Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition)
und Ufergärten, wie sie einem Gottesdenker, der es schwer hat und es also auch gut haben soll, geziemen. Nach seinem Herzen hatte der Herr des süßen Hauches die Stätte gefunden, beraten von niemandem als von seinem Herzen und dem, der darin wohnte und dem allein hier Lobgesänge erschallen sollten; und so war der schöne Befehl Seiner Majestät an seine Künstler und Steinmetzen ergangen, mit größter Beschleunigung hier eine Stadt, die Stadt seines Vaters, die Stadt des Horizontes, Achet-Atôn, zu erbauen, – ein harter Schlag für Nowet-Amun, Theben, die »hunderttorige«, die durch den Wegzug des Hofes Gefahr lief, zur Provinzstadt herabzusinken, und eine krasse Kundgebung gegen den Reichsgott zu Karnak, mit dessen gebieterischer Hausbetreterschaft Pharao’s zarte Inbrunst für den Liebend-All-Einigen schon während der fetten Jahre in immer schwereres Zerwürfnis geraten war.
Pharao’s zartes Lebenssystem vertrug nicht diese immer wiederkehrenden Zusammenstöße mit der traditionsgewappneten Macht des kriegerischen National-Gottes; unter dem Widerspruch zwischen der Friedfertigkeit seiner Seele und der Notwendigkeit, seine höhere Gotteserfindung gegen das All-Mächtige kämpferisch zu verteidigen, ja im Angriff dagegen zu stehen, litt seine Gesundheit mehr und mehr, und da er fand, es treffe sich gut, daß in seinem Falle die Flucht das Mittel war, dem Feinde den empfindlichsten Schaden zuzufügen, so beschloß er, für seine geheiligte Person Wêse’s Staub von seinen Sandalen zu schütteln, mochte auch Mamachen, seine Mutter, teils zum Zwecke der Überwachung Amuns, teils aus Anhänglichkeit an den Palast weiland König Neb-ma-rê’s, ihres Gatten, in der alten Hauptstadt zurückbleiben. Zwei Jahre hatte Echnatôn seine Ungeduld, Amuns Bannkreis zu entkommen, bemeistern müssen, denn solange hatte trotz rücksichtsloser Aushebung befuchtelter Robotwerker die notdürftige Erstellung der neuen Stadt gedauert, die, als der König sie unter hochfestlichen Opferdarbringungen an Brot, Bier, gehörnten und ungehörnten Stieren, Kleinvieh, Vögeln, Wein, Weihrauch und allen schönen Kräutern bezog, eigentlich noch gar keine Stadt, sondern nur ein improvisiertes Hoflager von halbfertigem Luxus war, bestehend aus einem Palast für ihn, die Große Gemahlin Neferne-fruatôn-Nofretête und die königlichen Prinzessinnen, darin man gerade schlafen, aber so recht noch nicht wohnen konnte, weil überall noch Verputzstreicher, Kunstmaler und Dekorateure am Werke waren; einem Tempel für Gott den Herrn, von größter Heiterkeit, in Blumendüften schwimmend und flatternd von roten Wimpeln, mit sieben Höfen, prachtvollen Pylonen und herrlichen Säulenhallen; ferner erstaunlichen ParkAnlagen und Natur-Schutzgebieten mit künstlichen Teichen, Bäumen und Gebüschen, die man in Erdballen vom fruchtbaren Ufersaum mitten in die Wüste verpflanzt hatte; weiß schimmernden Kai-Bauten am Fluß; einem Dutzend brandneuer Wohnhäuser für die atônfromme Umgebung des Königs und einer Reihe höchst wohnlicher Felsengräber in den umgebenden Bergen, die zum Beziehen am allerfertigsten waren.
Mehr war es zur Zeit noch nicht mit Achet-Atôn, aber es war ja zu erwarten, daß der Hof eine wachsende Bevölkerung rasch nach sich ziehen werde, und an der Schönheit der Stadt wurde eifrig weitergebaut, während Pharao dort schon thronte, seinem himmlischen Vater diente, Tribut-Feste abhielt und Töchter bekam, die seinen Frauenhofstaat vermehrten: die dritte, Anchsenpaatôn, war bereits eingetroffen.
Als Josephs Eilbrief, worin er dem Gotte die Ankunft seiner Brüder, von denen er seit früher Jugend getrennt gewesen, formell zu wissen gab, im neu riechenden Palaste eintraf, war die Nachricht geschreiweise dort schon verbreitet, und Pharao hatte schon viel und angeregt davon gesprochen mit der Königin Nofretête, mit ihrer Schwester Nezemmut, mit seiner eigenen Schwester Baketatôn und mit seinen Künstlern und Kämmerlingen. Den Brief beantwortete er sofort. »Befehl an den Vorsteher dessen, was der Himmel gibt«, lautete das Diktat, »den Wirklichen Vorsteher der Aufträge, den Schattenspender des Königs und den Alleinigen Freund, Meinen Ohm. Wisse, daß Meine Majestät deinen Brief als einen solchen erachtet, wie sie ihn wirklich gern liest. Siehe, der Pharao hat viel geweint über die Nachrichten, die er von dir empfing, und die Große Gemahlin Neferne-fruatôn, wie auch die süßen Prinzessinnen Baketatôn und Nezemmut haben
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