Joseph Anton

Bronzen und Radierungen von Ratten, Kröten, Flundern, Aalen und Jungen mit Blechtrommeln waren wunderschön. Jetzt musste man ihn auch noch als Tänzer bewundern. Das war entschieden zu viel.
    Die sri-lankischen Behörden äußerten sich positiv über das Mitternachtskinder- Projekt der BBC , doch die Voraussetzung für eine Dreherlaubnis sei, so die Produzentin Ruth Caleb, dass er den Dreharbeiten nicht beiwohnte. Okay, sagte er, schön, so beliebt zu sein, und ein paar Tage später kam von Tristram ein Fax aus Sri Lanka. »Ich halte die Dreherlaubnis in den Händen.« Das war ein glücklicher Moment. Doch wie sich herausstellte, nur eine weitere trügerische Hoffnung.
    Milan fing an, mit großen Nachdruck »Ha! Ha! HA !« zu sagen. Wenn seine Eltern ihm genauso antworteten, war er begeistert und sagte es noch einmal. War das sein erstes Wort – das Wort, das für Lachen stand, nicht das Lachen selbst? Er schien ganz versessen darauf zu sein, endlich sprechen zu können. Aber natürlich war es dafür noch viel zu früh.
    Elizabeth fuhr für ein paar Tage zu Carol. Seit ihrer Hochzeit hatten sie seit Monaten nicht mehr miteinander geschlafen. »Ich bin müde«, sagte sie und blieb dann bis zwei Uhr morgens wach, um Hochzeitsfotos in ein Album zu kleben. Doch ansonsten lief es zwischen ihnen gut bis sehr gut, und auch diese Angelegenheit sollte bald wieder gut sein. Die Sache der Liebe ist Grausamkeit, welche wir durch unseren Willen verwandeln, um miteinander zu leben.
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    Blickte er auf die Aufzeichnungen seines Lebens zurück, ging ihm auf, dass sich Unerfreuliches einfacher festhalten ließ als Augenblicke des Glücks, Streit besser als ein liebendes Wort. Die Wahrheit war, dass Elizabeth und er viele Jahre lang eine fast durchweg entspannte und liebevolle Beziehung geführt hatten. Doch kurz nach der Hochzeit begannen Leichtigkeit und Glück zu schwinden und die Risse sichtbar zu werden. »Schwierigkeiten in der Ehe sind wie Monsunregen, der sich auf einem Flachdach sammelt«, schrieb er später. »Man merkt nicht, dass er dort oben ist, doch er wird schwerer und schwerer, bis eines Tages das ganze Dach mit großem Getöse über einem zusammenbricht.«
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    Die BBC -Korrespondentin in Colombo war eine Frau namens Flora Botsford, und in den Augen des Produzenten Chris Hall war es ihrem Mutwillen zuzuschreiben, dass ›die ganze Sache in die Hose ging‹. Manchmal konnte man glauben, die Medienleute legten es darauf an, dass alles schiefging, denn ALLES LÄUFT PRIMA klang einfach nicht aufregend genug. Es war überraschend oder eben gerade nicht überraschend, dass Mrs Botsford als BBC -Angestellte es darauf anlegte, eine große BBC -Produktion baden gehen zu lassen. Auf der Suche nach feindseligen Zitaten rief sie ein paar sri-lankische muslimische Abgeordnete an und bekam schließlich eines, und mehr brauchte es nicht. In einem Artikel für The Guardian hob Botsford an: »Auf die Gefahr hin, die dortigen Muslime vor den Kopf zu stoßen, plant die BBC in Sri Lanka den Dreh eines umstrittenen Fernseh-Fünfteilers nach Salman Rushdies Buch Mitternachtskinder .« Dann hatte ihr sorgfältig ausgegrabener Abgeordneter seinen Ruhmesmoment. »Mindestens ein muslimischer Politiker in Sri Lanka setzt alles daran, das Projekt zu stoppen, und will den Fall vor das Parlament bringen. ›Salman Rushdie ist eine sehr umstrittene Person‹, sagt der oppositionelle Abgeordnete A. H. M. Azwar. ›Er hat den heiligen Propheten besudelt und geschmäht, und das ist unverzeihlich. Muslime in der ganzen Welt ertragen nicht einmal, seinen Namen zu hören. Indien muss seine guten Gründe haben, um den Film zu verbieten, und wir sollten uns davor hüten, solidarische Gefühle heraufzubeschwören.‹«
    Die Sache zog rasch ihre Kreise. In Indien erschienen zahlrei che Meinungsbeiträge, die es einen Skandal nannten, dass Indien die Dreherlaubnis verweigert habe, doch in Teheran rief der iranische Außenminister den Botschafter von Sri Lanka zu sich, um sich zu beschweren. Chris Hall hatte eine schriftliche Dreherlaubnis von der Präsidentin Chandrika Bandaranaike Kumaratunga persönlich, und momentan sah es so aus, als wollte die Präsidentin Wort halten. Doch dann forderte eine Gruppe muslimischer Abgeordneter, sie solle ihre Entscheidung zurücknehmen. In den sri-lankischen Medien wurden bemerkenswert bösartige islamische Angriffe gegen den Autor von Mitternachtskinder gefahren. Er sei ein feiger Volksver räter, und Mitternachtskinder