Joseph Anton
nachdem die, die verlassen wurde, seiner Illusion in New York begegnete und sie in einem Vokabular beleidigte, das niemand bei ihr vermutet hätte, nachdem sie sich über das Sorgerecht für ihren Sohn geeinigt hatten; irgendwann in dieser Zukunft, als der Krieg beendet war und der Schmerz langsam nachließ, fanden sie zu sich zurück und erinnerten sich, dass sie einander gemocht hatten und darüber hinaus ihrem Kind gute Eltern sein wollten, und ein kleiner Funke Herzlichkeit schlich sich wieder ein, und schon bald diskutierten sie die Dinge wie Erwachsene, noch immer – ziemlich oft sogar – uneins, und manchmal genervt voneinander, doch sie konnten miteinander sprechen, sich sogar sehen, fanden, wenn auch nicht zueinander, so doch zu sich selbst zurück und schafften es ab und zu sogar zu lächeln.
Und was noch länger auf sich warten ließ, sich aber schließlich einstellte, war die Rückkehr der Freundschaft, die es ihnen ermöglichte, wieder Dinge als Familie zu unternehmen, bei dem einen oder dem anderen zusammen zu essen, mit den Jungen ins Restaurant oder ins Kino zu gehen und sogar gemeinsam Ferien zu machen, in Frankreich, in Indien und selbst in Amerika. Am Ende sollte es eine Beziehung sein, auf die man stolz sein konnte, eine, die zerbrochen und mit den Füßen getreten und abermals zerbrochen, doch dann wieder aufgebaut worden war, nicht ohne weiteres, nicht ohne Augenblicke der Zerstörungswut, jedoch allmählich, ernsthaft und durch die Menschen, die sie wirklich waren und die sich aus ihren Science-Fiction-Rüstungen und den Filmmonster-Bodysuits derer, die die Scheidung aus ihnen gemacht hatte, herausgeschält hatten.
Bis dahin sollten Jahre vergehen, und bis dahin musste seine Illusion sein Herz durchbohren und aus seinem Leben verschwinden, nicht in einer grünen Rauchwolke wie die Böse Hexe des Westens, sondern in einem altertümlichen Dagobert-Duck-Privatflugzeug, das sie ins Hochmoor und zu anderen vor Erbärmlichkeit und Geld strotzenden Orten brachte. Nach acht Jahren, in denen sie ihm durchschnittlich einmal die Woche gesagt hatte, er sei zu alt für sie, tat sie sich schließlich mit einem zweihundert Jahre älteren Dagobert Duck zusammen, der den Schlüssel zur Zaubertür zu besitzen schien, durch die sie in ihre eigene, geheime Traumwelt himmelhoher Ansprüche und in ein Leben ohne Grenzen auf dem Big Rock Candy Mountain with the birds and the bees and the cigarette trees eintreten konnte; und weil es in einem Privatgemach eines Privatvergnügungstempels in Entenhausen, USA , einen Swimmingpool voller wohltuend sprudelnder Golddublonen gab, in den man von einem kleinen Sprungbrett hineinhüpfen und stundenlang darin herumplanschen konnte, genau so wie Onkel Dagobert es liebte; was kümmerte es da, dass er mit Duck Cheney ganz dicke war und John McDuck (keinerlei Verwandtschaft) ihm versprach, nach Barack Obamas Niederlage dürfe er sich einen US -Botschafterposten aussuchen?, das war egal, denn im Keller seines Privatschlosses verbarg sich ein Diamant so groß wie das Ritz, und in einer Höhle im Herzen des Duck Mountain, den er in der weit zurückliegenden Jurazeit, als er noch ein kleines, siebzig Lenze junges Entchen war, dank eines Risikokapital-Coups erworben hatte, schützten zahme Tyrannosaurier und treue Velociraptoren seinen sagenumwobenen Drachenschatz, sein privates, unzählbares Vermögen.
Als sie in ihre Scheinwelt entschwunden war, in die sie eigentlich gehörte, kehrte die Realität zurück. Elizabeth und er heirateten nicht wieder und wurden auch kein Liebespaar mehr, das wäre unrealistisch gewesen, doch sie konnten bessere Eltern und beste Freunde sein, denn ihre wahren Wesen zeigten sich nicht im Krieg, den sie geführt, sondern im Frieden, den sie geschlossen hatten.
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Im Jahr 2000 spülte die alte Fatwa - Geschichte hier und da noch einmal hoch. Er stand gerade auf dem Gehsteig der Barrow Street in Manhattan, nachdem er sich eine Mietwohnung angesehen hatte, als der britische Außenminister ihn auf dem Handy anrief. Wie absurd, dachte er . Da stehe ich ungeschützt hier herum und gehe meinem Alltag nach, und Robin Cook sagt mir, sein iranisches Pendant Kharrazi habe versichert, jeder im Iran stehe hinter der Abmachung, doch der britische Geheimdienst sei noch immer nicht überzeugt, und übrigens, die Geschichte mit den Männern, die ihre Nieren verkaufen, stimme gar nicht und bla bla bla. In seinem Kopf hatte er einen Schalter umgelegt und wartete nicht
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