Josefibichl
klar, oder? Ohne dich läuft hier ja eh nix, richtig?«
Hans Wilhelm Meier antwortete auch nicht auf das schleimig gehüstelte Lachen Grubers. Sollte der sich mal heiß reden. Außerdem wollte er auf der Aufnahme möglichst viel Gruber und möglichst wenig Meier haben.
»Also, ich hab einen internationalen Investor. Der will uns helfen. Er wird unseren Ort zu einer Perle . . . ach was, zu einem Kronjuwel der internationalen Tourismus Wirtschaft wird er ihn machen. Wir werden hier rund um meinen Grund am Wankeck das Zentrum Spirit Of The Alps errichten. Es werden alle kommen, die von Rang und Namen sind. Es wird so wie in den Fuchzigern, als Errol Flynn sich mit Richard Burton um Liz Taylor in der Casa Carioca geprügelt hat. Eine Schande übrigens, dass dieses Gebäude so vor sich hingammelt, da wollte ich dich eh mal sprechen, ob wir da nicht wieder Leben in die Bude neben dem Eisstadion bekommen. Egal, jetzt geht‘s um was noch Größeres. Mein Investor – und vielleicht wirst nach diesem Gespräch sagen: unser Investor – will mein Spirit Of The Alps machen. Und das ist nur der erste Schritt. Aber: Dazu brauchen wir neben deinem vor allem das Einverständnis von St. Anton. Und auch ein paar Tagwerk Wald von denen. Den Josefibichl brauchen wir auch. Jetzt ist der Mönch da oben gestorben, und das gefährdet alles. Verstehst, Hansi? Der Investor ist entschlossen. Es geht um zig Millionen. Hunderte. Milliarden. Alles für unseren Ort. Du musst dafür sorgen, dass Ruhe herrscht im Tal!«
Veit Grubers Lautstärke war zusammen mit seiner Sprechgeschwindigkeit drastisch angestiegen. Den letzten Satz brüllte er so aufgeregt ins Telefon, dass er dieses eigentlich gar nicht mehr benötigt hätte, damit ihn sein Gesprächspartner im Haus auf der anderen Talseite hören konnte.
Gruber ließ sich erschöpft ins Kissen fallen. Der Bauch gurgelte. Die Halbglatze glänzte. Das Wasserbett gluckste.
Vom Bürgermeister kam immer noch nichts. Der dachte angestrengt nach. Sein Verdacht, der sich auf die Exegese des kleinen schwarzen Araber-Bücherls durch den Rats-Hausl Ali stützte, war soeben bestätigt worden. Der Scheich von Al-Wai Dabbeyh wollte nicht nur sein Snow Village und die spätere touristische Sonderzone, sondern auch den spinnerten Spirit-Schmarrn vom Veit Gruber unterstützen. Was hieß da unterstützen – die Grundstücke wollte er kaufen und die flüssigen Mittel zur Errichtung der Bauten zu günstigen Zinsen zur Verfügung stellen. So hatten es ihm die Unterhändler des Emirs für seine Pläne auch angeboten.
Er war sich sicher, dass Gruber ein ganz ähnliches Angebot auf dem Tisch hatte. Wobei – etwas Schriftliches hatten die Araber bei ihm nie hinterlassen. Und nie unter Zeugen mit ihm gesprochen. Beim Gruber war es mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht anders.
Meier wäre nicht Meier gewesen, hätte er nicht versucht, aus dieser Situation das Beste zu machen. Das Beste für den Ort, das Beste fürs Landl und – freilich – das Beste für sich selbst. Er fasste einen Entschluss. Die Verzweiflung, die aus Veit Grubers nächtlichem Anruf sprach, wollte er in etwas Positives verwandeln. In einen Masterplan für den gesamten Ort, nicht nur für seine touristische Sonderzone mit einem lächerlichen Viersternehotel, für das er seit Jahren kämpfte. Nein, jetzt ging es darum, mithilfe der Millionen und Abermillionen von der arabischen Halbinsel diesen seinen Ort in das modernere St. Moritz zu verwandeln.
Dumm nur, dass er den Gruber Veit dazu brauchte. Und noch dümmer, dass er ihm den LKA-Mann auf den Hals gehetzt hatte. Wobei – der hatte den Gruber Veit wahrscheinlich erst so unter Druck gesetzt, dass der sich zu nachtschlafender Zeit seinem Bürgermeister öffnete. Hans W. Meier hatte doch wieder einmal alles richtig gemacht.
Zufrieden lehnte er sich im Schreibtischsessel seines Arbeitszimmers zurück. Dann unterbrach er das Schweigen, das in der letzten halben Minute in der Telefonverbindung geherrscht hatte.
»Veit, wen genau meinst du mit »unserem Investor«?« Meier fragte nur der Form halber. Er wusste ja längst, dass es der Scheich war, der den Gruber finanzierte. Sein Scheich.
»Die Chinesen. Ein chinesischer Unternehmer will das Wankeck kaufen und Spirit Of The Alps darauf mit mir errichten.«
Hans Wilhelm Meier verschluckte sich am eigenen Speichel, der ihm bei der Vorstellung eingeschossen war, er würde in wenigen Jahren als derjenige bekannt sein, der
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