Koffer und die Tasche los und breitete ihre Arme aus, sodass Josef in ihren Armen weich landete.
»Josef war dich suchen«, sagte Vendula ein wenig später, als auch sie Frau Kličková heftig an sich drückte, küsste und wieder an sich drückte.
»Warum hast du nicht angerufen?«, fragte Herr Klička. Er war sich noch nicht ganz sicher, ob er das alles nicht träumte und ob er sich genauso freuen durfte wie die Kinder.
»Schau mal, was ich da hab«, sagte Vendula und zeigte Frau Kličková die Ratte, die ein wenig erschrak. Frau Kličková vor der Ratte, nicht die Ratte vor Frau Kličková!
»Sie heißt Marti-anne«, sagte Vendula und Frau Kličková lächelte die Ratte höflich an.
»Wo warst du denn eigentlich?«, wollte der verschlafene Herr Klička wissen, aber Frau Kličková antwortete ihm nicht. Das war wahrscheinlich ihr Geheimnis. Aber in dem Ansturm von Freude, Lachen und dem Durcheinanderreden fiel es gar nicht auf.
Josef erzählte Frau Kličková von Frau O. Matějů, der sprechenden Katze und wie er ganz allein mit dem Bus bis ans andere Ende von Prag gefahren war. Vendula erzählte wiederum von ihren neuen Freunden, die aus ihren Haaren genau die gleichen Stachel fabrizierten wie sie, dass sie keine Kartoffelchips
mehr sehen konnte und fragte, ob Frau Kličková lieber einen Tee oder einen Kaffee wolle.
Frau Kličková nahm lieber einen Tee, und als sie alle zusammen in der Küche saßen und Tee tranken, als ob es nicht zwei Uhr nachts wäre, sondern fünf Uhr nachmittags, fragte Herr Klička wieder: »Wo bist du denn die ganze Zeit gewesen? «
»Hier und dort«, tat Frau Kličková ein bisschen geheimnisvoll und verriet nicht mehr.
»Wo ist das, hier und dort?«, beharrte Herr Klička und bevor Frau Kličková etwas noch Geheimnisvolleres sagen konnte, schnappte Vendula das Einkaufsnetz und zog siegessicher ein in Zeitungspapier eingewickeltes Kaninchen für den Schmortopf daraus hervor.
»Beim Onkel Toni in Chřást’any, ist doch klar!«
»Dass ich nicht selbst draufgekommen bin«, rief Herr Klička lachend und erleichtert, schlug sich gegen die Stirn und sah auf einmal auch wieder glücklich aus – als ob er aus einem schlimmen Traum erwacht wäre.
»Dort war ich auch … aber ich bin auch viel gelaufen und habe nachgedacht«, sagte Frau Kličková und bedachte Herrn Klička mit einem Blick, der sagen wollte, er solle sich nicht zu früh freuen. Und weil sie eben doch ein Geheimnis haben wollte. Dann sah sie Josef an und auf einmal sah er wieder wie ein besorgter Großpapa aus und so sagte sie, damit Josef und Vendula wieder übers ganze Gesicht strahlten und wie Kinder aussahen – denn das war für sie am allerwichtigsten, viel wichtiger als alle Geheimnisse zusammen – : »Und wisst ihr, worauf ich beim vielen Laufen gekommen bin?« Frau
Kličková sah sich in der Küche um und ließ die Spannung köcheln.
»Überall ist es schön, aber zu Hause …« Frau Kličková sprach nicht zu Ende. In dem Augenblick fiel ihr auf, dass die Hydra nicht zu sehen war.
»Wo ist Marta?«, fragte sie.
»Weg!«, antwortete Josef und lachte übers ganze Gesicht.
»Mit ihren ganzen Sachen!«, fügte Vendula strahlend hinzu.
Am nächsten Tag war Samstag und Josef und Vendula und die Schildkröte und die Ratte Martianne krochen ins Bett von Herrn Klička und Frau Kličková.
Sie hatten kaum Platz und Herr Klička wollte zusehen, dass er bald ein größeres anfertigte, aber schließlich hatte es sich dann doch jeder gemütlich gemacht und sogar ein Tablett mit Frühstück fand darin sein Plätzchen.
Der Himmel war grau, es regnete ein wenig und ein eisiger Wind blies, sodass sie fast den ganzen Vormittag im Bett herumlümmelten, und es war so wie damals im Zelt.
Und dann musste Herr Klička doch aufstehen und in die Werkstatt, er musste einen Tisch für Herrn Slepička fertig machen – schließlich ließ er sich statt seiner Schreibmaschine seinen Schreibtisch reparieren. Und so standen auch die
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