Josephus- Trilogie. Der jüdische Krieg / Die Söhne / Der Tag wird kommen.
jammern. Der Kaiser Domitian stellte sich vor, wie der Jude Josef heulen und jammern wird, es war keine unangenehme Vorstellung. Herrlich war es, daß geschickte Hände am Werk waren, ein Netz zu spinnen für diesen hübschen und wohlgebildeten Knaben Matthias, den Davidssprossen!
Der Kaiser sah, daß die Tiere unter der Hitze litten, und ordnete an, man solle ihnen Wasser bringen.
Bald darauf geschah es, daß Lucia ihren Adjutanten Matthias mit einer Sendung beauftragte, die ihm viel Freude machte.
Die Stadt Massilia, deren Schutzherrin Lucia war, hatte ihr ausgesucht schönen, edel gearbeiteten Korallenschmuck übersandt, und die Kaiserin wünschte, der Stadt ein würdiges Gegengeschenk zu machen. Matthias sollte dieses Geschenk überbringen und bei dieser Gelegenheit noch einige kleinere Aufträge ausführen, die man nur von Vertrauten erledigen ließ. Er sollte versuchen, den alten Charmis, den Augenarzt der Kaiserin, der infolge seines hohen Alters die Reise nach Bajae scheute, zu bewegen, nun doch nach Bajae zu kommen. Dann sollte Matthias Lucia gewisse Kosmetiken beschaffen, die man nur in Massilia in der Qualität herstellte, die die Kaiserin wünschte. Schließlich noch gab sie ihm ein Schreiben mit, das er in Massilia einem Vertrauten übergeben sollte, damit dieser es übers balearische Meer weiterbefördere.
Matthias war glücklich und kam sich sehr wichtig vor. Vor allem freute es ihn, daß die Reise zur See stattfinden sollte, und auf Lucias Privatjacht »Blaue Möwe«. Da Lucia daran lag, daß ihr Auftrag in Eile erledigt werde, beschränkte sich Matthias darauf, von seinem Vater brieflich Abschied zu nehmen; Josef war, um nicht durch einen überlangen Aufenthalt in Bajae Aufsehen zu erregen, nach Rom zurückgekehrt. Des Vaters Antwortschreiben erreichte den Matthias gerade noch, bevor die Jacht in See ging. Josef bat ihn, sich in Massilia umzuschauen nach einem möglichst guten und getreuen Exemplar der »Seekunde« des Pytheas von Massilia, die gewöhnlich nur in verderbten Abschriften aufzutreiben war.
Konnte er seinen Vater nicht mehr sehen, so erlaubte ihm doch ein freundlicher Zufall, sich von dem Mädchen Caecilia zu verabschieden. Matthias hatte Caecilia eine lange Weile nicht gesehen. Sie geradezu zu suchen, hätte er sich ein wenig vor sich selber geschämt; immerhin hatte er sich oft an jenen Orten herumgetrieben, wo er sie hätte treffen können, sie hatte übrigens das gleiche getan. Auf alle Fälle strahlten beider Gesichter auf, als sie am Tage, bevor er abreisen sollte, nun wirklich aufeinander stießen.
Caecilia gab sich spitz und ein wenig höhnisch wie immer. »Da haben Sie also einen ehrenvollen Auftrag, mein Matthias«, sagte sie. »Sie sollen der Herrin Lucia Parfüms beschaffen. Aber ich nehme an, das würde ihr leibeigener Friseur auch zustande bringen, und vielleicht besser als Sie.« Matthias schaute dem hübschen Mädchen freundlich in das glatte Gesicht und sagte gelassen: »Warum reden Sie eigentlich solchen Unsinn, Caecilia? Sie wissen doch sehr gut, daß ich natürlich nicht nur wegen der Parfüms nach Massilia gehe.« – »Es sollte mich wundern«, beharrte streitbar Caecilia, »wenn es wirklich um Wichtigeres ginge. Denn Sie haben einiges gelernt von Ihren Pfauen und pflegen ziemlich laut zu sein, wenn Sie Ihren Glanz zeigen können.« Matthias, immer mit der gleichen Gelassenheit, antwortete: »Muß ich wirklich vor Ihnen prahlen, Caecilia? Muß ich mich wirklich vor Ihnen dessen rühmen, daß mich die Kaiserin gern sieht?« Er ging näher an sie heran; mit seinen jungen, tiefen, unschuldigen Augen schaute er ihr dringlich ins Gesicht, und: »Wenn ich der Niemand wäre«, sagte er, »als den Sie mich so gern hinstellen, würden dann Sie selber so häufig mit mir zusammen sein? Lassen Sie uns ernsthaft reden, Caecilia. Mein Geschäft in Massilia, so unbedeutend es sein mag, wird mich eine gute Weile von Ihnen fernhalten. Lassen Sie mich das Bild einer Caecilia mitnehmen, wie sie in ihren besten Stunden ist.« Und, ganz nah an ihr, die tiefe Stimme dämpfend und doch voll heißen Überschwangs, ließ er es aus sich herausbrechen: »Caecilia, du bist herrlich! Was für ein liebenswertes Gesicht du hast, wenn du es nicht ins Höhnische und Boshafte verzerrst!« Caecilia spielte die Ungläubige. »Das sind ja alles nur Worte«, sagte sie kokett. »Du liebst ja doch nur sie, die Kaiserin.« – »Wer müßte sie nicht lieben«, gab Matthias zu.
Weitere Kostenlose Bücher