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Joseph Anton

Joseph Anton

Titel: Joseph Anton Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Rushdie
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Newhouse, um auszuloten, ob sie Interesse daran hatten, Harun und das Meer der Geschichten zu veröffentlichen. Sie sagten, sie seien durchaus interessiert, doch machten weder sie noch Mayer ein Angebot. Tony Lacey sagte, Penguin wolle ›einen Brief schicken‹. Sonny Mehta rief an, um mitzuteilen, er täte sein Bestes, um Random House zu bewegen, ihm endlich entgegenzukommen.
    Anfang November traf der Brief von Penguin ein. Er nannte keinen Publikationstermin für die Taschenbuchausgabe von Die satanischen Verse und machte kein Angebot für sein neues Buch. Mayer wollte ›Monate‹ völliger Ruhe, ehe er auch nur daran dachte, das Taschenbuch zu veröffentlichen – was recht unwahrscheinlich schien in einer Woche, in der die BBC eine Dokumentation über die anhaltende ›Wut‹ der Muslime brachte. Random House dagegen sagte, man wolle ernsthaft um künftige Bücher verhandeln, und diese Verhandlungen begannen.
    *
    Isabel Fonseca traf er 1986 zum ersten Mal auf einem PEN -Kongress in New York. Sie war klug und schön, und sie wurden Freunde. Als sie nach London zog, begann er, sie öfter zu sehen; von einer Romanze war allerdings nie die Rede. Anfang November 1989 lud sie ihn in ihre Londoner Wohnung zum Abendessen ein, und ihm wurde erlaubt, die Einladung anzunehmen. Nach dem üblichen abenteuerlichen Procedere stand er an ihrer Tür, eine Flasche Bordeaux in der Hand, und es folgte die Illusion eines angenehmen Abendessens mit einer Freundin, bei der er ihren Erzählungen über das literarische Leben in London sowie über John Malkovich lauschte und dazu einen guten Rotwein trank. Spät am Abend kam es dann zur Katastrophe. Einer seiner Bodyguards – der scheue Landpfarrer Dick Billington – klopfte an die Tür und bat verlegen um ein Wort. Die Wohnung war klein – ein Wohnzimmer, ein Schlafzimmer –, also musste das Team hereinkommen. Die alte Pfarrei, sagte er und blinzelte hinter der Brille rasch mit den Augen, könnte aufgeflogen sein. »Ich fürchte«, sagte Dick, »bis wir Bescheid wissen, können Sie nicht zurück.« Er spürte einen unangenehmen Druck in der Magengrube, und eine große Hilflosigkeit überkam ihn. »Was soll das heißen?«, sagte er. »Meinen Sie, ich kann heute Abend nicht zurück? Mein Gott, es ist zehn Uhr.« – »Ich weiß«, erwiderte Dick, »aber uns wäre es lieber, Sie führen nicht zurück. Nur um auf der sicheren Seite zu sein.« Er sah Isabel an. Sie reagierte sofort. »Na ja, du kannst natürlich hierbleiben«, sagte sie. »Aber das ist unmöglich«, erklärte er zu Dick gewandt. »Können wir nicht zurückfahren und uns morgen darum kümmern?« Dick wand sich unbehaglich. »Meine Anweisung lautet, dass Sie nicht zurückdürfen«, sagte er.
    Es gab nur ein Bett, ein großes Doppelbett. Sie lagen so fern voneinander wie nur möglich, und wenn er sich ruhelos umdrehte und sie dabei berührte, entschuldigte er sich rasch. Es war die reinste Sexkomödie: Zwei Freunde, die, durch äußere Umstände gezwungen, das Bett miteinander teilten, versuchen so zu tun, als sei dies nichts Besonderes. In einem Film hätten sie bald jegliche Heuchelei fallen lassen und miteinander geschlafen, um am nächsten Morgen dann die Komödie der Peinlichkeiten durchzuspielen und später, nach allerhand Verwirrung, vielleicht die Liebe zu erleben. Doch dies war das reale Leben, er war gerade obdachlos geworden, und Isabel bot ihm nur für die Nacht ein Dach über dem Kopf. Außerdem hatte er keine Ahnung, was der nächste Tag bringen würde, und nichts von alldem fand er sonderlich sexy. Er war dankbar und fühlte sich elend und ja, ein wenig begehrte er sie auch, so dass er sich fragte, was passieren würde, wenn er sich ihr näherte, doch wusste er oder meinte doch zu wissen, dass eine solche Annäherung unter diesen Umständen ein plumpes Ausnutzen ihrer Freundlichkeit wäre. Er drehte ihr den Rücken zu und schlief nicht viel. Am Morgen stand Mr Greenup in Isabels Wohnzimmer. »Sie können nicht zurück«, sagte er.
    Dev Stonehouse hatte eine Weile nicht zu seinem Team gehört, war aber kürzlich in Little Bardfield gewesen und hatte im Pub (früher oder später musste es wohl dazu kommen) einen über den Durst getrunken, um dann – er konnte es kaum glauben, als Bob Major ihm davon erzählte – seine Waffe herauszuholen und damit vor seinen Trinkkumpanen herumzufuchteln. Wie sich herausstellte, hatte der Wirt früher im Blind Beggar Pub in Whitechapel gezapft, jener Lieblingskneipe der

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