Josefibichl
Hand und machte sich auf den Weg hinauf nach Graseck.
Veit Gruber wälzte sich die ganze Nacht in seinem Wasserbett, dass es nur so gurgelte. Seine Frau schlief sowieso seit zwei Jahren in ihrem eigenen Erkerzimmer im gegenüberliegenden Eck der Villa. Am Anfang ihrer Ehe hatte Gruber noch so viel Takt besessen, seine Eskapaden außerhalb der eigenen Belegschaft zu betreiben. Doch mit der zunehmenden Anzahl seiner Bewirtungsbetriebe stieg die Anzahl der Bedienungen, manche davon dantschig, manche liederlich, und Veit Gruber und mit ihm seine Ehe erlagen dem vom Vater geerbten Hang zum Küchenpersonal.
Schließlich war es Elfie Gruber zu dumm geworden. Der Tochter Magdalena zuliebe hatte sie sich noch nicht von ihm getrennt. Doch wenn die Lena, wie sie gerufen wurde, im kommenden Jahr das Abitur am Lyzeum machen und nach München zum Studieren gehen würde, wollte Elfie Gruber dieses befreiende Projekt namens Scheidung angehen. In Ermangelung eines Ehevertrages stand ihr die Hälfte des Zugewinns zu, den Veit Gruber während ihrer Ehe getätigt hatte. Das waren einige Restaurants und Gasthöfe, der Klettergarten und so manches im alpenländischen Stil erbaute Wohn – und Geschäftshaus in Partenkirchen wie auch in Garmisch. Der würde anständig bluten. Sie sehnte sich seit Jahren täglich etwas mehr nach dem Tag, an dem sie ihm die Rechnung für seine Untreue auf dem Tisch des Hauses knallen würde. Sie freute sich so auf diesen Tag, dass ihr die während der Wartezeit zu absolvierende Restehe beinahe schon wieder Spaß machte.
Dies alles war im Moment noch nicht der Grund für den schlechten Schlaf ihres Exehemanns in spe. Veit Gruber plagten zwei andere schwer verdauliche Dinge.
Zunächst war da die Portion Schweinsbraten mit Kartoffelknödel und Blaukraut, die ein der Bedienung unbekannter Gast im Berggasthof Panorama bestellt hatte, bevor er spurlos und ohne zu essen, geschweige denn zu bezahlen, verschwunden war. Veit Gruber wollte das Schweinerne nicht verkommen lassen, als es an seinem Büro vorbei wieder in die Küche getragen wurde. Und das, obwohl er zuvor schon bei der Würstelparade mit Pommes und Krautwickerln, die der Touristengruppe wie auch dem Personal im Panorama zubereitet worden war, ordentlich zugeschlagen hatte.
In seinem Magen wetteiferten nun Schwein, Brat – und Wollwurst, Blau – und Sauerkraut, zwei ausgewachsene Kartoffelknödel und eine große Portion Fritten mit einem Gesamtbrennwert von annähernd fünftausend Kalorien um die Aufmerksamkeit der Verdauungsenzyme. Dass ein solcher Kampf nicht sang – und klanglos auf dem Schlachtfeld seiner chronisch gereizten Magenschleimhaut tobte, war keine Überraschung. Die Zugabe von drei Halben Hell, zwei Obstlern, eines Cognacs, eines Espresso doppio macchiato waren weiteres Öl ins Feuer. Die Selbsttherapie mit vier vor dem Schlafengehen eingeworfenen Rennies und drei Aspirin glich dann nur noch dem Versuch, den Brand mit Benzin zu löschen.
Grubers zweiter Nachtmahr war der Besuch, den ihm die Araber abgestattet hatten. Sie hatten ihr Anliegen wie immer im feinsten Oxford-Englisch konziliant, aber knapp und durchaus deutlich vorgetragen: Wenn auch nur irgendein Schatten auf die gemeinsamen Pläne falle durch den abscheulichen Mord mitten auf einem zentralen Grundstück, das ihr Chef, der Scheich, gemeinsam mit ihm, Veit Gruber, zum Spirit Of The Alps entwickeln wollte, sollte er den Deal als geplatzt betrachten. Der Scheich lege nicht den geringsten Wert auf dumme Gerüchte oder üble Nachrede. Gruber habe dafür zu sorgen, dass dieses abscheuliche Verbrechen so schnell und geräuschlos wie möglich aufgeklärt und abgehakt werden konnte. Much obliged. Good night, sleep tight, Mr Gruber.
Diese Ansage war für Veit Gruber noch schlechter zu verdauen als die Metzgerei in seinem Magen. Er war überfordert. Er wusste schlicht nicht, was er tun sollte. Eine Baugenehmigung beschaffen, ja. Ein paar Lärchen und Fichten aus dem Weg räumen im Landschaftsschutzgebiet oder einen Klettergarten installieren, okay. Aber wie klärt man einen Mordfall geräuscharm auf, über den schon die Gazetten berichten? Und in dem er – gottlob wussten die Araber nichts davon, sonst hätten sie sich wahrscheinlich bereits aus der ganzen Geschichte verabschiedet – ganz offenbar auf der Verdächtigenliste des LKA stand?
Das Schlimmste an der Sache war, dass er den Arabern immer noch keinen reinen Wein eingeschenkt hatte darüber, dass es weitere potente
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