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Josephus- Trilogie. Der jüdische Krieg / Die Söhne / Der Tag wird kommen.

Josephus- Trilogie. Der jüdische Krieg / Die Söhne / Der Tag wird kommen.

Titel: Josephus- Trilogie. Der jüdische Krieg / Die Söhne / Der Tag wird kommen. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
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Nicht als ob in dieser Neigung irgend etwas wäre von verbrecherischer Leidenschaft. Der Kaiser hat scharf beobachtet. Es ist einfach der Glanz des Jünglings, der Lucia anzieht, sie spürt für ihn die Zärtlichkeit einer Mutter, einer ältern Schwester.
      Wie aber steht es zwischen ihr und Josef? Unsinn! Josef ist ein ausgemergelter, abgetakelter Mann an der Schwelle des Alters. Es ist lächerlich, unsinnig, unvorstellbar, daß Lucia, die römische Kaiserin, sich aus den Armen eines Domitian in die Arme dieses Juden stürzen sollte. Nichts ist zwischen Lucia und diesem Josef als die etwas sentimentale und versnobte Freundschaft einer gebildeten Dame zu einem berühmten Schriftsteller.
      Hier ist Enthaltsamkeit, Enthaltsamkeit von ihr zu ihm und von ihm zu ihr. Er selber aber, Domitian, hat nicht widerstehen können, er ist vor Lucia schwach geworden durch Gier, durch Sinnenlust. Er hat sich von seiner Frau, der Kaiserin, der Römerin, der Hure, das Versprechen ablisten lassen, Domitilla zurückzurufen. Er hat sich versündigt gegen seine neuen Söhne, er hat seine Pflicht gegen Jupiter und die Götter seines Hauses verabsäumt. Er muß es gutmachen. Er muß den Feind und seine Brut aus dem Weg räumen, den Josef, der es gewagt hat, ihn zu verhöhnen, ihm die Verse vom Mut ins Gesicht zu schleudern, und diesen Matthias, den Davidssprossen, den Anwärter auf die Weltherrschaft, den Schützling des östlichen Gottes.
      Freilich, seitdem er den Jungen an seinem Tisch gehabt hat, scheint ihm diese Aufgabe noch schwerer. Er muß den Jungen beseitigen, doch wie soll er das anstellen, ohne den berechtigten Groll des östlichen Gottes auf sich herabzuziehen?
      Um diese Zeit suchte Messalin den Kaiser auf, der einzige, der ihm geblieben war, der einzige, bei dem er sich noch Ohr und Herz leihen konnte für seine Sorgen.
      Es war der erste ganz heiße Tag. Südwind war und schwüle Luft; ganz aussperren ließ sich die Schwüle nicht einmal aus dem verdunkelten, mit Kunst gekühlten Gemach, in welchem Domitian den Messalin empfing. Schwer drangen die Gerüche des Gartens herein, ein Springbrunnen plätscherte, gleichmäßig und sänftigend begleitete sein Geräusch das Gespräch der Männer.
      Der Kaiser kam zurück auf seine Begegnung mit den Davidssprossen; er sprach von Einzelheiten dieser Begegnung mit ironischem Wohlwollen. »Die Juden«, schloß er, »können nicht viel Ehre einlegen mit ihren Prätendenten. Kannst du dir zum Beispiel vorstellen, daß so ein alter, ausgedörrter Schriftsteller wie unser Josephus als Messias gute Figur machen würde? Ein Mensch, der nicht einmal ordentlich Griechisch kann?«
      In das stille Plätschern des Springbrunnens hinein klang die sanfte Stimme des Blinden: »Allein dieser Josephus soll einen Sohn haben, gut anzuschauen und auch innerlich wohlgebildet.«
      Es erschreckte den Kaiser, daß also auch in dem andern, wenn nur die Rede auf diesen Gegenstand kam, sogleich die nämlichen sorgenvollen Gedanken auftauchten wie in ihm selber. »Er ist ein hübscher Junge, der Knabe Matthias«, gab er zu, zögernd. Mit einer kleinen Angst wartete er auf die Antwort des Messalin. Eine kurze Weile, ihn aber dünkte sie lang, war nichts im Raum als der gleichmäßige Fall der Wasserstrah len. Dann endlich, in seiner wohlabgewogenen, höflichen Art, sagte Messalin: »Der Himmel hat mir das Augenlicht genommen. Der Herr und Gott Domitian aber hat gute Augen, und er kann beurteilen, ob dieser Knabe Matthias Anmut genug hat, um, da er ein Sproß jenes David ist, die Ruhe und Sicherheit der Provinz Judäa zu gefährden.«
      »Du sprichst von Dingen«, erwiderte der Kaiser und dämpfte seine schrille Stimme so, daß sie beinahe übertönt wurde von dem Springbrunnen, »die anzurühren nicht unbedenklich ist.« Er setzte an, er schluckte, dann entschloß er sich und teilte dem andern sein Geheimnis mit. »Ich habe mit dem Gott Jahve eine Art Waffenstillstand geschlossen«, flüsterte er. »Ich will nicht eingreifen in seine Entscheidungen. Ich will ihn nicht reizen«, und, lauter, fast großartig: »Es soll niemand deshalb gefährdet sein, weil er dem Gotte Jahve angenehm und von ihm ausersehen sein könnte.« Da war es also heraus; sein Herz schlug so, daß er sorgte, der andere würde es trotz des Springbrunnens hören. Ob Messalin ihn verstanden hat? Er fürchtete sich davor, er sehnte sich danach. Gespannt wartete er auf die Antwort des Blinden.
      Da kam sie. »Die

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